1448 - Der Kaiser von Karapon
nicht so, als würde dies sein Gewissen belasten.
Er war ein Herrscher, der sich mit keinerlei Einschränkungen abzufinden hatte. Sein Wille war Gesetz im Sternenreich von Karapon. Er war Herr über Leben und Tod.
Es war für die beiden Telepathinnen ganz offensichtlich, daß Thoy-P'ang eine gewisse Sympathie für Dao-Lin-H'ay empfand, was ihn aber nicht davon abgehalten hatte, ihr einige Unannehmlichkeiten zuzumuten. Er würde sie vorerst nicht töten, soviel stand fest.
Aber das besagte noch nichts. Es konnte sich um eine Laune handeln,. die ihm schon im nächsten Moment vergehen mochte. Dieser Moment konnte mit jenem Augenblick identisch sein, in dem Thoy-P'ang feststellen mußte, daß Dao-Lin-H'ay ihm die Existenz des Juwels von Mimoto verschwiegen hatte.
Und es gab eine Quelle, aus der er dieses Wissen schöpfen konnte, so oder so, unter Anwendung offener Gewalt oder aber auch mit Hilfe differenzierterer Methoden. Es war sogar denkbar, daß diese Quelle ganz von selbst zu sprudeln begann.
Sisa-Vart und Loi-Scrom waren irgendwo dort draußen unterwegs. Auf Bentu-Karapau und in der MARA-DHAO hatten sich beide offiziell von Dao-Lin-H'ay distanziert, und die Karaponiden schienen ihnen zu vertrauen. Die beiden Agenten hatten zu verstehen gegeben, daß sie dennoch zu den Kartanin hielten und ihnen helfen würden, sofern es ihnen möglich war.
Aber wie weit konnte man ihnen wirklich trauen?
Zumindest Sisa-Vart, die als Karaponidin geboren und aufgewachsen war, hatte auf Bentu-Karapau recht bedenkliche Reaktionen gezeigt. Es hatte nicht viel gefehlt, und sie hätte Dao-Lin-H'ay umgebracht, als die kartanische Flotte plötzlich anrückte.
Dao-Lin-H'ay wurde noch immer von eiskalter Wut gepackt, wenn sie an diesen Augenblick auch nur dachte.
Wie hatte Fio-Ghel-Sh'ou das nur wagen können?
Dao-Lin-H'ay hatte sich die Einmischung der Flotte strikt verbeten, und sie war davon ausgegangen, daß Fio-Ghel-Sh'ou sich an die betreffenden Befehle halten würde - zumindest so lange, wie die MARA-DHAO noch auf Bentu-Karapau stand und sich die gesamte Besatzung des Schiffes in der Hand der Karaponiden befand. Ein Angriff zu diesem Zeitpunkt war nichts anderes als ein Mordversuch.
Aber ebenso wütend war Dao-Lin-H'ay auf sich selbst.
Sie hatte Sisa-Vart und Loi-Scrom von dem Juwel von Mimoto erzählt. Als sie das tat, hätte sie gute Gründe für ihr Verhalten nennen können, denn nur so war es ihr gelungen, die beiden Agenten zur Mitarbeit zu bewegen.
Jetzt aber liefen sie mit ihrem Wissen über diese Dinge auf Karapon herum, und wenn es ihnen gefiel, zu Thoy-P'ang zu gehen und ihm dieses Wissen anzubieten, dann würde sich das Leben aller Kartanin aus der MARA-DHAO in Zukunft äußerst unangenehm gestalten.
Als einige Stunden vergangen waren, erschien ein Roboter und brachte Dao-Lin-H'ay Wasser, Fleisch und Früchte. Ge-Liang-P'uo mußte sich mit dem faden Nährbrei zufriedengeben, wurde aber wenigstens durch die Automatik regelmäßig damit beliefert.
An einer runden, grünen Frucht fand Dao-Lin-H'ay einen Zettel, auf dem zu lesen stand: Die Dinge stehen nicht gut für dich.
Solltest du deine Aussagen freiwillig ergänzen, so ließe sich das zu deinen Gunsten auslegen.
Aus dem Text ging nicht hervor, wer diese Nachricht geschrieben hatte, aber Dao-Lin-H'ay ging davon aus, daß Thoy-P'ang selbst es getan oder befohlen hatte.
Er wollte sie aus der Reserve locken. Aber ganz und gar sicher konnte sie sich dessen nicht sein.
Sie wollte und durfte keinen potentiellen Helfer verraten und in Gefahr bringen, aber ebensowenig konnte sie zugeben, daß sie etwas zu verbergen hatte. Und genau das würde sie tun, wenn sie auf diese seltsame Nachricht reagierte. Sie war sicher, daß Thoy-P'ang sie beobachten und all ihre Reaktionen auswerten ließ. Also widmete sie dem Zettel nur einen kurzen Blick und steckte ihn dann - scheinbar achtlos - in eine Tasche ihrer Kombination.
Wenig später öffnete sich die Tür. Ein Wächter sah um die Ecke. „Mitkommen!" befahl er.
Unterwegs merkte sie abermals, daß der Kontakt zu Ge-Liang-P'uo schwächer wurde. An der Entfernung allein konnte das nicht liegen, denn dazu war dieser Palast nicht groß genug.
Der Weg führte nach oben und in eine Unterkunft, die aus mehreren Räumen bestand und einiges an Luxus zu bieten hatte. Der Wächter bezog vor der Tür Stellung.
Dao-Lin-H'ay lehnte sich drinnen gegen die Tür, schloß die Augen und konzentrierte sich mit aller Kraft.
Es ist alles in
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