1450 - Insel der Vampire
da aus seiner Deckung erhob, denn einen Moment später erkannte ich den Umriss eines Menschen.
Ich bewegte mich nicht, denn ich wollte sehen, was diese Gestalt vorhatte.
Sie richtete sich auf. Es war ein schauriges Bild, wie sich der dunkle Körper vor dem ebenfalls dunklen Hintergrund in die Höhe drückte. Als wäre Nosferatu persönlich aus der Hölle gestiegen.
Er wollte mich nicht begrüßen oder einfach nur zeigen, dass er vorhanden war. Er tat etwas ganz anderes und verließ sich dabei auf seine eigentliche Stärke.
Er sprang nach unten!
Für einen Menschen wäre das zu gefährlich gewesen, aber er war kein Mensch und lieferte mir in diesen Augenblicken den Beweis.
Ich hörte keinen Schrei. Er riss nur die Arme hoch, und er sprang so zielsicher, dass er mich zu Boden gerissen und dann in die Tiefe geschleudert hätte.
Es gab nur eins.
Ich musste weg.
Blitzschnell trat ich drei Schritte zurück. Dort hinten befand sich die kleine Plattform.
Der Körper kam – und prallte auf!
Ich hörte den harten Schlag. Ich wusste zugleich, dass der Vampir enttäuscht sein würde. Er hatte mich nicht erwischt. Stattdessen prallte er mit beiden Füßen auf. Der Rand war hart, aber nicht breit.
Er konnte sich nicht fangen, und noch bevor ich eingreifen und ihn halten konnte, kippte er nach vorn und landete in der glatten Felsrinne.
Er schleuderte noch die Arme hoch, um Halt zu finden, aber da war nichts, an dem er sich festkrallen konnte.
Die Rinne endete vor einem Gehölz.
Es war zu hören, wie die Gestalt dort hineinbrach. Jemand schien mit der Axt darin zu wüten und sich den Weg freizuschlagen.
Ich sah unter mir den Lichtkegel, der sich heftig bewegte.
Der Blutsauger musste nicht weit von Sukos Standort entfernt gelandet sein.
»Perfekt, John, ich kümmere mich um ihn!«, erklang es von unten.
»Super.«
Ich konnte meinen Weg fortsetzen, und meine Ahnung, dass dieser Felsen wichtig sein würde, verdichtete sich immer mehr. Es war auch jetzt kein normaler Weg, auf dem ich mich bewegte, aber ich sah vor mir etwas sehr Dunkles, Dichtes und Kompaktes.
Es war ein Gruppe von Büschen, die sich vor dem Felsen ausgebreitet hatte. Wenn ich den Kopf drehte, hatte ich einen freien Blick bis zum Meer.
Doch das Meer interessierte mich im Moment nicht. Die Gegend vor mir war viel wichtiger, denn die Zweige hatten sich bewegt.
Daran war nicht der Wind schuld, denn der war einfach zu lau.
Außerdem war die Bewegung im Innern der Büsche entstanden.
Es gab also eine Höhle im Felsen, und die wurde von jemandem verlassen.
Ich drückte mich eng gegen das Gestein. Das Kreuz hatte ich jetzt vor der Brust hängen, aber es sandte mir kein Zeichen. Sollte ich mich geirrt haben, oder war dieser Vampir immun dagegen, weil es ihn schon vor dem Kreuz gegeben hatte?
Wenn ja, musste er uralt sein.
Er war es nicht, denn die Person, die sich aus der Höhle schob und das Strauchwerk zur Seite drückte, war eine Frau mit langen schwarzen Haaren…
***
Suko hatte sich einen günstigen Platz ausgesucht, von dem aus er die Umgebung gut im Auge behalten konnte.
John Sinclair hatte einen anderen Weg genommen. Er hielt sich irgendwo über ihm auf. Zu erkennen war er nicht. Der mächtige Felsen warf einfach einen zu großen Schatten.
Sein Freund war sicher gewesen, den richtigen Weg zu nehmen. In diesem Gebiet konnte es nur ein Versteck geben. Dort oberhalb der Felsrinne, an deren Fuß Suko Position bezogen hatte, wuchs die Natur am dichtesten.
Plötzlich war etwas zu hören. Suko erwachte aus seiner gespannten Erstarrung. Er konzentrierte sich auf das Geräusch, das über ihm aufgeklungen war.
Suko schaute hoch.
Etwas war dort im Gange. Ein Schatten löste sich aus einer bestimmten Höhe. Suko sah nicht sofort, um wen es sich handelte. Es konnte ein Stück Fels sein, den jemand geschleudert hatte, doch das war es nicht. Suko erkannte eine längliche und zugleich menschliche Gestalt.
Es war ein Mensch, der in diesem Moment in der Felsrinne abwärts rauschte. Suko blieb vielleicht eine Sekunde Zeit, um darüber nachzudenken, ob es sich dabei um John Sinclair handelte, da war der Körper schon da.
Er brach ein. Äste und Zweige konnten das Gewicht nicht aufhalten. Suko hörte sie brechen. Er wich zurück, weil er nicht getroffen werden wollte, und hatte dann das große Glück, dass der fallende Körper direkt vor seinen Füßen aufschlug.
John Sinclair war es nicht!
Also konnte es sich nur um einen Vampir handeln – und um
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