1454 - Solo für den Satan
immer dieses Lokal betrieb, er hatte bestimmt nicht mit einem derartigen Ansturm gerechnet. Zwei Frauen unterschiedlichen Alters und ein Mann bemühten sich redlich, den Wünschen der Gäste nachzukommen. Sie schleppten die Tabletts mit den Flaschen, wurden auch immer wieder angemacht und ausgelacht.
Ich fragte mich, ob diese Gäste auch ihre Rechnungen bezahlten und nicht einfach verschwanden. Ich hatte auch von solchen Konzerten gehört, da hatten Gruppen wie sie ein Trümmerfeld hinterlassen, weil sie sich über irgendetwas geärgert hatten. Da war es schon besser, wenn Ricarda im Freien sang und nicht in einer Halle.
Ich stieß die Glastür auf. Sie bestand aus zwei Flügeln. Die Griffe waren aus Messing und sahen recht schmutzig aus, und so hatte ich mit der Schulter etwas nachgedrückt.
Stimmengewirr, hartes Lachen und auch Lärm empfingen uns. Bereits nach wenigen Sekunden war uns klar, dass es hier nichts mehr zu essen gab. Die Theke war leer geräumt worden. Es gab nur noch Getränke. Sie wurden von den beiden Frauen zu den Tischen geschleppt. Die Blicke der Bedienung konnte man schon als verzweifelt einstufen, denn der Stress war mehr als hart.
Zu den Stimmen kam die Musik.
Düstere Klänge, mal auch schrill, sodass man den Eindruck haben konnte, dass ein Mensch vergewaltigt und gequält wurde. Es machte den Zuhörern Spaß, denn sie grölten mit, manche tanzten auch, besonders die jungen Frauen, sie sich regelecht produzierten.
Mir tat es weh, wenn ich die schrillen Stimmen nach dem Teufel schreien hörte. Sie waren unerfahren. Sie glaubten, in ihm den großen Herrscher zu sehen. Genau das Gegenteil war der Fall. Da hatten Suko und ich unsere einschlägigen Erfahrungen gemacht.
Wer sich als Mensch mit dem Bösen einließ, zog immer den Kürzeren.
Das konnte man denen, die es versuchten, aber nicht nahe bringen.
Sie mussten ihre Erfahrungen selbst machen und den Weg des Dr. Faustus gehen.
Die Luft brannte. Schrille Musik, die Schreie, all der Wirrwarr, das war fürchterlich. Aber man hatte uns bisher noch nicht angemacht, und so standen wir an einer Theke und warteten darauf, einen Schluck bestellen zu können.
Ein Mann mit Halbglatze und einer gurkenförmigen Nase zapfte um sein Leben. Die unterschiedlich alten Frauen bedienten. Ich konnte mir vorstellen, dass es die Ehefrau und die Tochter des Mannes waren.
Manchmal zuckte sein Kopf von einer Seite zur anderen. Dann schaffte er es auch, sich den Schweiß vom Gesicht zu wischen, und bei einem Blick zur Seite bemerkte er auch uns.
Der Mann stutzte. Wahrscheinlich hatte er so normale Gäste wie uns nicht erwartet.
»Können wir zwei Wasser haben?«, rief ich gegen den Lärm an.
»Gleich.«
»Danke. Sie können uns auch nur die Flaschen rüberreichen.«
»Geht in Ordnung.«
Das war erledigt, sodass ich die nötige Zeit fand, mich ein wenig umzusehen. Ich hatte mich dazu entschlossen, ein Gespräch anzufangen. Falls sich das in dieser Lärmhölle überhaupt machen ließ.
Aber wo hätten wir mehr über Ricarda Hades erfahren können als hier?
Suko stand so, dass er mit der Wand abschloss. Er hatte nur mich neben sich. An meiner linken Seite allerdings stand eine junge Frau.
Sie war bleich geschminkt, trug einen langen schwarzen Rock und darüber eine schwarze, durchsichtige Bluse, durch deren Stoff ihre kleinen Brüste schimmerten. Eine Jacke aus Kunstleder hatte sie über ihre Schultern gehängt, und der Hals war durch mehrere Ketten geschmückt, die aus Knochen bestanden.
Es gab auch Haare auf dem Kopf. Sie lagen dicht auf der Haut und schimmerten ölig. Von ihr ging ein Duft aus, der mir nicht gefiel. Ich wusste, dass es Leichenparfüm gab, und so ähnlich roch diese junge, etwa zwanzigjährige Frau.
Sie war versunken in den Takt der Musik. Hin und wieder trank sie aus einer kleinen Feldflasche irgendein Gesöff, das leicht süßlich roch. Ob es Ricarda war, die dieses Lied sang, konnte ich nicht sagen, aber jedes Stück hat ein Ende, und das war auch hier der Fall.
Es trat zwar keine Ruhe ein, weil einige Gäste noch klatschten, aber es wurde immerhin so still, dass ich der jungen Frau eine Frage stellen konnte.
»War das Ricarda eben?«
Das Wesen neben mir zuckte zusammen. »Was hast du gesagt?«
Ich wiederholte meine Frage.
Jetzt sah sie sich genötigt, den Kopf zu drehen, um dem Frager ins Gesicht zu sehen. Ihr Gesichtsausdruck war leicht zu deuten. Sie hielt mich für einen Ignoranten und fragte sich wohl, wie jemand eine
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