146 - Der Dämon aus dem Knochensee
konnten.
Ihr fiel ein, daß es hier irgendwo so einen seltenen Baum gab, aber würde sie ihn finden? Konnte sie ihn erreichen?
Es ragten nur sporadisch Bäume auf.
Riga ging auf den ersten zu. Ringsherum zischelte es, und weiße Schlangenleiber schoben sich rasch über den Boden, doch keine weiße Viper griff die Hexe an.
Sie verschwenden ihr Gift nicht an jemanden, den sie schon für tot halten, dachte Riga. Ich bin keinen Biß mehr wert. Auch die Ratte wollte nichts von mir wissen.
Das Alter, das Actro herbeigeführt hatte, war für Riga ein Schutz, Niemand wollte sie mehr töten, weil sie ohnedies bald sterben würde.
Die weißen Vipern krochen vor ihr weg, als ekelten sie sich vor der eingetrockneten Hexe. Riga brauchte nicht aufzupassen, wo sie hintrat, denn die vielen Schlangen machten ihr bereitwillig Platz.
Diese Gefahr würde erst akut werden, nachdem Riga wieder erstarkt war, Dann würden die weißen Vipern sie angreifen. Es würde nicht einfach sein, ihnen zu entkommen, denn es waren sehr viele, aber hatte es einen Sinn, sich jetzt schon darüber Gedanken zu machen?
Vielleicht würde Riga auf keinen seltenen Baum stoßen. Dann brauchte sie auch die Schlangen nicht zu fürchten.
Die Hexe wankte von Baum zu Baum, doch keiner trug diese kraftspendenden schwarzen Früchte. Bildete sie sich nur ein, schon einmal hier gewesen zu sein?
Solange ich kann, gehe ich weiter, sagte sich die Hexe verbissen.
Sie trat auf etwas Weiches, Pelziges, das schmatzend zerplatzte, und als sie ihren Blick darauf richtete, traute sie ihren Augen nicht.
Das war eine schwarze Frucht!
Riga hob den Kopf und schaute nach oben. Wie ein Schirm breitete der seltene Baum seine Krone über ihr aus, und zwischen roten Blättern hingen unzählige schwarze Früchte.
Die Freude darüber, einen seltenen Baum gefunden zu haben, brachte die Hexe beinahe um. Sie durfte sich nicht so aufregen, sonst brach sie hier unter dem Baum zusammen.
Mühsam beherrschte sie sich. Sie unterdrückte ihre übermäßige Freude und versuchte sich zu beruhigen. Mit zitternder Hand fuhr sie sich über die Augen.
Zum erstenmal spürte sie, daß auch Freude tödlich sein konnte.
***
»Ihr braucht euch an keine Regeln zu halten«, sagte Actro zu Mortimer Kull und Rufus. »Ihr könnt kämpfen, wie ihr wollt, aber vergeßt nicht: Ich bin sehr anspruchsvoll. Wenn ihr mich nicht zufriedenstellt, ist euer beider Leben verloren. Ich will einen guten, spannenden Kampf sehen. Vergeßt eure Freundschaft, die existiert nicht mehr. Von diesem Moment an seid ihr Todfeinde. Über die Leiche des anderen führt euer Weg in die Freiheit.«
»Na schön«, sagte Mortimer Kull. »Wir werden dir diesen Kampf auf Leben und Tod bieten, Actro, aber hältst du hinterher auch Wort?«
»Dem Sieger schenke ich die Freiheit.«
»Das hast du den Söhnen des greisen Magiers auch versprochen. Nach dem Kampf hast du aber den Sieger getötet.«
»Du weißt nicht alles«, sagte Actro. »Nachdem der Mann seinen Bruder umgebracht hatte, beleidigte er mich und schwor, sich zu rächen. Mir droht man nicht. Das Reittier für ihn stand bereit. Er hatte es sich selbst zuzuschreiben, daß er in der Stachelburg ebenfalls sein Ende fand. Wenn derjenige, der aus diesem Kampf als Sieger hervorgeht, nicht den gleichen Fehler macht, lasse ich ihn laufen. Ich bin sicher, daß er das sein wird.« Der Anführer der Höllenbanditen wies auf Rufus.
»Du unterschätzt mich!« behauptete Mortimer Kull.
Actro zuckte mit den Schultern. »Wir werden sehen. Fangt an!«
Rufus und Mortimer Kull stellten sich in der Mitte des Kreises auf.
»Willst du ihm wirklich diesen Kampf bieten?« fragte der Dämon mit den vielen Gesichtern.
»Wir habén keine andere Wahl.«
»Einen Kampf auf Leben und Tod?«
»Wir tricksen ihn aus!« sagte Mortimer Kuü, und dann flüsterte er denn Knochendämon zu, wie er sich das verstellte.
»Los!« rief Actro ungeduldig, »Ich will etwas sehen!«
Rufus und Mortimer Kull wichen zurück.
Sie rollten die Peitschen aus - und dann begann der Kampf.
***
Es lagen mehrere pelzige Früchte am Boden, doch Riga brauchte eine, die noch am Baum hing. Die Überreifen, die der seltene Baum abgeworfen hatte, waren faul, es gärte in ihrem Inneren. Sie zu essen, wäre tödlich gewesen.
Die Hexe streckte ihre schlaffe Gestalt. Die schwarzen Früchte hingen so hoch, daß sie sie nicht erreichen konnte. Verzweifelt ging Riga um den Baum herum.
Nirgendwo hing eine Frucht so tief, daß sie
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