146 - Der Dämon aus dem Knochensee
sie mit ihren Fingern berühren konnte. Mußte sie nun doch sterben, obwohl sie einen seltenen Baum gefunden hatte?
Nur deshalb, weil sie nicht groß genug war?
Enttäuschung grub ihr zusätzliche Furchen in das graue, faltige Gesicht So nahe war sie dem Ziel - und doch auch so weit davon entfernt. Schwäche überkam sie. Sie mußte sich hinsetzen, Unglücklich schaute sie zu den schwarzen Früchten hinauf, deren Kraft sie so dringend benötigte.
Eine, dachte Riga, nur eine einzige Frucht brauche ich. Warum gelingt es mir nicht, sie zu pflücken? Was für einen Sinn hat diese grausame Folter?
Sie blieb nicht lange sitzen. Als sie merkte, wie ihre Lebensflamme flackerte, erschrak sie und quälte sich wieder auf die kraftlosen Beine.
Sie entdeckte in der Nähe des seltenen Baumes einen Stein - zu schwer,, um ihn zu tragen, aber sie schaffte es, ihn unter den Baum zu rollen.
Als sie sich daraufstellte, drohte ihr schwarz vor den Augen zu werden. Sie beeilte sich, wippte auf die Zehenspitzen, und nun war sie groß genug.
Ihre knotigen Finger schlossen sich um die Frucht. Sie drehte sie ab und drückte sie sofort gegen ihren Mund. Die schwarze Frucht hatte Körperwärme.
Riga schabte mit den Zähnen das Fell ab, spuckte es aus und biß die darunterliegende Haut auf. Eine dicke, klumpige Flüssigkeit, mehr ein Brei, ergoß sich in ihren Mund.
Sie drückte die Frucht mit beiden Händen zusammen, so gut sie konnte, und je mehr sie von der Frucht in sich aufnahm, desto kräftiger konnte sie sie auspressen.
Winzige Körnchen - jedes ein Keim neuer Kraft - glitten über Rigas Zunge und in den Schlund. Sie schluckte gierig, stülpte die Frucht um, als sie leer war, und leckte über die Innenseite.
Mit einer Hand, die nicht mehr häßlich knotig war, wischte sie sich die Lippen ab.
Die Veränderung ging so rasch vor sich wie der Verfall. Die Kraftkeime gingen in Riga auf und machten aus ihr wieder eine strahlende Schönheit Ihre Brüste waren wieder fest und üppig, das Haar hatte wieder sein gewohntes Rot, und Riga fühlte sich wieder gut - besser sogar als vorher.
Und das nach dem Genuß von nur einer Frucht. Sie wußte, daß sie sich keine zweite einverieiben durfte, denn den Starken brachte die Kraft der schwarzen Frucht um.
Lachend sprang sie vom Stein. Sie betrachtete begeistert ihren kräftigen, makellosen Körper, der jung und geschmeidig war wie eh und je.
Nichts Greisenhaftes war mehr an ihr. »Actro!« rief sie übermütig. »Du würdest es nicht glauben, wenn du mich jetzt sehen würdest. Ja, ich bin es, Riga - wieder jung und schön, und ich schwöre hier unter diesem Baum, daß ich dich vernichten werde. Nicht meine, sondern deine Tage sind gezählt, Actro. Bereite dich auf ein schreckliches Ende vor, Energie-Vampir. Du weißt es nicht, aber der Tod ist dir näher als du denkst.«
Die winzigen Körnchen gingen immer noch in Riga auf, obwohl es eigentlich schon reichte. Hatte sie in ihrer Gier zuviel davon verschlungen?
Es heißt eine Frucht , sagte sich Riga. Ich kann nichts falsch gemacht haben.
Aber das Keimen in ihr nahm kein Ende, und das beunruhigte sie nun doch. Mehr Kraft, als sie bereits hatte, konnte sie nicht brauchen.
Es war zuviel…
***
Actro konnte mit dem Kampf zufrieden sein. Mortimer Kull und Rufus gingen aufs Ganze, schenkten einander nichts. Dunkelrote Striemen brannten in Kulls Gesicht.
Rufus war ein ebenbürtiger Gegner. In manchen Phasen des Kampfes war er dem dämonischen Wissenschaftler sogar überlegen. Actro sah gespannt zu.
Rufus’ Peitsche schlang sich um Kulls Bein. Ein kräftiger Ruck, und der Professor fiel aufs Kreuz.
»Ja!« rief Actro begeistert. »Jetzt hast du ihn! Mach ihn fertig!« Rufus war sein Favorit.
Der Skelettdämon stürzte sich auf Mortimer Kull und stach mit dem Dolch zu. Kull rollte zur Seite, befreite sich von Rufus’ Peitsche und sprang auf.
Jetzt schlug er mit der Peitsche zu. Ehe ihn Kull niederreißen konnte, zuckte der Dolch des Knochendämons hoch.
Die Peitsche spannte sich, und Rufus durchtrennte sie mit einem blitzschnellen Schnitt.
Actro lachte. »Du bist ihm nicht gewachsen, Kull! Er hat mehr vom Kampf! Du kannst ihm nicht gefährlich werden!«
Kull kümmerte sich nicht um Actros Geschrei. Er konzentrierte sich auf diesen Schaukampf, der so echt wie möglich aussehen mußte, denn wenn Actro dahinterkam, daß sie ihm etwas vorspielten, waren sie geliefert.
Damit die täuschende Echtheit gewährleistet war, mußten sie bis an
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