1464 - Das Phantom von Phönix
der Gemeinschaft. Das Ideal, das Karl Marx vor fast dreitausend Jahren propagiert hatte, war hier Wirklichkeit geworden - in einer locker zusammengewürfelten Organisation, die aus nur wenigen Tausend Individuen bestand und keine internen Schwierigkeiten kannten, weil jedermanns Denken auf das eine Ziel konzentriert war: die Tyrannen der Milchstraße zu bekämpfen.
Freie Verfügbarkeit der Alltagsgüter brachte die Forderung nach Verantwortungsbewußtsein mit sich.
Frodar Huggins entschied, das lichtblaue Fahrzeug sei für ihn als Alleinstehenden viel zu groß und zu aufwendig. Es stünde ihm gut an, sich mit weniger zu begnügen. Er wandte sich dem nächsten Gleiter zu, einem kleinen, unscheinbaren Vehikel, in dem außer dem Fahrer noch zwei Passagiere Platz hatten und das über eine Ladefläche verfügte, die Frodars Zwecken genügte.
Das war der Augenblick, in dem er den Schemen zum erstenmal bemerkte.
Zuerst glaubte er, eines der Fahrzeuge hätte sich bewegt und einen Reflex des Sternenlichts erzeugt. Er sah auf und entdeckte ein mattleuchtendes, nebliges Gebilde, das mit beachtlicher Geschwindigkeit über die freie Fläche nahe dem Flußufer huschte. Wenige Meter vor dem Vegetationsstreifen, der die Lichtung gegen das Ufer abgrenzte, kam es zum Stillstand und war eine halbe Sekunde später verschwunden. „Was, zum Teufel ...!" knurrte Frodar.
Er ging auf die Stelle zu, an der er den leuchtenden Nebelfleck zum letztenmal gesehen hatte. Der Boden war weich. Verwundert musterte Frodar einen annähernd kreisförmigen Abdruck, der sich dem lockeren Erdreich eingeprägt hatte. Frodar sah sich um. „Ist hier jemand?" fragte er unsicher.
Im selben Augenblick erhielt er einen harten Schlag gegen den Schädel. Er taumelte, der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Da war der Nebel wieder! Er bewegte sich wie ein Irrwisch. Frodar hörte das Knistern und Knacken des Buschwerks, als sich das unheimliche Gebilde einen Weg durch das Gestrüpp am Flußufer bahnte.
Dann verließen ihn die Kräfte. Er ging zu Boden und verlor für ein paar Minuten das Bewußtsein.
Als er wieder zu sich kam, war es ruhig ringsum. Er stemmte sich in die Höhe. Dumpfer Kopfschmerz machte ihm zu schaffen. Er betastete den Schädel. Fand aber nichts außer der Beule, die er sich vorhin an der Bugverglasung seines alten Gleiters geholt hatte.
Er war nahe daran, das, was er erlebt zu haben glaubte, für ein Produkt seiner Phantasie zu halten. Da sah er aber den kreisförmigen Abdruck im Boden und auch die Bresche, die in Richtung des Flusses durchs Dschungelgestrüpp führte. Er hatte sich also nichts eingebildet. Die Begegnung mit dem Schemen hatte wirklich stattgefunden.
Mit einemmal war ihm die nächtliche Szene unheimlich. Im Laufschritt überquerte er die Lichtung und öffnete das Einstiegsluk des kleinen braunen Gleiters, auf den seine zweite Wahl gefallen war. Binnen weniger Sekunden hatte er das Triebwerk in Gang gesetzt und das Fahrzeug vom Boden abgehoben. Er steuerte es auf achtzig Meter Flughöhe und wurde erst wieder ruhiger, als er die weißen Bänder der Brandung unter sich sah.
Zu Hause gönnte er sich eine Serie gehaltvoller Drinks. Je kräftiger der Alkohol zu wirken begann, desto lächerlicher kam ihm sein nächtliches Erlebnis vor. Er wußte zwar, daß es tatsächlich stattgefunden hatte, konnte es sich aber nicht erklären. Im Zustand fortgeschrittener Benebelung sank er schließlich ins Bett und nahm sich fest vor, über das, was heute nacht geschehen war, zu niemanden zu sprechen. 4. 10. Januar 1146 Später rechnete es Pradu men Kaan sich als Lohn für sein Pflichtbewußtsein an, daß er ausgerechnet die Orter-Schicht übernommen hatte, während der die drei Raumschiffe von der Fernortung zum erstenmal erfaßt wurden. Im Augenblick des tatsächlichen Geschehens jedoch packte ihn zunächst der Schreck. Er glaubte nichts anders, als daß der Überfall der Cantaro unmittelbar bevorstünde. Die drei Fahrzeuge befanden sich am äußersten Rand des Wahrnehmungsbereichs. Ihr Kurs war eindeutig auf das Ceres-System gerichtet. Die Ortung hatte sie erfaßt, als sie zu Orientierungszwecken aus dem Hyperraum auftauchten.
Wenn sie wieder auf Überlichtfahrt gingen, würde es nur wenige Minuten dauern, bis sie in unmittelbarer Nähe der Sonne Ceres materialisierten. Inzwischen hatte Pradu ein wenig Zeit, die Lage zu bedenken.
Als er sich vom ersten Schrecken erholt hatte, kam ihm der Gedanke, daß die Cantaro wahrscheinlich
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