1466 - Tödliche Küsse
wollte den Beleg schon in die Hand nehmen und den Commander nach der Telefonnummer fragen, da meldete sich bei ihr eine innere Stimme.
Lass es lieber sein…
Und Jane Collins hörte auf die Stimme. Den Zettel allerdings ließ sie nicht los. Sie deckte ihre Handfläche darüber und zog ihn behutsam auf sich zu. Auf keinen Fall sollte der Commander etwas merken. Zwar stand er an der Tür, aber er hatte Augen wie ein Luchs und war zudem noch sehr misstrauisch.
Jane hörte, dass er sich in Bewegung setzte und auf sie zukam.
Jetzt musste sie sich etwas einfallen lassen. Durch eine bewusst ungeschickte Bewegung drehte sie sich auf dem Stuhl um. Dabei zog sie den Plastikhefter mit dem Ellbogen mit. Er rutschte über die Kante und fiel zu Boden.
»Mist, was bin ich ungeschickt.« Jane bückte sich, um den Hefter aufzunehmen. Dabei rutschten einige Quittungen hervor, die Jane nicht einzusammeln brauchte. Plötzlich war aus dem Commander ein Kavalier geworden. Er übernahm die Aufgabe für sie.
Besser hätte es nicht laufen können. Jane nutzte die Gelegenheit, den Zettel mit der Telefonnummer verschwinden zu lassen. Als sie sich aufrichtete, war ihr Gesicht leicht gerötet.
»Sorry, aber…«
Der Commander winkte ab. »Schon gut. Ist ja nichts passiert.«
»Dann musste ich noch zwei Laden durchsuchen.«
»Die sind leer.«
»Tatsächlich?«
»Ja, wenn ich es Ihnen sage.«
»Gut.« Jane stand auf. »Dann ist meine Arbeit hier wohl beendet.«
»Viel gab es hier ja nicht für Sie zu tun.«
»Ich weiß, Sir, aber es hätte sein können.«
»Und wie wollen Sie jetzt weiter vorgehen, Miss Collins?«
»Das weiß ich noch nicht genau.« Sie lächelte. »Aber ich werde meine Beziehungen spielen lassen.«
»Was heißt das?«
»Ich kenne einige Leute, die das Gras wachsen hören. Sie gehören nicht eben zu denen, mit denen Sie dinieren würden, aber für gewisse Dinge sind sie unentbehrlich.«
»Das müssen Sie wissen.«
Jane wandte sich bereits der Tür zu. »Jedenfalls werde ich Sie auf dem Laufenden halten, Mr. Hellman, und ich bin auch sicher, dass wir Ihre Frau finden.«
»So etwas müssen Sie sagen.«
»Klar, sonst würde ich keinen Auftrag mehr bekommen. Ich werde Sie dann jetzt allein lassen.«
»Okay, ich bringe Sie noch zur Tür.«
Das tat er auch, und Jane Collins war froh, das so gepflegte Haus verlassen zu können. In der Nähe des Commanders hatte sie sich gefühlt wie in einem Eiskeller…
***
Jane Collins war in ihren sehr warmen Golf gestiegen und sofort abgefahren. Sie konnte sich vorstellen, dass Hellman hinter dem Fenster stand und sie beobachtete. Er sollte nicht sehen, wenn sie ihr Handy hervorholte und telefonierte.
Sie fuhr um die Ecke in eine der anderen Wohnstraßen und stoppte unter dem Blätterdach eine Platane.
Sie öffnete die beiden vorderen Fenster spaltbreit, um frische Luft in den Wagen zu lassen. Dann holte sie den Zettel aus ihrer Hosentasche hervor, nahm auch das Handy, schaute sich die Nummer noch mal genau an und stellte fest, dass sie zum Bereich von Groß-London gehörte.
Sie tippte die Zahlenfolge ein. Dabei hatte sie das Gefühl, dass dies eine Spur sein könnte, die sie weiterbrachte. Warum schrieb man eine Telefonnummer so versteckt auf? Doch nur, damit sie ein anderer nicht finden konnte, selbst der eigene Ehemann nicht. Und so kam ihr der Gedanke, dass die verschwundene Sue Hellman durchaus Geheimnisse vor ihrem Gatten hatte. Möglicherweise auch gefährliche, die dann zu ihrem Verschwinden geführt hatten.
Sicher war das nicht, und sie wollte auch nichts übers Knie brechen. Es konnte sich alles noch als harmlos herausstellen. Jedenfalls ging der Ruf durch, und sie wartete gespannt darauf, welche Stimme sich melden würde.
Instinktiv tippte sie auf eine männliche und sah sich nicht getäuscht.
»Ja…?«
Jane schloss für einen Moment die Augen, um dem Klang nach zu lauschen. Dieser Tonfall wies eindeutig auf einen Mann hin, aber wie er das Wort ausgesprochen hatte, war schon mehr als unüblich.
Da schien der Verführer persönlich zu sprechen.
»Bitte, wer ist am Apparat?«
Jane hatte sich blitzschnell eine Antwort zurechtgelegt.
»Pardon, bin ich richtig bei…« Mit einem künstlichen Hustenanfall unterbrach sie sich.
»Ruhig, meine Liebe, ganz ruhig. Aufregung schadet nur. Ich habe Zeit, und ich weiß auch, dass es nicht einfach für Sie ist. Aber wir werden schon zusammenfinden.«
»Ja, ja, das hoffe ich.«
»Sehr schön. Darf ich fragen, was
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