1468 - Tanz im Totenreich
sagst es.«
»Hat sie dir denn irgendeinen Hinweis gegeben, wo sie auftauchen könnte?«
»Nein, hat sie nicht.«
»Das ist schlecht.«
»Es wird nach dem alten Schema ablaufen, da bin ich mir sicher.«
»Allmählich glaube ich das auch, John.« Suko lehnte sich zurück.
»Wird eine schwierige Phase werden. Sollen wir Sir James einweihen?«
»Wir müssen es. Er kann uns zumindest eine gewisse Rückendeckung geben.«
»Ja, das denke ich auch.« Suko nickte vor sich hin und meinte dann: »Im Rest der Nacht wird wohl nicht mehr viel passieren – oder?«
»Nein. Ich glaube, dass sie wartet, bis es hell geworden ist. Dann wird sie sich melden, davon bin ich überzeugt.«
»Gut.« Er stand auf. »Dann werde ich zusehen, dass ich noch eine Mütze voll Schlaf bekomme. Vielen Dank für das Wasser.«
»Gern geschehen.«
Als er ging, sagte er: »Ich an deiner Stelle würde auch versuchen, noch etwas zu schlafen.«
»Ja, was sonst.«
Er winkte mir kurz zu und verließ meine Wohnung.
Die Stille kam mir bedrückend vor. Sie hatte sich meiner Stimmung angepasst. Ich fühlte mich alles andere als wohl in meiner Haut. Aber Suko hatte schon Recht. Es brachte nichts, wenn ich hier einfach nur herumsaß und Gedanken wälzte. Es war besser, etwas Schlaf zu finden, denn der Tag morgen würde verdammt anstrengend werden.
Bevor ich ins Bett ging, öffnete ich noch mal das Fenster, um frische Luft zu schnappen.
Es war etwas kühler geworden, aber nach wie vor lag die Schwüle drückend in den Häuserschluchten der Stadt.
Von meinem neuen Lehrling sah ich nichts. Nur würde das leider nicht so bleiben…
***
Noch bevor ich zusammen mit Suko das Haus verließ, hatte ich bei Sir James angerufen und um einen Termin gebeten. Das heißt, wir wollten ihr sofort nach unserer Ankunft sprechen.
»Das geht in Ordnung. Ich erwarte Sie.«
Hitze, Schwüle – wer darauf gehofft hatte, dass sie verschwunden war, der hatte sich geirrt. Wir sahen eine sehr fahle Sonne am Himmel, die hinter einem dünnen Wolkenschleier lag und doch ihre Strahlen auf die Erde schickte, als wollte sie dort alles verbrennen.
Die Klimaanlage im Rover arbeitete recht gut, aber draußen schwitzten die Menschen. In den U-Bahnen war es besonders schlimm, und deshalb waren wir beide froh, im Wagen sitzen zu können, obwohl wir wie üblich mit dem Londoner Morgenverkehr zu kämpfen hatten.
Natürlich sprachen wir über die Geschehnisse der letzten Nacht.
Suko zeigte sich fast ein wenig enttäuscht, dass sich die andere Seite noch nicht wieder gemeldet hatte.
»Sie treibt ihr eigenes Spiel«, sagte ich. »Dabei kann ich mir sogar vorstellen, dass sie momentan auf der Suche nach einem Verbrechen ist, in das sie uns hineinziehen kann.«
»Oder auch nicht.«
»Wie meinst du das?«
Suko hob die Schultern. »Wie ich es gesagt habe. Es ist durchaus möglich, dass sie es allein macht und wir nur das Ergebnis präsentiert bekommen.«
»Das wäre nicht gut.«
»Sag ihr das mal.«
»Okay, wir warten ab.«
Dass etwas passieren würde, davon gingen wir einfach aus. Und wir glaubten auch daran, dass nicht sehr viel Zeit verstreichen würde. So stellten wir uns auf einen spannenden Tag ein, der sicherlich mit zahlreichen Überraschungen gespickt war.
Zunächst einmal mussten wir das Gespräch mit Sir James abwarten. Er würde uns zwar nicht viel helfen können, aber wir brauchten schon das Gefühl, dass er uns den Rücken deckte, wenn es Komplikationen gab. Gerade bei außergewöhnlichen Fällen, die man als unerklärlich bezeichnen konnte.
Das hatte ich bei Raniels Eingreifen erlebt. Er hatte sich zwar stets gezeigt, dabei aber oft Spuren hinterlassen, die von Zeugen nicht eingeordnet werden konnten. Abgesehen von Suko oder mir, aber wir hatten der Öffentlichkeit gegenüber den Mund gehalten.
Die dicken Mauern des Yard Building hielten einen großen Teil der Wärme ab. So konnte man es in den Büros aushalten, auch wenn keine Klimaanlage lief.
Natürlich war Glenda Perkins bereits da. Wie hätte es auch anders sein können. Aber selbst sie sah an diesem Morgen nicht so frisch aus, obwohl die Temperaturen im Vorzimmer recht angenehm waren.
»Schlecht geschlafen?« fragte ich nach dem Morgengruß.
Sie wischte mit einem schmalen Taschentuch über ihre Stirn. »Das nicht gerade, aber die Fahrt mit der U-Bahn war kein Vergnügen. Da kam ich mir vor wie in einer Sauna.«
»Kann ich verstehen.«
Glenda hatte sich für ein luftiges Kleid entschieden. Grundfarbe
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