1484 - Der Teufel von Venedig
Strom.
»Mir ist nur etwa aufgefallen.«
»Und was?«
»Dass die Spiegelwand nicht aus einer Fläche besteht. Es hat den Anschein, dass sie zweimal unterbrochen wurde, als hätte man dort Türen eingelassen.«
Plötzlich wirkte ihr Gesicht im klaren Licht der Deckenleuchten noch härter. »Und wenn es so sein sollte, was geht Sie das an?«
»Ich bin nun mal neugierig. Das bringt der Beruf so mit sich, Signora Amalfi.«
»Das weiß ich. Das können Sie auch meinetwegen sein. Aber nicht hier, verstehen Sie? Nicht in meinem Haus.«
»Ja, ich begreife das schon. Entschuldigen Sie.« Die beiden letzten Wörter waren anders gemeint, als sie sich anhörten. Ich tat genau das Gegenteil und ging auf eine der Stellen an der Spiegelwand zu, weil ich aus der Nähe sehen wollte, ob ich recht hatte.
Ja, ich hatte recht.
Nur anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Denn plötzlich erwärmte sich das Kreuz auf meiner Brust…
***
Das hatte ich nicht erwartet. Aber mir wurde klar, dass dieser Palazzo es in sich hatte und ich ihn nicht so schnell verlassen würde. Ich verhielt mich auch anders als normal, sodass es auffiel, denn Claudia Amalfi fragte mich: »Was ist mit Ihnen?«
»Ich denke nur nach.«
»Worüber?«
»Über das, was sich hinter der Tür befindet.«
»Tür?« Sie schüttelte den Kopf. »Wieso Tür? Das ist ein Spiegel, Signore, und das sollten Sie auch sehen.«
Ich blieb bei meiner Ansicht. »Tut mir leid, aber auch in Spiegelwänden können sich Türen befinden.«
Claudia Amalfi hatte sich bisher recht beherrscht gezeigt. Auch wenn ihre Blicke nun eine andere Sprache sprachen. Und plötzlich verzerrte sich ihr Gesicht. Dass es unter der ganzen Schminke noch rot anlaufen könnte, damit hatte ich nicht gerechnet. Aber es war der Fall. Da war das Blut hineingeschossen.
Die Frau machte einen Schritt auf mich zu. Sie streckte mir ihre rechte Hand entgegen und fuhr mich mit einer kreischenden Stimme an.
»Hauen Sie endlich ab! Verschwinden Sie! Ich will Sie hier nicht mehr sehen! Sie haben hier nichts zu suchen, verdammt noch mal, überhaupt nichts!«
Dann nahm sie sich ein anderes Opfer vor. Es war der Commissario, der sich über den Wutanfall sehr wunderte und recht bleich geworden war.
»Sie haben kein Recht, in mein Haus einzudringen, verdammt. Kein Recht. Verschwinden Sie sofort, sonst werde ich mich an Ihren Vorgesetzten wenden.«
Damit wir sahen, dass sie es ernst meinte, holte sie ein Handy hervor.
Mario Orbino ließ sie nicht zu einem Anruf kommen. Er nickte ihr zu und sagte: »Keine Sorge, Signora, wir werden Ihr Haus verlassen. Es tut mir leid, wenn wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet haben sollten. Entschuldigen Sie!«
Suko und ich hatten die Worte mit angehört. Ich ärgerte mich maßlos darüber. Am liebsten hätte ich die Tür im Spiegel aufgerissen und nachgeschaut, was sich dahinter befand. Das Kreuz hatte mich nicht grundlos gewarnt. Aber es war auch nicht vergessen.
»John?«
»Keine Sorge, ich komme.«
Langsam ging ich auf den Commissario zu. Dabei passierte ich die Chefin der Ballettgruppe. Unsere Blicke trafen sich zwangsläufig, und ich konnte das Lächeln auf meinen Lippen nicht unterdrücken, das einen gewissen Spott zeigte.
»Vielleicht sehen wir uns noch, Signora. Das Leben steckt oft voller Überraschungen.«
»Ich pfeife darauf.«
»Denken Sie daran, wie launisch das Schicksal sein kann.« Mehr sagte ich nicht. Ich verließ den Raum sogar als Erster und schritt auf die breite Treppe zu.
Suko hatte mich bald eingeholt. Während der Commissario noch mit der Frau sprach, gingen wir die Stufen der Treppe hinab. Erst als wir fast an der Tür waren, stellte Suko eine Frage.
»War das nur eine Provokation?«
»Nein, sicherlich nicht.«
»Und diese Tür oder diese Türen? Die im Spiegel meine ich.« Suko hob die Schultern. »Ich habe sie nämlich nicht entdeckt.«
»Ich stand auch näher.«
»Und weiter?«
»Dahinter verbirgt sich etwas, Suko. Davon kannst du ausgehen. Ich weiß nur nicht, was.«
»Und wie kommst du darauf?«
Ich deutete auf meine Brust.
»Das Kreuz?«
»Ja, es hat sich gemeldet. Und ich habe mich in diesem Fall nicht geirrt.«
Mein Freund runzelte die Stirn. »Und damit sehen die Dinge plötzlich ganz anders aus.«
»Du sagst es.«
»Dann geht es weiter.« Er lächelte. »Wie ich uns kenne, glaube ich nicht, dass wir in den nächsten Stunden zum Schlafen kommen. Oder siehst du das anders?«
»Wohl nicht.«
»Könnten sich in diesem
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