15 Gruselstories
erteilte. Das war nicht sonderlich schwierig, denn erstens waren bei Jorlas Rolle nicht viele Sätze vorgesehen und zweitens erwies er sich, laut Les, als ein großartiger Schüler.
Aber trotzdem schien Les mit allem nicht so zufrieden zu sein, wie man es eigentlich annehmen sollte. Ungefähr eine Woche vor dem ersten Drehtag kam er zu mir und schüttete mir sein Herz aus. Er versuchte zwar das, was er sagte, als Bagatelle hinzustellen, aber ich wußte, daß er sich ernstliche Sorgen machte.
Der Kernpunkt der Geschichte war sehr einfach und läßt sich in einem Satz zusammenfassen: Jorla fing an, sich seltsam zu benehmen.
Zuerst einmal bekam er Streit mit der Verwaltung. Es hatte sich herausgestellt, daß er einige Tage nach seiner Ankunft in Hollywood aus dem Hotel wieder ausgezogen war, aber er weigerte sich, im Studio seine derzeitige Adresse anzugeben.
Aber das war nicht alles.
Er wollte sich nicht über seine Rolle unterhalten und dachte nicht daran, irgendwelche Vorschläge für die Interpretation zu machen. Der ganze Film schien ihn nicht zu interessieren, und er gab Kincaid gegenüber unumwunden zu, daß er den Vertrag nur unterzeichnet hätte, um die Möglichkeit zu haben, Europa zu verlassen.
Er erzählte Kincaid das, was er mir gesagt hatte – die Sache mit der Teufelsanbetung. Und er erging sich in finsteren Andeutungen. Er murmelte etwas von ›Verfolgung‹, ›Rächern‹ und ›Jägern, die auf der Lauer lagen‹. Er schien das Gefühl zu haben, daß die Anbeter der Schwarzen Messe auf ihn zornig waren, weil er ihr Geheimnis verletzt hatte und weil sie ihn offensichtlich für die Freigabe von ›Rückkehr zum Sabbat‹ verantwortlich machten. Aus diesem Grund, fuhr Jorla fort, könnte er weder seine Adresse angeben noch für eine Veröffentlichung etwas aus seiner Vergangenheit erzählen. Aus demselben Grund müßte er auch in dem Film ein Make-up bekommen, das sein Äußeres völlig veränderte. Er hatte häufig das Gefühl, beobachtet und verfolgt zu werden. Hier in Hollywood wären so viele Ausländer … zu viele Ausländer.
»Was, zum Teufel, soll ich mit so einem Mann machen?« schnaubte Kincaid, als er mir das alles erzählt hatte.
»Er ist entweder ein Wahnsinniger oder ein Narr!« fuhr er fort. »Und ich muß gestehen, daß er der Gestalt in seinem Film zu sehr ähnelt, als daß ich ihn sympathisch finden könnte. Und diese verdammt beiläufige Art zu bekennen, daß er in die Teufelsanbetung und den ganzen Zauberkram hineingeschlittert wäre. Er glaubt also an diesen ganzen Kram und – ja, um die Wahrheit zu sagen, ich bin eigentlich wegen der letzten Sache, von der er gesprochen hat, zu dir gekommen …
Karl Jorla ist heute in mein Büro gekommen. Ich habe ihn zuerst gar nicht erkannt. Und das lag nicht nur an der dunklen Sonnenbrille und dem dicken Schal, den er sich bis über das Kinn hochgezogen hatte. Er selbst hat sich verändert. Er zitterte am ganzen Körper und ging gebeugt. Und als er sprach, klang seine Stimme wie ein Stöhnen. Er zeigte mir – dieses hier.«
Kincaid reichte mir einen Zeitungsausschnitt. Es handelte sich um eine Meldung aus der Londoner ›Times‹, die über eine europäische Presseagentur in die hiesigen Zeitungen gekommen war und die besagte, daß Fritz Ohmmen, der österreichische Filmregisseur, ums Leben gekommen war. Man hatte ihn erwürgt in einer Pariser Mansarde gefunden, und seine Leiche war grauenhaft verstümmelt. In der Meldung wurde weiterhin erwähnt, daß der oder die Täter dem Opfer ein auf den Kopf gestelltes Kreuz auf die Brust über den aufgeschlitzten Eingeweiden eingebrannt hatten. Die Mörder würden noch von der Pariser Polizei gesucht
Weitere Kostenlose Bücher