15 Gruselstories
hörte ab und zu etwas.
Einmal sah ich, wie sich ein großer Mann mit schwarzen Haaren und einem schwarzen Schnurrbart über mich beugte. Er hatte schwarze Augen und war auch ganz in Schwarz gekleidet. Ich dachte, es könnte vielleicht der Teufel sein, der mich in die Hölle schaffen wollte. Die Schwestern hatten uns viel vom Teufel erzählt. Ich fürchtete mich so sehr, daß ich gleich wieder in Ohnmacht fiel.
Ein anderes Mal drangen Stimmen zu mir. Als ich die Augen öffnete, sah ich den Mann in Schwarz und Isobel in einer Ecke des Zimmers sitzen. Ich nehme an, daß sie nicht gemerkt haben, daß ich munter geworden war, denn sie unterhielten sich über mich.
»Was denkst du, wie lange ich das noch mitmache, Vic?« hörte ich sie sagen. »Ich habe es satt, die Krankenschwester für einen heruntergekommenen Strolch zu spielen. Was willst du eigentlich mit ihm anfangen? Du weißt doch nichts über ihn.«
»Wir können ihn schließlich nicht wieder in den Schnee werfen, damit er stirbt, nicht wahr?« Der Mann in Schwarz ging im Zimmer auf und ab und fuhr sich unaufhörlich mit der Hand über seinen Schnurrbart. »Sei vernünftig, Liebling. Du siehst doch, daß der arme Kerl halb verhungert ist. Papiere hat er auch nicht bei sich. Er ist in Not und braucht Hilfe.«
»Dummes Zeug! Ruf einen Krankenwagen. Es gibt immerhin Hospitäler, oder? Du kannst wirklich nicht von mir verlangen, daß ich mich zwischen den Auftritten mit diesem räudigen –«
Ich habe nicht verstanden, was sie meinte, was sie sagte. Wissen Sie, sie war so wunderschön. Ich wußte, daß sie nett sein mußte. Das war alles nur ein Irrtum. Vielleicht war ich noch zu krank, um richtig zu hören.
Dann bin ich wieder eingeschlafen, und als ich aufwachte, fühlte ich mich wohl und wußte, daß ich mich getäuscht hatte. Denn sie war da, und sie lächelte mich wieder an.
»Wie geht’s?« fragte sie. »Wie wäre es mit etwas zu essen?«
Ich konnte sie nur anstarren und lächeln. Sie hatte einen langen grünen Mantel an, der mit silbernen Sternen übersät war. Jetzt gab es überhaupt keinen Zweifel, daß sie wirklich ein Engel war.
Dann kam der Teufel ins Zimmer.
»Er ist bei Bewußtsein, Vic«, sagte Isobel.
Der Teufel sah mich grinsend an.
»Servus, Kamerad. Herzlich willkommen in unserer Mitte! Einen Tag lang oder so habe ich gedacht, daß wir nicht mehr lange Ihre Gesellschaft haben werden.«
Ich konnte ihn nur wortlos anstarren.
»Was ist los? Erschreckt Sie meine Aufmachung? Das ist auch Ihr gutes Recht, denn Sie wissen ja nicht, wer ich bin. Ich bin Victor Sadini. Der Große Sadini – Zauberkünstler, wissen Sie?«
Da Isobel mich auch anlächelte, mußte wohl alles in Ordnung sein. Ich nickte. »Mein Name ist Hugo«, flüsterte ich. »Sie haben mir das Leben gerettet, nicht wahr?«
»Ist schon gut. Verschieben Sie das Reden auf später. Jetzt müssen Sie erst einmal etwas essen und sich noch weiter ausruhen. Sie liegen jetzt hier seit drei Tagen auf dem Sofa, Kamerad. Sie müssen bald wieder zu Kräften kommen, denn das Programm läuft hier nur noch bis Mittwoch. Dann müssen wir nach Toledo hüpfen.«
Am Mittwoch war der Vertrag zu Ende, und wir hüpften nach Toledo. Wir hüpften natürlich nicht wirklich, sondern fuhren mit dem Zug. O ja, ich war mit dabei, denn ich war Sadinis neuer Assistent.
Damals wußte ich noch nicht, daß er mit dem Teufel im Bunde war. Ich hielt ihn nur für einen netten Mann, der mir das Leben gerettet hatte. Er saß in der Garderobe und erklärte mir alles. Er sagte mir, warum er sich den Schnurrbart hatte wachsen lassen und warum er sich die Haare so kämmte, wie er es tat, und warum er sich immer schwarz anzog. Ich konnte mir gut vorstellen, daß das Publikum so etwas von einem Zauberer erwartete.
Dann machte er mir ein paar Tricks vor. Ich staunte sehr. Es waren wundervolle Tricks mit Karten und
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