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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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poe­ti­schen Krit­ze­lei­en wür­de er nie auf einen grü­nen Zweig kom­men. Das ging in dem Stil wei­ter, bis Bert­rand der Kra­gen platz­te. Aber er konn­te ma­chen, was er woll­te, es ge­lang ihm nicht, den al­ten Mo­ral­pre­di­ger zu be­lei­di­gen. Er konn­te sich nicht ein­mal mit ihm strei­ten. Der un­ge­ho­bel­te Klotz war zu dumm, um sei­ne bis­si­gen Be­mer­kun­gen zu ver­ste­hen.
    Der Oberst folg­te Bert­rand auf Schritt und Tritt. Wenn sie zum Es­sen gin­gen, hielt er es für selbst­ver­ständ­lich, daß Bert­rand für ihn zahl­te. Er hat­te zwar in ei­nem dritt­klas­si­gen Ho­tel in Bert­rands Nä­he ›Quar­tier be­zo­gen‹, aber er ver­brach­te die ers­te Nacht in Bert­rands Woh­nung und re­de­te un­un­ter­bro­chen auf un­se­ren Poe­ten ein. Er war fest da­von über­zeugt, daß der ›lie­be Jun­ge‹ nur auf sei­ne Weis­hei­ten ge­war­tet hat­te. Nach die­sem nächt­li­chen Ge­spräch gab es Bert­rand auf. Es hat­te kei­nen Sinn, Bert­roux mit Ar­gu­men­ten zu kom­men – der be­griff über­haupt nicht, was der Jün­ge­re mein­te.
    Bert­rand war am nächs­ten Tag ge­ra­de im Be­griff, sich auf den Weg zum Wachs­fi­gu­ren­ka­bi­nett zu ma­chen, als der Oberst wie­der auf­kreuz­te. Bert­rand such­te nach Aus­flüch­ten, aber Bert­roux ließ sich durch nichts da­von ab­hal­ten, Bert­rand zu be­glei­ten.
    Als sie das Mu­se­um be­tra­ten, über­kam Bert­rand wie­der je­ne ge­heim­nis­vol­le Er­war­tung, die er sich nicht er­klä­ren konn­te, aber nach der er sich sehn­te. Er nahm die idio­ti­schen Kom­men­ta­re des Oberst über die dar­ge­stell­ten Ver­bre­chen über­haupt nicht zur Kennt­nis. Er ver­fiel, wie im­mer, in ei­ne Art Tran­ce­zu­stand.
    Dann ka­men sie zu ihr . Bert­rand blieb wie an­ge­wur­zelt vor ihr ste­hen und sag­te kei­nen Ton. Da­für war die Spra­che sei­ner Au­gen um so be­red­ter. Ihr Blick schi­en noch spöt­ti­scher als sonst auf ihm zu ru­hen. Die Mi­nu­ten, wäh­rend der sie sich schwei­gend mit den Au­gen du­el­lier­ten, wur­den zur Ewig­keit.
    Ir­gend­wann kehr­te Bert­rand in die Wirk­lich­keit zu­rück. Er er­wach­te lang­sam aus ei­nem Traum, der ihn ge­fes­selt und ver­zau­bert hat­te, und schau­te sich blin­zelnd um. Als sein Blick auf den Oberst fiel, riß er er­staunt die Au­gen auf.
    Bert­roux stand noch im­mer ne­ben ihm und starr­te in Ge­dan­ken ver­sun­ken auf Sa­lo­me. Bert­rand war über den ge­bann­ten Blick des an­de­ren ver­blüfft. Der Oberst hat­te einen frem­den, ir­gend­wie fast ju­gend­lich wir­ken­den Ge­sichts­aus­druck. Es konn­te kein Zwei­fel dar­über be­ste­hen, daß er von der weib­li­chen Wachs­fi­gur fas­zi­niert war – ge­nau­so fas­zi­niert wie Bert­rand!
    Der Oberst? Das war un­mög­lich! Das war ab­surd! Die­ses ro­bus­te Rauh­bein stand doch mit bei­den Bei­nen fest auf dem Bo­den der Wirk­lich­keit! Aber trotz­dem fühl­te Bert­rand, daß er sich nicht täusch­te. Der Oberst war ihr auch ver­fal­len!
    Bert­rands ers­te Re­ak­ti­on war, laut zu la­chen. Aber als er einen zwei­ten Blick in das al­te ver­zück­te Ge­sicht warf, war er eher den Trä­nen na­he. Er ver­stand. Von der Frau ging et­was aus, das im Her­zen je­des Man­nes, gleich­gül­tig ob jung oder alt, Träu­me und ge­hei­me Sehn­süch­te und Wün­sche er­weck­te. Sie war so fern, so un­er­reich­bar und doch so fa­tal be­geh­rens­wert.
    Bert­rand warf wie­der einen Blick auf sie. Al­les war wie im­mer: ih­re vor­ge­täusch­te Zer­brech­lich­keit, ih­re ver­lo­ge­ne Zärt­lich­keit und ih­re un­nach­ahm­li­che Gra­zie, mit der sie da­stand und in ih­ren aus­ge­streck­ten Hän­den den scheuß­li­chen ab­ge­schla­ge­nen Kopf hielt … Bert­rand hielt den Atem an. Et­was war nicht wie im­mer. Der scheuß­li­che Kopf – er war an­ders als sonst! Es war nicht das schwarz­haa­ri­ge Haupt mit den star­ren­den blau­en Au­gen, das er von sei­nen Be­su­chen her kann­te. Was hat­te das zu be­deu­ten?
    Ei­ne Hand be­rühr­te sei­ne Schul­ter. Er fuhr her­um. Hin­ter ihm stand der klei­ne grau­haa­ri­ge Be­sit­zer des Wachs­fi­gu­ren­ka­bi­netts und schau­te ihn er­war­tungs­voll an.
    »Sie ha­ben es schon

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