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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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ver­brann­te un­heim­lich schnell.
    He­xen wur­den schon im­mer ver­brannt …
    Und wie bei al­len He­xen, so än­der­te sich auch ihr Ge­sichts­aus­druck im Ster­ben. Er schmolz zu ei­ner ab­scheu­li­chen Frat­ze. Dann war ihr Ge­sicht nur noch ein gel­ber, un­för­mi­ger Wachs­klum­pen, aus dem ih­re Glasau­gen wie zwei blaue Trä­nen fie­len. Ihr Kör­per wand sich im To­des­kampf, als ih­re wäch­ser­nen Glied­ma­ßen da­hin­schmol­zen. Sie wirk­te so echt und wirk­lich und ge­pei­nigt. Ih­re Qual war ge­nau­so groß wie die Bert­rands, der ih­ren To­des­kampf ver­folg­te.
    Dann war al­les vor­über.
    Bert­rand blick­te ver­son­nen auf den Mann, der still und tot auf dem Bo­den lag, wäh­rend sich das Feu­er lang­sam aus­brei­te­te. In Kür­ze wür­de es das gan­ze Mu­se­um aus­ge­löscht ha­ben. An kei­nem Mann wür­de sich die grau­en­haf­te Wie­der­ho­lung ei­nes frü­he­ren Ver­bre­chens voll­zie­hen. Das Feu­er wür­de dem al­lem ein En­de be­rei­ten.
    Bert­rands Blick wan­der­te wie­der zu dem zi­schen­den und blub­bern­den gel­ben Wachs­hau­fen, der noch vor we­ni­gen Mi­nu­ten Sa­lo­me dar­ge­stellt hat­te.
    Er er­starr­te.
    Dann be­te­te er, daß sich das Feu­er rasch aus­brei­ten mö­ge. Das Grau­en saß ihm im Nacken, denn auf ein­mal ver­stand er al­les. Das Ge­heim­nis­vol­le, das von ihr aus­ge­gan­gen war, das un­heim­lich Rät­sel­haf­te, das je­den in ih­ren Bann ge­zo­gen hat­te, war plötz­lich kein Ge­heim­nis mehr für ihn.
    Der wahn­sin­ni­ge Mör­der, der jetzt tot am Bo­den lag, hat­te die Fi­gur nach dem to­ten Kör­per sei­ner Frau ge­formt. Das hat­te er Bert­rand er­zählt. Aber Bert­rand sah jetzt mehr. Und er konn­te sich die bö­se, ver­häng­nis­vol­le Macht er­klä­ren. Von dem to­ten Kör­per ei­ner He­xe geht ei­ne schäd­li­che Aus­düns­tung aus …
    Bert­rand wand­te sich ab und rann­te schluch­zend aus der ver­wüs­te­ten Hal­le, die jetzt in hel­len Flam­men stand. Er flüch­te­te vor dem An­blick des gel­ben, blub­bern­den, zer­schmol­ze­nen Wachs­hau­fens, aus dem das ver­kohl­te Ske­lett ei­ner Frau, das dem Wachs Halt ge­ge­ben hat­te, her­aus­rag­te.
     

 
Der zuständige Geist
     
    Mr. Ro­nald Ca­ven­dish schob den voll­be­la­de­nen Tee­wa­gen in das Eß­zim­mer. Er rück­te noch ein we­nig die Tel­ler und Be­ste­cke auf dem Tisch zu­recht, dann dreh­te er sich um und be­trach­te­te sich ein­ge­hend im Spie­gel.
    Was er sah, miß­fiel ihm in kei­ner Wei­se. Er war – und sein Spie­gel­bild be­stä­tig­te es ihm – ein Gent­le­man der al­ten Schu­le. Ein Zy­ni­ker konn­te viel­leicht sa­gen, daß er wie ein Bil­der­buch-But­ler aus ei­nem Büh­nen­stück wirk­te, aber Mr. Ca­ven­dish hielt herz­lich we­nig von Zy­ni­kern.
    Au­ßer­dem soll­te sein al­tes, ge­die­ge­nes Haus aus rot­brau­nem Sand­stein, die wuch­ti­gen Ma­ha­go­ni­mö­bel, das schwe­re Ta­fel­sil­ber, kurz­um, das of­fen­ba­re Vor­han­den­sein ei­nes be­acht­li­chen Bank­ver­mö­gens je­den Zy­ni­ker ei­nes Bes­se­ren be­leh­ren. Und das galt auch für zy­ni­sche Ver­wand­te!
    Mr. Ca­ven­dish ver­zog sein Ge­sicht im Spie­gel zu ei­ner Gri­mas­se. Es war al­les an­de­re als ei­ne lie­bens­wür­di­ge Gri­mas­se, und Mr. Ca­ven­dish wünsch­te nur, daß sei­ne Ver­wand­ten sie se­hen könn­ten. Aber er konn­te sich ge­dul­den. Sie wür­den sie noch früh ge­nug am Eß­tisch zu se­hen be­kom­men.
    Jetzt war es sechs Uhr. Al­les war vor­be­rei­tet. Die lie­ben Ver­wand­ten konn­ten kom­men. Er hat­te an al­les ge­dacht.
    An al­les ge­dacht? Mr. Ca­ven­dish schlug sich mit der fla­chen Hand vor die Stirn und ging mit ei­li­gen Schrit­ten in den Sa­lon. Et­was hät­te er doch bei­na­he ver­ges­sen!
    Er schlug den di­cken Tep­pich zu­rück, knie­te sich auf den blan­ken Fuß­bo­den und wisch­te mit sei­nem sei­de­nen Ta­schen­tuch die blau­en Krei­de­zei­chen fort. Nie­mals wür­de er sie die­se fünf­wink­li­ge Fi­gur se­hen las­sen.
    »Das wär’s«, mur­mel­te er und er­hob sich et­was müh­sam. Er muß­te erst wie­der sei­ne Knie­ge­len­ke zu­recht­bie­gen, denn er war bald sech­zig Jah­re

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