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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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alt.
    Dann riß er die Fens­ter auf, da­mit auch der letz­te schwa­che Hauch des Weih­rau­ches ab­zie­hen soll­te. Ir­gend je­mand könn­te mög­li­cher­wei­se den Ge­ruch er­ken­nen. O ja, er ging mit Rie­sen­schrit­ten auf die Sech­zig zu – oder die Sech­zig auf ihn, wie? Es wä­re viel­leicht kei­ne schlech­te Idee, sich ein­mal mit der Af­fä­re von die­sem Bur­schen – wie hieß er doch gleich? – ah ja, Faust zu be­schäf­ti­gen. Man konn­te nie ge­nug ler­nen. Viel­leicht soll­te er heu­te abend, nach dem Fa­mi­lienes­sen, ei­ne klei­ne Sit­zung ab­hal­ten und her­aus­fin­den –
    Es läu­te­te.
    Mr. Ca­ven­dish warf die Fens­ter zu, schloß sei­ne Man­schet­ten und ging ge­mäch­lich auf die Tür zu. Er konn­te ge­ra­de noch das Ge­sicht des ›lie­ben al­ten On­kel Ro­nald‹ auf­set­zen, ehe sie an ihm vor­bei in den Sa­lon stürm­ten.
    Al­len vor­weg die fet­te Cla­ra mit ih­rem ein­fäl­ti­gen Lä­cheln. Ihr folg­te der ver­hut­zel­te klei­ne Ed­win, dann ka­men Har­ry mit sei­nem lä­cher­li­chen Ba­cken­bart und Dell mit ih­ren ver­färb­ten Haa­ren. Als letz­ter er­schi­en ein räu­di­ger Stra­ßen­kö­ter – das war na­tür­lich Jas­per. Er schnauf­te und wat­schel­te um Mr. Ca­ven­dish her­um, wo­bei er ei­ne gan­ze Sal­ve ab­ge­dro­sche­ner Phra­sen von Sta­pel ließ: »Hal­lo, Ro­nald … Du siehst präch­tig aus, Ro­nald … Wie in al­ten Zei­ten, Ro­nald … Schön, daß die gan­ze Fa­mi­lie mal wie­der un­ter ei­nem Dach ver­sam­melt ist, Ro­nald …«
    Schließ­lich sa­ßen sie al­le, be­dien­ten sich mit Zi­ga­ret­ten und Zi­gar­ren und schlürf­ten Ko­gnak aus klei­nen Glä­sern. Ro­nald Ca­ven­dish schau­te auf die gan­ze rei­zen­de Ge­sell­schaft und brach­te so­gar ein Lä­cheln zu­stan­de, als Ed­win sein Glas hob und mur­mel­te: »Auf dei­ne Ge­sund­heit.«
    Dann schlug er vor: »Wol­len wir hin­über zum Es­sen ge­hen? Ich ha­be al­les vor­be­rei­tet.«
    Bei der Er­wäh­nung des Wor­tes ›Es­sen‹ stand Jas­per schon auf den Bei­nen. Ein gie­ri­ger Typ. Aber wa­ren sie nicht al­le gie­rig? frag­te sich Mr. Ca­ven­dish nach­denk­lich. Neh­men wir nur ein­mal Cla­ra. »Was hast du für ein wun­der­schö­nes Sil­ber­ser­vice, On­kel Ro­nald.« Das war Cla­ra. Ih­re ste­chen­den Au­gen, die aus den Fett­pols­tern lug­ten, wan­der­ten flink von ei­nem Ge­gen­stand zum an­de­ren. Man konn­te ihr an­se­hen, wie sie im Geist die Wer­te zu­sam­men­rech­ne­te.
    Ed­win, ihr Mann, schnup­per­te an dem Ko­gnak. »Na­po­le­on oder Ar­ma­gnac, On­kel Ro­nald?« frag­te er. Als ob ich de­nen Na­po­le­on vor­set­zen wür­de, dach­te Mr. Ca­ven­dish be­lus­tigt. Ed­win, der den Un­ter­schied nicht kann­te, war be­gie­rig dar­auf, ihn ken­nen­zu­ler­nen. Er woll­te kein Geld, er woll­te Lu­xus.
    Har­ry pfiff an­er­ken­nend durch die Zäh­ne. »Jun­ge, Jun­ge, du lebst nicht schlecht, On­kel«, sag­te er beim An­blick der üp­pi­gen Ta­fel. Sein Mund ver­zog sich zu ei­nem brei­ten Grin­sen. »Du hast wohl auf das rich­ti­ge Pferd ge­setzt, wie?« Das war Har­ry, des­sen Welt der Renn­platz war. Er jag­te dem Glück nach.
    Und Dell. Mr. Ca­ven­dish be­trach­te­te ih­re eis­kal­ten Au­gen, in de­nen sich je­doch ge­wiß ein lei­den­schaft­li­cher Fun­ke ent­zün­den konn­te, und ih­re auf ju­gend­lich ge­trimm­te Fi­gur. Was sie woll­te, wuß­te er ge­nau. Und sie ver­schaff­te es sich wahr­schein­lich auch im­mer, wenn Har­ry auf dem Renn­platz war. In zehn Jah­ren wür­de sie ihr Geld be­stimmt für Gi­go­los – oder wie man die­se Her­ren heut­zu­ta­ge nen­nen moch­te – aus­ge­ben.
    Heut­zu­ta­ge. Es war Jas­per, der das Wort ge­ra­de aus­ge­spro­chen hat­te, und Mr. Ca­ven­dish zwang sich zu­zu­hö­ren.
    »Heut­zu­ta­ge setzt man sich sel­ten zu ei­nem Es­sen wie die­sem zu­sam­men.« Schnau­fen. »Ich weiß gar nicht, wie du das al­les be­werk­stel­ligst, Ro­nald.« Schnau­fen. »Seit sie­ben Jah­ren rackerst du dich nun schon in die­ser großen al­ten Scheu­ne ab. Du hast kei­ne Be­diens­te­ten und kei­nen, der nach dir sieht. Ich wünsch­te –« Schnau­fen »– ich wünsch­te, du wür­dest dich

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