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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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sie re­de­te auch bei Tisch nicht mehr mit uns. Sie hat­te sich so zu­rück­ge­zo­gen, daß es ein­fach un­mög­lich ge­wor­den war, mit ihr um­zu­ge­hen.
    Aber ich weiß trotz­dem, daß sie ei­ne klei­ne Pup­pe hat – sie muß sie ein­fach sel­ber ge­macht ha­ben, wo­her soll­te sie sie sonst ha­ben? –, weil sie sie manch­mal un­ter dem Arm ver­steckt her­um­trägt. Sie re­det mit der Pup­pe, und sie strei­chelt sie, aber sie will sie we­der mir noch ihm zei­gen. Und als er Ir­ma heu­te nach der Haar­bürs­te frag­te, da sag­te sie eben, daß sie sie für ih­re Pup­pe ge­braucht hät­te.
    Ihr Bru­der be­kam einen fürch­ter­li­chen Wut­an­fall – er hat­te den gan­zen Vor­mit­tag in sei­nem Zim­mer ge­trun­ken, oh, den­ken Sie ja nicht, daß ich das nicht weiß –, aber Ir­ma lä­chel­te ihn nur an und sag­te, daß sie die Bürs­te nicht mehr brau­che und daß er sie jetzt wie­der­ha­ben kön­ne. Sie ver­schwand in ih­rem Zim­mer, kam mit der Haar­bürs­te zu­rück und reich­te sie Ih­rem Bru­der. Ich konn­te mit ei­nem Blick fest­stel­len, daß Ir­ma die Bürs­te nicht im min­des­ten be­schä­digt hat­te.
    Aber kaum, daß Ihr Bru­der die Haar­bürs­te in der Hand hat­te, schlug er da­mit hef­tig auf die Schul­tern der Klei­nen ein. Dann ver­dreh­te er ih­ren Arm und dann –«
    Miss Pall sack­te auf ih­rem Stuhl zu­sam­men und be­gann wie­der wild zu schluch­zen.
    Als Sam Stee­ver ihr be­ru­hi­gend auf die Schul­ter klopf­te, wirk­te er wie ein Ele­fant, der einen ver­wun­de­ten Ka­na­ri­en­vo­gel trös­ten will.
    »Das ist al­les, Mr. Stee­ver«, brach­te Miss Pall müh­sam her­vor. »Ich bin gleich zu Ih­nen ge­kom­men. Ich wer­de nicht ein­mal in das Haus ge­hen, um mei­ne Sa­chen zu ho­len. Ich kann das ein­fach nicht mehr er­tra­gen. Ich mei­ne, die Art wie er sie schlägt und wie sie es hin­nimmt. Sie weint nicht, son­dern ki­chert und ki­chert und ki­chert. Ich glau­be lang­sam wirk­lich, daß sie ei­ne He­xe ist, daß er sie zu ei­ner He­xe ge­macht hat …«
     
    Sam Stee­ver lang­te nach dem Te­le­fon­hö­rer. Das Läu­ten hat­te die wohl­tu­en­de Stil­le, die nach Miss Palls ei­li­gem Auf­bruch ein­ge­tre­ten war, un­ter­bro­chen.
    »Hal­lo – bist du es, Sam?«
    Er er­kann­te die Stim­me sei­nes Bru­ders, der völ­lig be­trun­ken sein muß­te.
    »Ja, John.«
    »Ich schät­ze, daß das al­te Klatschmaul auf der Stel­le zu dir ge­rannt ist, um sich den Mund fus­se­lig zu re­den.«
    »Wenn du Miss Pall meinst – ja, sie war eben hier.«
    »Gib nichts auf ihr Ge­schwätz, Sam. Ich kann dir al­les er­klä­ren.«
    »Willst du, daß ich zu dir kom­me? Ich war schon mo­na­te­lang nicht bei dir.«
    »Tja – nur nicht heu­te. Ich ha­be mich für den spä­ten Nach­mit­tag beim Arzt an­ge­mel­det.«
    »Ist ir­gend et­was nicht in Ord­nung mit dir?«
    »Ich ha­be Schmer­zen im Arm. Wahr­schein­lich Rheu­ma­tis­mus oder so et­was. Aber ich wer­de dich mor­gen an­ru­fen, da­mit wir den Un­sinn aus der Welt schaf­fen.«
    »Schön.«
    Aber John Stee­ver rief am nächs­ten Tag nicht an. Sam war­te­te bis zum spä­ten Abend, dann wähl­te er Johns Num­mer.
    Zu sei­ner Über­ra­schung mel­de­te sich Ir­ma am an­de­ren En­de. Ih­re dün­ne, piep­sen­de klei­ne Stim­me klang lei­se in sei­nen Oh­ren.
    »Va­ti ist oben und schläft. Er ist krank.«
    »Dann wol­len wir ihn auch nicht stö­ren. Was ist es denn – sein Arm?«
    »Nein, jetzt ist es sein Rücken. Er muß nach­her noch ein­mal zum Arzt.«
    »Dann sa­ge ihm, wenn er auf­wacht, daß ich mor­gen wie­der an­ru­fe. Ist sonst al­les in Ord­nung, Ir­ma? Ich mei­ne, ver­mißt du nicht Miss Pall?«
    »O nein. Ich bin froh, daß sie fort ist. Sie ist schreck­lich dumm.«
    »Aha – nun ja – ich ver­ste­he. – Aber du rufst mich an, wenn ir­gend et­was los ist, ja? Und ich hof­fe, daß es dei­nem Va­ter bald bes­ser geht.«
    »Ja, das hof­fe ich auch«, sag­te Ir­ma und fing zu ki­chern an. Dann leg­te sie den Hö­rer auf.
    John Stee­ver ki­cher­te nicht, als er am nächs­ten Nach­mit­tag sei­nen Bru­der Sam in der An­walt­spra­xis an­rief. Das Spre­chen streng­te ihn an. Aber er war nicht be­trun­ken, son­dern schi­en un­er­träg­li­che Schmer­zen zu

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