15 - Todestanz
wieso schleppen Sie eigentlich immer noch Englische Pfund mit sich herum?«
»Was?«, ertönte seine gedämpfte Stimme aus dem Büro, wo er seine Jagd nach Wissen offensichtlich fortsetzte.
»Schon gut.«
Sie legte Giles' Portemonnaie auf die Bücher in dem Rollcontainer, begab sich wieder nach unten und verstaute ihre Tasche unter der Buchausgabe. Nachdem sie so ihre Habseligkeiten vor fremdem Zugriff in Sicherheit gebracht hatte, lehnte sie sich gegen den hüfthohen Tisch und genoss den seltenen Augenblick relativer Ruhe. Nirgends eine Spur von diesen aufdringlichen Lehramts-Studenten, die die Bibliothek zu ihrem Versammlungsort erwählt hatten, und sich mit ihrem Gegiggel und Getuschel aufführten wie ein ... wie ein pubertierender Haufen Teenager.
»Oh, Mann, die möchte ich mal vor einer Klasse erleben.«
Als hätte sie mit ihren Worten das Unheil heraufbeschworen, flog in genau diesem Moment die Bibliothekstür auf und ließ vom Gang her das übliche Getöse lerneifriger und weniger lerneifriger High-School-Schüler hereinschwappen. So viel zu ihrer gemütlichen Plauderstunde mit Giles, dachte Buffy. Und so viel zunächst auch zu ihrer Fahndung nach zu groß geratenen Killerhühnern.
Sich mental auf die »Invasion der Lehrämtler« einstellend, wandte sie sich in der festen Absicht um, ihnen allen gehörig die Meinung zu sagen.
Doch ihr Blick fiel nicht auf die erwartete Meute. Stattdessen stand vor ihr ein Mann, den sie nie zuvor gesehen hatte, kaum älter als Giles, mit dunklem Teint, weißem Haar und einem eleganten Anzug - gute Qualität, aber nicht zu teuer, registrierte sie automatisch. In der Hand hielt er einen Spazierstock mit silbernem Knauf, mit dem er unablässig gegen sein Hosenbein klopfte, als wollte er ihre Aufmerksamkeit auf die wie mit einem Lineal gezogene Bügelfalte lenken.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?« Giles würde stolz auf sie sein; sie war tatsächlich freundlich und entgegenkommend. Doch irgendetwas gefiel ihr nicht an diesem Typ.
Vielleicht lag es auch nur an ihrem grundsätzlichen Misstrauen allem Unbekannten gegenüber. Möglicherweise hatte Xander Recht und sie war tatsächlich paranoid. Sie sollte einen Gang zurückschalten und sich - »im Zweifel für den Angeklagten « - erst einmal anhören, was der Mann zu sagen hatte.
»Ich suche Mr. Rupert Giles?« Seine Stimme hob sich am Ende des Satzes, als habe er eine Frage gestellt. Buffy meinte einen leichten Akzent herauszuhören, den sie jedoch nicht genau einzuordnen wusste.
Okay, dachte sie, entweder ein alter Freund oder ein altes Problem. Letzteres hätte sich kaum einen ungünstigeren Zeitpunkt aussuchen können, um die Szene zu betreten. Sie nahm sich vor, Giles irgendwann einmal den Vorschlag zu unterbreiten, eine Art Liste anzufertigen - alte Freunde, die nichts anderes waren als alte Freunde, alte Freunde, die ihre Hilfe benötigten, alte Freunde, die sich als gemeingefährliche Psychopathen herausstellen könnten ...
»Er ist in seinem Büro.«
»Ah. Und du bist bestimmt Buffy, hab ich Recht?«
Buffy sah ihn verblüfft an. Damit wäre ihre Frage wohl beantwortet ... vielleicht.
»Ja, genau. Ich bin Buffy. Und Sie sind?«
»Oh, ich bitte um Verzeihung. Mein Name ist Gerald Panner.«
»Sind Sie ein Kumpel aus Giles' Collegezeiten?«
»Ein Kumpel? Äh ... nein, ich fürchte, da muss ich dich enttäuschen. Wir haben vor Jahren einmal ... zusammen gearbeitet. Ich bin Wissenschaftler. Und Rupert war mir in der Vergangenheit ein unschätzbare Hilfe. Nun, ich war gerade in der Gegend und da hab ich mir gedacht, ich schau einfach mal, wie man so schön sagt, auf einen Sprung bei ihm vorbei und frag ihn, wie es ihm geht.«
»Panner.«
Buffy und der vermeintliche Wissenschaftler drehten sich gleichzeitig um. Giles stand in der Tür zu seinem Büro, in der Hand ein kleines Buch mit rotem Einband, und schien beim Anblick des Neuankömmlings alles andere als erfreut.
»Ich nehme an, mein Besuch kommt für Sie nicht ganz unerwartet. Sie haben mein Schreiben erhalten?«
»Ja, Ihr Brief ist bei mir angekommen.«
Buffy brauchte keine Telepathin zu sein, um die unausgesprochene Aufforderung zu registrieren, die deutlich in der Luft hing: »Lass uns allein, Buffy!« Und dabei machte Giles ihr ständig Vorhaltungen, sie investiere nicht genügend Zeit in die Ausbildung ihrer paranormalen Fähigkeiten.
» Okay. Sie beide werden sich sicher eine ganze Menge zu erzählen haben, stimmt's? Über Bücher diskutieren und
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