150 - Demaskierung der Ungeheuer
froh, als wir endlich die Marmorhalle mit ihren riesigen Säulen verlassen durften. Die bösen Blicke, die uns der Butler nachwarf, spürte ich fast körperlich.
Das Haus war riesig groß, doch fast alle Räume erinnerten mich mit ihren kostbaren Möbeln, Bildern und Teppichen an ein Museum.
Für sich selbst hatte Peter eine Zimmerflucht zur Verfügung, die ein wenig moderner eingerichtet war. Beeindruckend war die riesige Bibliothek, in der sich neben neuen Horrorromanen uralte in Leder gebundene literarische Kostbarkeiten befanden. Ich entdeckte einige längst vergriffene Werke über Magie, die man nicht einmal in großen Bibliotheken fand.
Peters Wohnzimmer unterschied sich nur wenig von dem eines durchschnittlichen Teenagers. An den Wänden hingen signierte Poster seiner Lieblingsmusiker, und auf den Tischen türmten sich Bücher- und Zeitschriftenberge.
„Wollt ihr etwas trinken?" erkundigte er sich.
„Später", sagte Coco. „Vorerst einmal will ich nach ganz persönlichen Gegenständen deines Vaters suchen."
Sofort ging die Besichtigung weiter. Peter führte uns durch endlose Zimmerfluchten, in denen man sich ohne Führer glatt verlaufen konnte. Ein Zimmer war voll mit Belmonts Ahnen, die uns hochmütig anstarrten, ein anderes war vollgestopft mit Pokalen und Pferdebildern.
Und es kam genauso wie ich es befürchtet hatte. Täglich wurde hier von einem Regiment von Putzteufeln saubergemacht. Im Bad war kein einziges Haar zu finden, natürlich gab es keine gebrauchte Zahnbürste, und das Bett war neu überzogen und Alfred Belmonts Schmutzwäsche in der Waschmaschine gelandet.
Auch mit der Kleidung kamen wir nicht weiter.
„Das ist die totale Pleite", stellte Coco fest.
Peter dachte angestrengt nach, und plötzlich lächelte er. Zielstrebig schritt er auf einen Schrank zu, öffnete ihn und holte eine große Umhängetasche hervor.
„Darin werden wir einiges finden, was dir weiterhelfen kann, Coco. Diese Tasche nahm mein Vater seit vielen Jahren zur Jagd und zum Fischen mit."
Er kniete nieder, zog den Reißverschluß auf und wollte hineingreifen.
„Laß die Finger davon, Peter", bat Coco.
Sie zog dünne Gummihandschuhe an und stellte die Tasche auf einen Tisch. Diesmal war das Glück auf unserer Seite. Coco fand einen batteriebetriebenen Rasierapparat, der nicht gereinigt war. Einen Kamm, in dessen Zähnen einige aschblonde Haare hingen. In einer Seitentasche ein paar benützte Papiertaschentücher. Aber es kam noch besser. Irgendwann einmal hatte sich Peters Vater geschnitten, und ein paar Blutstropfen waren auf ein Stück Verbandmull gefallen.
„Damit läßt sich einiges anfangen", sagte Coco zufrieden und wickelte die Gegenstände in ein Seidentuch. „Jetzt benötige ich noch ein möglichst scharfes Foto deines Vaters."
„Davon gibt es Dutzende."
Wir kehrten in Peters Wohnzimmer zurück, und er reichte Coco einen Stoß Fotos zur Auswahl. „Wann nimmst du die Beschwörung vor?" fragte Peter gespannt.
„Ich muß vorerst einige Vorbereitungen treffen", antwortete Coco. „Mit der eigentlichen Beschwörung muß ich noch etwa drei Stunden warten."
„Darf ich dabei sein?" fragte er hoffnungsvoll.
„Nein, das ist leider nicht möglich."
„Das habe ich befürchtet", sagte er, und die Enttäuschung war in sein Gesicht geschrieben.
Coco zog sich in einen kleinen, fensterlosen Raum zurück, der kaum betreten wurde.
Während wir auf Coco warteten, genehmigte ich mir einen Bourbon mit viel Wasser, rauchte eine Zigarette und unterhielt mich mit Peter, der an einer Cola nuckelte. Langsam taute er auf. Als sich dann Coco zu uns gesellte, brach es aus ihm heraus. Er berichtete über seine ersten Erfahrungen mit diesen Fähigkeiten, über seine damaligen Ängste und seine beginnende Leidenschaft für alles Magische.
Mitten im Gespräch erinnerte er sich, daß er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Er telefonierte mit der Küche, und fünfzehn Minuten später geleitete uns der noch böser gewordene John in ein Speisezimmer, das für drei Personen gedeckt war.
Kurze Zeit verschwanden Peter und John, und als sie wieder erschienen, war Johns Miene wesentlich freundlicher. Wir nahmen Platz, und zwei Dienstmädchen rollten Servierwagen ins Zimmer. Normalerweise aß Coco vor einer Beschwörung nichts, meist zog sie sich auch zurück und verfiel dabei in einen tranceähnlichen Zustand. Auf das Essen verzichtete sie auch diesmal, und sie trank nur ein Glas Mineralwasser und beteiligte
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