1504 - Mordgeschichten
Besucher merkte, was in ihm vorging.
»Keine Sorge, Mike Raven. Denke immer daran, dass ich mich in deiner Nähe befinde. Alles andere ist unwichtig. Nur meine Person zählt in diesem Fall.«
»Und was soll ich tun, wenn ich tatsächlich Besuch von der Polizei bekomme?«
»Ihn empfangen. Du bist auf den Ernstfall vorbereitet. Die beiden Bullen nicht. Sie werden in eine Falle laufen, die sie das Leben kostet. Das verspreche ich dir…«
Mike Raven lagen noch einige Fragen auf der Zunge. Er stellte sie nicht mehr, denn Aaron hatte beschlossen, seinen Besuch zu beenden. Er drehte sich um, ging auf die Tür zu und verschwand. Wobei sich Mike nicht mal sicher war, ob er die Tür geöffnet hatte oder einfach durch sie hindurch gegangen war. Zuzutrauen war es ihm…
***
Die grüne Insel, so wurde Irland genannt. Das mochte für den Frühling und den Sommer zutreffen, aber beides hatten wir noch nicht, und so erlebten wir die Insel mehr in ihren tristen Farben als in einem frischen und optimistischen Grün.
Es war alles gut organisiert worden. In Killarney waren wir gelandet, und dort stand schon ein Leihwagen für uns bereit. Es war ein Opel Meriva, dunkelblau und genau richtig für unsere Reise.
Ein GPS-System gab es nicht, aber eine Karte, nach der wir fahren konnten. Die nette Dame von der Verleihfirma wünschte uns eine gute Fahrt, und danach überließ ich Suko das Lenkrad, denn er fuhr noch immer sehr gern Auto.
Autobahnen gab es hier nicht. Allerdings einige Schnellstraßen.
Bis Tralee fuhren wir in nördliche Richtung. Danach mussten wir nach Westen, um auf die Habinsel zu gelangen, die wie eine breite und an den Rändern rissige Zunge ins Meer ragte.
Die Berge auf der Halbinsel wurden Slieve Mish Mountains genannt. Sie durchzogen das Gelände nicht wie eine Kette, sondern verteilten sich im Osten, in der Mitte und auch im Westen. Dazwischen gab es flachere Gebiete.
Ballyquin lag schon recht weit im Westen, aber nicht in den Bergen. Sie reichten im Norden der Halbinsel nicht bis an das Wasser heran, denn zum Meer hin wurde das Gelände wieder flach.
Suko fuhr zügig. Das bereitete ihm keine Probleme, weil wenig Verkehr herrschte. Wenn wir andere Autos sahen, dann waren es in der Regel Vans oder kleinere Transporter. Man hatte sich den Gegebenheiten eben angepasst.
Ich schaute mir das Spiel der Wolken an, das durch den Wind ständig ein anderes Bild ergab. Mal wurden die Wolken zusammengetrieben, dann rissen sie wieder auseinander, sodass ein seidenblauer Himmel zum Vorschein kain, über den auch einige Sonnenstrahlen huschten.
Zum Glück regnete es nicht, denn auch dafür war Irland bekannt. Die großen Vorfrühjahrsstürme waren bisher ausgeblieben, aber die würden noch kommen und den Winter endgültig vertreiben.
Weder Suko noch ich hatten uns Vorstellungen von dem gemacht, was uns erwartete.
Eines allerdings stand felsenfest. Ballyquin war ein Dorf, das sicherlich malerisch lag, es aber für uns nicht war. Man konnte es einfach vergessen, denn hier wollte ich nicht tot überm Zaun hängen. Viel Natur, viel Einsamkeit, eine gute Luft, aber von einer Abwechslung konnte man nur träumen.
Es war der richtige Flecken Erde für Menschen, die sich in der Einsamkeit wohl fühlten und Ruhe bei der Arbeit haben wollten. Dazu gehörten Autoren, Maler oder Bildhauer. Oder einfach Menschen, die den Trubel der Großstadt satt hatten.
Und diejenigen kamen nicht nur aus England. Irland war zu einem Anziehungspunkt für viele Europäer geworden, und das auch wegen seiner niedrigen Steuern. Da nahmen viele gern die Einsamkeit in Kauf.
Kurz vor dem Ort mussten wir noch eine kleine Passhöhe überqueren, von der aus wir einen guten Blick hatten. In nördlicher Richtung sahen wir am Horizont einen grauen Streifen, der sich leicht bewegte. Das war bereits das Meer. Es gab sich an diesem Tag recht friedlich, aber es konnte auch zu einer wahren Hölle werden.
Es gab nur eine Straße, die auf Ballyquin zuführte. Nach der Passhöhe ging es immer bergab, und wir sahen in der klaren Luft die Ansammlung der Häuser vor uns. Sie standen nicht eng zusammen. Es gab zwischen ihnen viel Raum. Dort hatte noch jeder so bauen können, wie er gerade wollte.
Wieder traute sich die Sonne aus einem Wolkenloch hervor und verlieh dem Land einen hellen Schimmer. Seevögel zogen ihre Kreise und schwebten federleicht durch den Wind, der sie wie auf unsichtbaren Schwingen trug.
Ein herrliches Stück Natur. Es fehlten nur die Schafe
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