1506 - Liliths böser Kosmos
Füße anheben musste und wann nicht, und so geriet er auch nicht in große Schwankungen.
Sehr bald stellte Suko fest, dass er dem Ziel allmählich näher kam, denn der Boden blieb zwar mit Steinen bedeckt, aber er führte nicht mehr so flach weiter, denn jetzt stieg er leicht an.
Er legte eine kurze Pause ein. So konnte er sich besser orientieren, und er sah jetzt auch die ersten Stufen, die sehr breit waren und schon an Platten erinnerten.
Etwa zehn Meter vor ihm begannen sie, und nach wenigen Sekunden schon hatte Suko die erste Steinplatte mit seinen Füßen berührt. Ein langer Schritt, und er stand auf der zweiten.
Der Rest war zwar kein Kinderspiel, weil die Stufen doch sehr uneben waren und sich zudem immer mehr verengten, aber er konnte sie ohne Mühe hoch schreiten.
Etwa in der Mitte kam sich Suko vor, als befände er sich auf einem Sims an einer Hauswand, denn wenn er nach rechts oder links blickte, dann schaute er in die Tiefe.
Es gab auch Hoffnung, denn weiter vor ihm bekam die Treppe wieder ein anderes Gesicht. Da wurden die Stufen erneut breiter, als wollte man dem Wanderer klarmachen, dass er es so gut wie geschafft hatte.
Über Sukos Lippen huschte ein erleichtertes Lächeln. Der Rest war ein Kinderspiel, bis er plötzlich abrupt stoppte, als läge vor ihn ein Abgrund.
Er sah nach wie vor die Stufen, nur waren sie diesmal nicht blank. Dort verteilte sich etwas, das wie dicker Sirup aussah und bereits eingetrocknet war.
Suko war neugierig, denn in ihm war ein bestimmter Verdacht aufgekeimt. Er wollte es genau wissen, holte die kleine Leuchte aus der Tasche und bückte sich.
Der scharfe Strahl wanderte über den Boden hinweg, und was wie ein Teppich aussah, war eine Schicht aus dickem, eingetrocknetem Blut.
Suko stieß scharf den Atem aus. Von einem Grauen hatte er bisher nicht viel gespürt, aber dieses Blut war nicht grundlos vergossen worden, und es musste auch mit dem zusammenhängen, was er noch hier sah und das er jetzt besser erkannte.
Es war eine Figur.
Ein Mensch?
Suko konnte es im ersten Moment nicht sicher sagen. Es gab wohl einen menschlichen Körper, aber zu ihm gehörte noch etwas anderes, sodass Suko zunächst den Verdacht hatte, dass es sich um die Abbildung eines Engels handelte. Aber das traf ebenfalls nicht zu.
Es war das Standbild einer Dämonin.
Lilith?
Suko war zwar noch nicht nahe herangetreten, aber er konnte jetzt schon behaupten, dass es sich um eine andere Gestalt handelte. Es sei denn, Lilith hätte sich so sehr verändert. Daran konnte er nicht glauben, und ihm kam eine bestimmte Idee.
Liefen diese Frauen vielleicht einem Trugbild hinterher? Hatte man ihnen gesagt, dass es Lilith war, wobei es sich in Wirklichkeit um einen anderen Dämon handelte?
Suko hatte Lilith noch niemals mit derart mächtigen Schwingen oder Flügeln gesehen. Von den Ausmaßen her hätten sie eher zu einem fliegenden Drachen gepasst als zu dieser schlanken Gestalt mit den menschlichen Formen.
Suko ging noch eine Stufe höher, dann blieb er wieder stehen und schickte den Strahl der Lampe gegen das Standbild.
Das Licht war hell und auf irgendeine Art auch grausam. Es riss Einzelheiten hervor, die Suko bisher nicht aufgefallen waren. Haare wuchsen nicht auf dem Kopf. Aber er war auch nicht glatt, denn die gelbbraune Haut wies an verschiedenen Stellen Falten auf und auch kleine Einbuchtungen.
Der Mund stand offen. Er war verzogen, sodass sich auf dem Gesicht ein ekliger Ausdruck ausgebreitet hatte, als wäre die Person von allem angewidert, was sie sah.
Sie trug so etwas wie einen Umhang zwischen ihrem Körper und den Schwingen. Er bedeckte den gesamten Rücken, während die Vorderseite der Gestalt fast bloß lag.
Zwei nach unten hängende, lederartig wirkende Brüste waren sicherlich nicht dazu angetan, bewundernde Männerblicke auf sich zu ziehen.
Darunter zeichnete sich so etwas wie ein Korsett ab, das bis zu den Schenkeln reichte.
Lange Beine, nackte Füße, und ein Augenpaar, in dem ein böser Blick lag, wobei Suko das Gefühl hatte, keinen normalen Inhalt in diesen Augen zu sehen, sondern etwas Künstliches, das ihn an weißes und geschliffenes Glas erinnerte, in dem es noch einen rötlichen Schimmer gab, der nicht zu übersehen war.
»Das ist nicht Lilith«, flüsterte sich Suko selbst zu. »Nein, verdammt, das ist sie nicht. Ich bin irgendwie auf dem falschen Dampfer.« Aber eine andere Lösung wusste er nicht. Er konnte sich einfach keinen Reim auf die Figur
Weitere Kostenlose Bücher