1512 - Der heimliche Rebell
vorn wuchs die Fabrik zu einer beeindruckenden Masse. Wie die anderen war sie fünfzig Meter breit, genauso lang und dreißig Meter hoch. Mit der Strömung trieb sie durch den Ozean und fischte aus großen Schwärmen einen bestimmten Prozentsatz ab.
Orphan achtete penibel auf geringe Fangquoten. Gewiß, die Siedler betrachteten den Planeten als ihre Heimat.
Sie mußten leben - aber sie waren keine Ausbeuter. Statt dessen wollten sie Bestandteil der Natur sein, soweit das Terrageborenen möglich war.
Der Speedkahn ging längsseits.
Da waren schon die beiden Aufseher. „Los doch, Buba!" giftete Meanda. „Erledige gefälligst deine Aufgabe, ja? Sieh dir an, ob das Ding okay ist."
Buba Raspar seufzte und sprang an Bord der Fabrik. Die Aufseher nahmen ihn freundlich und mit einem Schluck Schnaps in Empfang. „Na?" fragte einer der beiden Männer, den Buba sehr gut kannte. „Was meinst du zu unserem Algenbräu?"
Buba kippte die Flüssigkeit hinunter, schmatzte laut und verdrehte die Augen. „Himmlisch. Aber erst sehe ich mir die Maschinen an. Sonst nimmt mich mein Drache auseinander. Später könnt ihr mir noch einen einschenken ... Übrigens, habt ihr schon von Benns und Jilling gehört?"
*
Gegen Abend hatten sie ihre wöchentliche Rundfahrt beendet. Buba sah ab und zu farbige Kreise vor Augen; er vertrug den Alkohol nicht mehr so. Auf Orphan war es nicht das opiatbereinigte Terra-Zeug, sondern handgemacht und manchmal verheerend in der Wirkung.
Meanda schnüffelte ab und zu.
Aber sie sagte nichts; vielleicht lag es am Fischgestank ihrer Schürze. Gegen diesen Gestank setzte sich so leicht nichts durch.
Fabrik-7 wies einen leichten Schaden in den Frosteraggregaten auf. Aber Buba war erfahren genug als Ingenieur, um nicht sofort mit Panik zu reagieren. 260 Grad minus reichten völlig. Es mußte nicht unbedingt das Maximum sein.
Meanda platzte förmlich, das sah er genau.
Und wehe ihm, sollte er es wagen, das mit Jilling in Orphan-City als erster zu erzählen! Die beste Neuigkeitenbörse war nun einmal Meanda Freener - und sie würde es bleiben, so lange sie darauf genügend Wert legte.
Niemand kam so viel herum wie sie und Buba. Und es gab nicht genügend Funkgeräte auf Orphan, um den persönlichen Kontakt zu ersetzen.
Der Speedkahn wackelte ein bißchen auf dem Meer.
Buba schreckte auf. Meanda ließ sich nichts anmerken, nahm aber die Geschwindigkeit um die Hälfte zurück.
Noch etwa zweihundert Stundenkilometer, schätzte der alte Mann. Nachdenklich zupfte er sich ein paar weiße Haare aus dem Bart.
Was war das? Kam Sturm auf? Um diese Jahreszeit wäre das mehr als ungewöhnlich. „Was sagt der Wettersatellit?" fragte er. „Nichts", gab Meanda barsch zurück. „Warum hat der Kahn dann gewackelt?"
„Woher, zum Donner, soll ich das wissen? Tu mir einen Gefallen, Buba: Wenn du unbedingt irgendwer! ausfragen mußt, versuch’s mit den Fischen!"
„Schon gut", murmelte er beleidigt. Buba Raspar lehnte sich in seinen Sitz zurück und beobachtete sorgfältig die Wasseroberfläche.
Der Horizont war ewig diesig, ein verschwimmender Rand aus Grau und Grün. Hinter dem Kahn dasselbe; zusätzlich blieb heckwärts ein Kranz aus sprudelndem Wasser als Kielwelle zurück. „Sieh dir mal den Horizont an!" forderte Meanda. „Hab’ ich schon getan."
„Dann tu es noch mal, alter Knabe!"
Die erzwungene Ruhe in Meandas Stimme ließ ihn aufmerken. Das war ein Alarmzeichen. Das alte Fischweib wurde nicht ohne Grund ruhig.
Buba wünschte sich, er hätte fünfzig Jahre jüngere Augen besessen. Dann hätte er jetzt gesehen wie ein Raubvogel. In Wirklichkeit aber mußte er die Augen zusammenkneifen, um überhaupt Details wahrzunehmen. „Da ist eine Schaumkrone", stellte er trocken fest. „Genau."
„Und was hat das zu bedeuten?"
Keine Antwort.
Meanda legte den Kahn vorsichtshalber aufs Wasser und ließ ihn abwartend auf den Wellen tanzen. Die Schaumkrone kam rasend schnell näher. Sie schnallten sich an und sicherten alles, was an Deck herumlag.
Ausweichen hatte keinen Sinn, dachte Buba Raspar. Sie mußten den Weg vorwärts fahren, weil dort Orphan-City lag.
Was, zum Teufel, war das? So lange er auf diesem Planeten lebte, hatte er noch keine Flutwelle dieser Art beobachtet. Vielleicht war ein unterirdischer Vulkan aufgebrochen ... Aber das hatte ihr Geologe eigentlich ausgeschlossen.
Sonst noch Möglichkeiten?
Eine Explosion in Orphan-City, fiel ihm plötzlich ein. Bubas Puls klopfte mit
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