1512 - Der heimliche Rebell
Landeplatz.
Orphan-City war wie ausgestorben. Kein einziger Lastschweber passierte die Straßenzüge. Von den zehntausend Bewohnern ließ sich kaum jemand blicken. Hinter manchen Fenstern brannte zwar Licht, aber das Fehlen von Geräuschen und Stimmen versetzte Buba in eine sonderbare Stimmung. „Zum Glück hat es,keine Panik gegeben", murmelte er. „Warum auch, du Holzkopf?" schimpfte die alte Frau keuchend. Die raschen Schritte waren ein bißchen viel für ihre Körpermasse. „Da landet ein Schiff, na und? Vielleicht hat es sich sogar angekündigt; kurz, nachdem wir auf unsere Tour gegangen sind."
„Glaube ich nicht", sagte Buba verstockt.
Sie passierten den Ortskern mit seinen Cafes und Läden, dem großen Verwaltungsgebäude und den besseren Wohnhäusern. Hinter ihnen blieben Lagerhallen und Konservenfabrik zurück.
Hier fanden sie den ersten öffentlichen Schweber.
Meanda nahm, das Fahrzeug in Betrieb und steuerte Richtung Raumhafen. Von jetzt an verloren sie nur noch wenige Minuten. Orphan-City hatte sich hauptsächlich entlang der Küste ausgebreitet - nicht weit ins Landesinnere, wo der Hafen lag.
Der Schatten des Raumers wuchs bedrohlich vor ihnen auf.
Da waren sie, die ersten Privatschweber. Vor dem Hafenareal hatte sich eine Menge von mindestens tausend Personen angesammelt. Sie alle standen in respektvollem Abstand um das Schiff herum und gafften. „Sieh dir diese Hühner an!" Meanda zog ohne jedes Verständnis die Augenbrauen in die Höhe. „Drücken sich bloß vor der Arbeit und unternehmen nichts!"
Die alte Frau steuerte ihren Schweber durch die Menge und hielt erst am Rand des Belags an. Sie und Buba stiegen aus. „Was ist passiert?"
Keine Antwort. Die Leute murmelten durcheinander. Viele blickten scheu auf das fremde Schiff. „Gibt mir keiner Antwort?" Plötzlich erweckte Meanda Freener den Eindruck einer wütenden Preisringerin. Sie drehte sich einmal um die eigene Achse, fixierte dann ein gut bekanntes Gesicht und griff sich den Mann. „Du da, Stickers Fink! Rede!"
Der dünne, kalkweiße Mann mit dem Kittel eines Medikers versuchte, sich loszureißen. Aber ohne Erfolg. Wer konnte schon Meandas eisernem Willen widerstehen? „Schon gut", sagte der Mann mit piepsiger Stimme, die zu seinem dünnen Körper paßte. „Also, es war nicht meine Schuld, Meanda ..."
„Das behauptet ja keiner", beruhigte ihn Buba. „Achte gar nicht auf das alte Fischweib und erzähle einfach.
Okay, Stickers?"
Buba fing drohende Blicke der alten Frau auf.
Derweil kam der Mediker einigermaßen zur Besinnung. „Also ... Es passierte, kurz nachdem ihr beiden verschwunden wart. Wir waren absolut machtlos und überrascht. Auf einmal kam aus der automatischen Ortung Alarm. Zuerst dachten wir ja, die Vielfraße wären ein paar Wochen zu früh aufgetaucht ... Vielleicht der Hunger, ihr versteht ..."
„Keine Scherze jetzt", drohte Meanda.
Inzwischen hatte sich um sie eine dichte Siedlertraube gebildet; alle erwarteten von ihr die Entscheidung, die der Sache ein Ende machte. „Gut, gut. Statt dessen kam ein Segmentschiff herunter. Über dem Hafen hat es sich in drei Teile gespalten. Sie haben nichts getan, nein, wirklich nicht. Einfach nur über Orphan-City gestanden und abgewartet, eineinhalb Stunden lang. Wir haben es mit Funk versucht, aber keine Antwort. Irgendwann sind zwei Teile abgeflogen, und das hier ist gelandet."
Nachdenklich fuhr sich Buba durch den weißen Bart. „Und dann? Wo sind die beiden anderen hin?" fragte er, obwohl er es sich zum Teil natürlich denken konnte. „Raus auf den Ozean. Sie könnten euch sogar ..."
Stickers Fink unterbrach sich und schlug die Hände vor den Mund. „Ja", sagte Meanda. „Sie sind uns begegnet, jedenfalls eins der Schiffe. Ich muß schon sagen, das sind verdammt ungehobelte Burschen. Bringen hier alles durcheinander und haben noch nicht mal den Anstand, sich vorzustellen."
„Meanda, was sollen wir jetzt bloß tun?" fragte Stickers ängstlich. „Was weiß ich?"
Der mutigste war der dünne Mediker wirklich nicht. Aber er war nicht als Kämpfer auf Orphan, sondern als Arzt. Und da, befand Buba Raspar, gab es an Stickers nichts auszusetzen. Meanda ging zu hart mit ihm um.
Schließlich hatten alle anderen genausowenig unternommen. „Am besten war’s ...", begann Meanda.
Bevor sie noch ausreden konnte, tat sich beim Schiff etwas.
Plötzlich stand das Hauptluk im untersten Ende des Eis offen. Durch die Öffnung drang gleißendhelles Licht.
Ein
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