1516 - Totenlichter
zu.
»Es geht in Ordnung. Hinz will die Fahndung sofort anlaufen lassen. Es werden bald einige Streifenwagen unterwegs sein und sich bei den Menschen hier erkundigen. Mehr können wir im Moment nicht tun.«
»Genau.« Die Furcht in meinem Innern blieb trotzdem bestehen.
Zugleich fragte ich mich, wem es gelungen sein konnte, die Jungen aus dem Haus zu locken. Und wie dieser Unmensch das geschafft hatte.
Leider wusste ich keine Antwort darauf, und genau das war so schlimm ander Sache…
***
Florian und Moritz hatten den hohen Bau der Kirche erreicht, die aus dunklen Backsteinen gebaut war. Zudem wuchsen in ihrer Nähe Bäume, sodass sie aussah, als stünde sie in einem kleinen Park.
Beide Jungen waren nicht nur Pfadfinder, sondern auch Messdiener. Sie kannten sich auf dem Gelände aus und wussten auch, wie sie am schnellsten zum Seiteneingang kamen.
Sie fuhren über einen schmalen Weg, und dabei fiel ihnen ein in der Nähe geparkter dunkler Mercedes mit einem Bamberger Kennzeichen auf. Als sie abstiegen und ihre Räder zwischen Buschwerk abstellten, fragte Moritz: »Hat der Pfarrer Besuch aus Bamberg bekommen?«
»Sieht wohl so aus.«
»Aber gesagt hat er dir davon nichts?«
»So ist es.«
»Komisch.«
»Egal. Kann ja auch der Bischof sein.«
Moritz runzelte die Stirn. »Und er hat dir wirklich nichts davon gesagt? Oder doch?«
»Nee, ich kann mich nicht erinnern.«
Bis zur Seitentür waren es nur ein paar Schritte. Sie gingen hin, konnten allerdings nicht durch die Fenster schauen, weil sie einfach zu hoch für sie lagen.
»Sollen wir klopfen?«, fragte Florian.
»Quatsch, der erwartet uns doch.«
»Ja, du hast recht.«
Sie kannten sich aus, und es war Moritz, der die Tür öffnete, wobei er behutsam den Kopf nach vorn streckte und erst mal durch den Spalt schaute.
»Siehst du was?«
»Nein.«
Florian tippte ihn an. »Dann geh rein. Kann sein, dass der Pfarrer gerade in der Kirche ist.«
»Okay, das ziehen wir durch.«
Florian schob sich in den Raum, der recht groß war und in dem es noch eine zweite Tür gab, durch die man direkt in die Kirche gelangen konnten. Sie sahen einen großen Schrank neben der Tür, einen Tisch mit sechs Stühlen, und in einem Regal standen Kerzen und auch der silberne Kessel, aus dessen Löchern der Weihrauch ins Freie trat, wenn er geschwenkt wurde.
Auch Florian hatte die Sakristei betreten und schloss jetzt die Tür hinter sich. Er schnüffelte, aber er bewegte nicht nur seine Nase, sondern auch den Mund.
»Das riecht hier wie die Kleidung des Mörders.«
»Klar, Weihrauch. Das gehört dazu. Ob du den nun magst oder nicht.«
»Jedenfalls nichts besonders.«
»Lass es sein, Florian, ich bin nur gespannt, wo Pfarrer Steidel etwas umräumen will.«
»Wenn er kommt.«
»Bestimmt.«
»Er hat es doch so eilig gemacht.«
»Kann sein, dass wir ihn überrascht haben. Wir sind ja sehr schnell gefahren.«
Das wollte Florian nicht akzeptieren. Er sprach seine Bedenken laut aus.
»Ob ich mal in der Kirche nachschaue? Vielleicht hat er dort noch zu tun.«
»Lass mal, der wird schon kommen.«
Als hätte Moritz in die Zukunft sehen können, wurde die Tür zur Kirche hin geöffnet. Nicht mit einem schnellen Ruck, sondern recht langsam, und ein Mann trat in die Sakristei.
Es war nicht der Pfarrer!
Beide Jungen, die ihre Gesichter der Tür zugewandt hatten, bekamen große Augen.
»Sie?«, flüsterte Florian.
Der Mann, der eine dunkle Hose und ein weißes Hemd trug, nickte nur.
»Aber wo ist der Pfarrer?«
»Welcher Pfarrer?«
»Der uns angerufen hat«, sagte Moritz.
Der Mann hob die Schultern. »Er ist dort, wo er hingehört.«
»Aber er wollte doch auf uns warten.«
»Kann sein.«
»Und jetzt?«
Der Mann grinste. Es war wirklich ein Grinsen und bestimmt kein Lächeln. Jetzt merkten auch die beiden Jungen, dass etwas nicht stimmte. Nur trauten sie sich nicht, etwas zu sagen.
Dafür sprach der Erwachsene. »Ich muss mich für die kleine Verspätung entschuldigen. Ich habe nur die Außentür zur Sakristei abgeschlossen.«
»Warum das denn?«, flüsterte Florian.
»Weil uns niemand stören soll.«
»Und was ist jetzt mit Pfarrer Steidel?«
»Gemach, Kinder, gemach. Ihr werdet ihn noch früh genug sehen. Setzt euch erst mal hin.«
»Warum?«, fragte Igel Müller.
»Setzt euch hin!«, schrie der Mann die Jungen an.
Die Stimme war so laut gewesen, dass die Freunde auf der Stelle gehorchten. Sie schlichen zum Tisch hin, neben dem die Stühle standen.
Zwei
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