152 - Prophet des Feuers
sich an den Stein gepreßt. Im Innern des Druiden-Tempels war es hell. In der Mitte brannte in einer großen Steinschale ein Feuer.
Coco erkannte die Gestalten sofort wieder - es waren Schulte und der Meister Banjar, die sich dort eingefunden hatten.
„Gib schon her", drängte Schulte.
Coco konnte nur seinen Rücken sehen, aber auch so war zu erkennen, daß Schulte einen schwächlichen Eindruck machte. Ihm gegenüber stand Banjar, hoch aufgerichtet, mit düster drohendem Blick. „Du hast hier nichts zu fordern", zischte Banjar.
„Ich brauche den Trank", drängte Schulte weiter.
„Das glaube ich gern", antwortete Banjar. Er nestelte in den Taschen seines Gewandes herum und förderte schließlich eine kleine Flasche zutage. Achtlos warf er sie zu Schulte hinüber. Der hatte alle Mühe, die Flasche mit seinen zitternden Händen aufzufangen. Er schaffte es und drehte sich herum. Jetzt konnte Coco sein Gesicht sehen - hager, eingefallen und mit braunen Flecken übersät. Die Augen lagen tief in den Höhlen.
Schulte zerrte mit den Zähnen den kleinen Korken aus dem Flaschenhals, dann setzte er die Flasche an die Lippen und trank den Inhalt mit einem Zug. Ein erleichtertes Seufzen war zu hören.
Coco spürte, wie sich ihr Körper verkrampfte. Eine Ausstrahlung von Schwarzer Magie wehte zu ihr herüber; ein Geruch nach Tod und Verwesung. Schultes Gesichtszüge änderten sich - die eingefallenen Wangen begannen sich zu füllen, die Flecken verschwanden, der Blick klärte sich.
Ein Verjüngungstrank, diagnostizierte Coco. Elixiere dieser Art hatte es schon vor Jahrhunderten gegeben, von Hexen und Zaubermeistern gesotten. Aber diese Tränke hatten solche Nachwirkungen und Nebeneffekte, daß die Alchimisten nach einiger Zeit stets ihre Finger von solchen Gebräuen gelassen hatten.
„Jetzt bist du an der Reihe", sagte Banjar knurrend. Er spähte durch eine Lücke zwischen den Steinen zum Himmel hinauf. „Es wird Zeit."
Schulte nickte. Er sah jetzt wieder so aus, wie Coco ihn am Morgen gesehen hatte.
Schulte ging zu einem Kasten hinüber, der mit schwarzem Samt beschlagen worden war. Magische Symbole waren darauf eingestickt. Coco kannte sie - sie gehörten zum geistigen Umfeld der Schwarzen Familie. Schulte öffnete und förderte einen Kelch zutage, geschnitten aus einem riesigen Gagat, einer schwarzen Abart des Bernsteins. Der Kelch war mit silbernen Einlegearbeiten verziert, auch sie stellten Symbole der Schwarzen Magie dar.
„Beeile dich", forderte Banjar.
Coco sah, daß der Meister am ganzen Leib zitterte. Das unsicher flackernde Licht des Feuers gab seinen Zügen einen dämonischen Anstrich.
Von irgendwoher kam das Heulen eines Wolfes.
Banjar begann sich zu verwandeln. Coco hatte den Vorgang schon einmal bei anderen erlebt - Banjar wurde zu einem Werwolf.
Sein Schädel verformte sich, die Kieferpartie wuchs nach vorn, die Eckzähne stiegen zu mächtigen Reißern empor. Dunkle Haare sprossen auf der Haut, der Schädel zog sich nach hinten in die Länge. Banjar hatte beide Hände ausgestreckt. Schulte hielt den schwarzen Pokal unter die Fingerspitzen des Mannes.
Banjar stieß ein tiefes, wuterfülltes Grollen aus. Seine Hände zogen sich in die Länge, die Nägel wuchsen zu Krallen.
Und dann sah Coco, wie aus den Spitzen dieser Pranken eine Flüssigkeit zu träufeln begann, in der Farbe frischen Blutes. Banjar öffnete den Rachen und verdrehte den Kopf. Er fauchte Schulte an. Coco preßte sich fest gegen die Wand. Ihre Rechte tastete nach der Waffe. Eine Kugel würde genügen, so hoffte sie, um das Leben dieser Kreatur zu beenden.
Aber noch wußte Coco nicht, wozu dieses Ritual diente. Ein fürchterlicher Gestank breitete sich aus, eine Aura aus Haß und Gewalt legte sich um den Druidentempel. Coco spürte, wie diese Ausstrahlung auch nach ihr griff. Ihre Rechte umklammerte den Griff des Revolvers so fest, daß die Knöchel weiß hervortraten. Alles in Coco schrie danach, die Waffe zu heben und zu feuern.
Sie beherrschte sich mit aller Kraft.
Banjars Verwandlung schritt immer weiter fort. Eine scheußliche Kreatur stand da mitten im Raum und schwitzte stinkendes, magisch aufgeladenes Blut aus. Coco sah, daß Schulte am ganzen Leib zitterte. Der Mann machte das nicht zum ersten Mal mit, vermutete Coco, aber auch er war von Angst und Schrecken erfüllt.
Aus dem Pokal, der trotz Schultes Griff heftig schwankte, stieg ein düsterroter Qualm auf. Coco sah, wie er herabsank auf Schultes Hände. Der Mann
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