1522 - Teuflische Gespielinnen
die eine Seite etwas gesehen, sondern auch die andere. Dann gab es vielleicht zwei Zeugen, um die ich mich kümmern musste.
Das würde ich später tun. Zunächst einmal verließ ich die Wohnung. Der Rücken schmerzte mir noch immer. Ein Beweis, dass ich mich nicht geirrt hatte und in dieser Wohnung einiges nicht mit rechten Dingen zugegangen war…
***
Auf der Straße und vor dem Haus war vieles anders geworden. Es gab die Ruhe nicht mehr, und die Laternen hatten Konkurrenz durch das Licht der Scheinwerfer bekommen, die aufgestellt worden waren, um die Szenerie für die Spurensicherung zu beleuchten.
Ich entdeckte Suko neben dem Chef der Spurensicherung. Beide standen etwas abseits. Als ich an der Mordstelle vorbeiging, sah ich die tote Alma Sorvino nicht mehr. Man hatte sie von den Spitzen geholt und in einen Sarg gelegt, der noch nicht geschlossen war. Ein Fotograf schoss Aufnahmen. Ich machte einen Bogen um die Kollegen, und ich sah auch die anderen Menschen, die aus den Fenstern schauten.
Manche standen in den offenen Haustüren ihrer Häuser.
Man hatte mich heraustreten sehen und wollte wissen, was dort drinnen geschehen war. Ich gab keinen Kommentar ab und ging auf die andere Straßenseite, um mich dort umzuschauen.
Das Haus direkt gegenüber hatte ebenfalls einen Vorgarten, allerdings ohne gefährliches Gitter. Ich musste drei breite Stufen hochsteigen, um die Haustür zu erreichen und mir das Klingelschild mit den Namen anzusehen.
Da es beleuchtet war, konnte ich meine Lampe stecken lassen. Ich las verschiedene Namen, aber ein Schild erregte meine Aufmerksamkeit.
Darauf waren zwei Frauennamen abgedruckt.
Sidney Viper und Blanche Junot. Ich kannte beide nicht, aber für mich stand fest, dass es die Frauen waren, die ich in der Wohnung gesehen hatte.
Ich unterdrückte den Impuls, meinen Finger auf den Klingelknopf zu legen, und überquerte die Straße erneut. Mir fiel das ältere Ehepaar auf, das jetzt seine Wohnung verlassen hatte und vor der Haustür stand.
Es war gut, dass ich die beiden fand. So konnte ich ihnen den Schlüssel zurückgeben.
Die Frau nahm ihn an sich und schaute mich forschend an. »Haben Sie etwas herausgefunden, Mister?«
»Leider nicht.«
»Schade. Mein Mann und ich denken nämlich, dass es ein Mord gewesen ist. Die arme Alma ist bestimmt nicht freiwillig in den Tod gesprungen, das steht fest.«
»Kann sein.«
Sie legte den Kopf schief. »Kann das nur sein, oder sind Sie sicher?«
»Nein, nicht sicher. Aber ich tendiere mehr zum Mord hin.«
»Dann war der Mörder in der Wohnung?«
»Das musste so gewesen sein.«
»Und Sie haben nichts gesehen?«
Ich wich der Antwort aus und stellte stattdessen eine Gegenfrage.
»Haben Sie denn etwas gesehen?«
Der Mann kicherte und strich durch sein dünnes, schlohweißes Haar.
»Wir sind zu alt und sind froh, wenn man uns in Ruhe lässt. Darauf können Sie sich verlassen.«
»Ja, das kann ich mir denken. Aber Sie interessieren sich doch für die Nachbarschaft?«
»Nur in Maßen, Mister.«
Seine Frau widersprach ihm. »Natürlich weiß man, welche Menschen hier wohnen. Man kennt sich seit langen, langen Jahren. Da bleibt nicht viel verborgen.«
»Auch nicht von denen, die gegenüber wohnen?«
»Weniger. Fragen Sie denn aus einem bestimmten Grund?« Die kleine Frau mit den glatten grauen Haaren war schon auf Zack.
»Ja. Ich war vorhin auf der anderen Straßenseite und habe mir angesehen, wer dort wohnt. Es hätte ja sein können, dass jemand gerade zum Zeitpunkt der Tat aus dem Fenster geschaut hat. Dann wäre er ein wichtiger Zeuge.«
»Oh, da geben wir Ihnen recht.«
»Ich habe gesehen, dass gegenüber in der zweiten Etage zwei Frauen wohnen. Sie heißen Viper und Junot mit Nachnamen. Wissen Sie mehr über die beiden?«
»Kaum.«
Der Mann kicherte. »Klar, ich habe sie mal nackt gesehen.«
»Schäm dich, du alter Bock!«
»Wieso, soll ich nach Kerlen schauen?«
Die Frau winkte ab. »Hören Sie nicht auf ihn, Mister. Ja, die beiden Frauen kennen wir. Sie leben noch nicht lange in der Wohnung. Vom Alter her sind sie unterschiedlich. Aber es sind nicht Mutter und Tochter, das mal vorweggenommen.«
»Und was spricht man so über sie?«
Sie winkte ab. »Nicht viel. Zumindest nichts Konkretes, wenn Sie das meinen. Ich weiß nur, dass sie keinen Kontakt zu irgendwelchen Menschen hier in der Straße pflegen, das ist alles.«
»Haben Sie schon mit ihnen gesprochen?«
»Nein, das haben wir nicht.«
»Okay.«
»Aber Sie
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