1522 - Teuflische Gespielinnen
dass sie nicht aus irgendeinem Material bestanden. Es waren Schattenfesseln. Dass sie so straff anlagen, konnte nur bedeuten, dass sie mit einer mächtigen magischen Kraft gefüllt waren.
Wer, zum Henker, besaß diese Macht? Es musste eine verdammt starke Höllenkreatur sein, die irgendwann einmal gefangen worden war, die man nun aber wieder freigelassen hatte.
»Und was hast du mit mir vor?«
»Du bist ein Feind! Du gehörst nicht zu meinen Freunden!«
»Hast du denn welche?«
»Ja, die mich befreit haben. Ich konnte mich bei ihnen melden, und dann haben sie genau getan, was ich wollte. Ich bin wieder da und werde die Menschen hier unter meine Knute zwingen, wie ich es schon früher getan habe.«
»Ach, du bist schon früher hier gewesen?«
»Aber sicher.«
»Hier in der Straße?«
»Nein, Verlorener. Ich war in einem anderen, in einem freien Land, wo man mich einen Dschinn genannt hatte.«
Suko ging zwar kein großes Licht auf, aber er wusste zumindest, womit er es zu tun hatte. Mit einem Dschinn, einem Geist, der in alten orientalischen Märchen oftmals in einer Flasche seine Gefangenschaft erlebte und darauf wartete, dass man ihn befreite.
Mal waren die Dschinns böse, mal waren sie gut. Dieser aber hatte sicherlich nicht in einer Flasche gesteckt, und es interessierte Suko natürlich, wo er seine Gefangenschaft verbracht hatte.
»Hat dich ein starker Zauber in eine Flasche verbannt?«
»Nein, man fing mich anders ein. Ich existierte in einem großen Spiegel weiter. Er war etwas Besonderes, das wussten auch die Männer, die ihn viele Jahre später mit in ein anderes Land nahmen, nämlich in dieses hier. Es gab Umwege, bis er hier in der Nähe seinen Platz gefunden hat.«
»Ja, ich sah durch das Fenster einen Spiegel in der Wohnung gegenüber.«
»Er war mein Gefängnis, und er ist der Ort, an den ich mich zurückziehen kann. Er dient mir als Versteck, aber ich kann ihn auch verlassen, wann immer ich will.«
»Wie schön für dich.«
»Aber weniger schön für dich. Du wirst sterben und den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben.«
»So wie die alte Frau hier?«
»Ja.«
»Aber sie war nicht deine Feindin.«
»Nicht wirklich, nur indirekt. Sie ist zu neugierig geworden. Sie schaute immer zu, wenn sich meine Freundinnen liebkosten. Sie sah auch den Spiegel im Zimmer stehen, und das alles wollte ich nicht. Meine Freundinnen und ich bilden eine Gemeinschaft, die ich nicht zerstört sehen will. Verstehst du das?«
»Nein, aber das muss ich auch nicht.«
»Gut.« Das Gesicht schräg über Suko zeigte ein bösartiges Grinsen, bevor er die Frage hörte: »Spürst du meinen Körper?«
»Sollte ich das?«
»Ja.«
»Es fesselt mich etwas.«
»Es ist das, was von meinem Dschinn Dasein zurückgeblieben ist, und ich habe nichts an Kraft verloren, denn die lange Zeit der Gefangenschaft ist spurlos an mir vorbeigegangen, und das ist einfach wunderbar.«
»Für dich schon.« Suko bewegte etwas seinen Kopf. »Ich könnte mir was Besseres vorstellen.«
»Das wirst du gleich haben. Du kannst dich auf deinen Tod freuen.«
»Und wie hast du dir das vorgestellt?«
»Es ist ganz einfach. Ich habe schon mal jemanden auf eine ähnliche Weise umgebracht. Nur bin ich der Person anders erschienen. Das Fenster ist noch offen, und es wird auch für dich der Weg in den Tod sein…«
***
Spaßig war das nicht. Suko sah auch keinen Grund, seine Lippen zu einem Grinsen zu verziehen. Er dachte nur daran, wie stark man ihn gefesselt hatte und dass es ihm unmöglich war, sich zu befreien. Selbst die Peitsche half ihm nicht mehr, und er würde es auch nicht schaffen, an seinen Stab heranzukommen, dem Erbe Buddhas.
Es sah alles in allem gesehen nicht gut für ihn aus, aber das zeigte er diesem verdammten Gesicht nicht. Es sollte nicht noch mehr Freude erleben.
Als Gefangener blieb Suko weiterhin starr liegen und wartete darauf, dass etwas passierte. Obwohl er sich innerlich darauf vorbereitet hatte, erwischte es ihn doch überraschend. Sein Körper bekam plötzlich einen Stoß. Zugleich wurde er umgedreht, und dann trieb es ihn voran.
Das Ziel war die offene Tür, hinter der das Zimmer lag, in dem auch Alma Sorvino den Anfang ihres Endes erlebt hatte. Die Fensterscheibe war nicht mehr vorhanden. Nur noch spitze, scharfkantige Reste ragen aus dem Rahmen. Dafür hatte Suko jedoch keinen Blick. Er lag weiterhin auf dem Boden, wurde aber nicht geschleift, sondern immer wieder um sich selbst gedreht, sodass er auf
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