1526 - Mirandas Schutzengel
aufgestoßen.
Neue Gäste betraten das Lokal.
Es waren drei Männer, und wer zu den Eingeweihten zählte, der wusste, wer diese Männer waren, der konnte nur blass werden…
***
Miranda war plötzlich verschwunden. Nur hatten wir nicht gesehen, wo das passiert war, und so fühlten wir uns recht unwohl.
»Hat sie das extra gemacht?«, fragte Suko.
»Keine Ahnung.«
»Aber sie wollte mit uns zusammenarbeiten.«
»Nun ja, das wird sie schon.«
»Aber sie ist nicht mehr da, verdammt.«
Ich holte tief Luft und merkte, dass auch ich anfing, mich darüber zu ärgern. Den Espresso hatte ich inzwischen serviert bekommen. Ich leerte die kleine Tasse zur Hälfte und stellte sie wieder zurück.
»Sollen wir sie suchen, John?«
»Eventuell später. Wenn wir jetzt durch das Lokal marschieren, würden wir auffallen. Es ist ja noch alles normal. Auch Bruno arbeitet und zeigt keine Veränderung.«
Draußen dunkelte es bereits ein. Wind war aufgekommen, der auch uns nicht verschonte. Er wehte über die Terrasse hinweg und spielte mit den Stoff dächern der Sonnenschirme, die in unserer Nähe standen.
Natürlich hatten wir uns auch über die Monster unterhalten, die Miranda zur Seite gestanden hatten. Wir waren beide zu der Ansicht gelangt, dass es sich bei ihnen um Freunde handelte. Der Begriff Schutzengel war mir zu weit hergeholt. Schutzengel waren für mich etwas Positives und nicht mit schleimigen Skeletten zu vergleichen, mit denen wir es hier zu tun hatten.
Wie ging es weiter? Woher kamen die Monster? Welcher Hölle waren sie entstiegen?
Ich hatte keine Ahnung. Bisher liefen die Dinge an mir und Suko vorbei.
Um uns herum war nichts anderes als die Normalität eines Abends im Restaurant. Es tauchten keine Monster auf und ebenfalls keine schießwütigen Mafiosi.
Aber vielleicht war es auch nur die berühmte Ruhe vor dem Sturm.
Unser Platz war insofern schlecht, dass die Fenster zur Vorderseite zu weit entfernt lagen. Es gelang uns von unserem Platz aus nicht, einen Blick nach draußen auf die Straße zu werfen.
Hinzu kam die Dämmerung, die alles verschwimmen ließ.
Das war also schon mal nichts. Und mein Espresso war auch kalt geworden.
Ich leerte die Tasse trotzdem, und als ich sie wieder absetzte, da hatte ich auch einen Entschluss gefasst. Ich wollte nicht mehr länger am Tisch sitzen bleiben.
»Lass uns gehen!«, sagte ich zu Suko.
»Wohin?«
»Nach vorn. Am besten wäre die Theke. Dort ist auch noch Platz, wie ich sehe.«
»Moment mal«, sagte Suko. »Sollen wir denn zusammen bleiben? Wäre es nicht besser, wenn wir uns trennen?«
»Keine schlechte Idee. Sollten sie tatsächlich erscheinen, könnten wir sie in die Zange nehmen.«
»Genau das habe ich damit andeuten wollen.«
Diskutiert worden war genug, und deshalb standen wir gemeinsam auf.
Wir verließen den Wintergarten und betraten das Lokal. Auch hier herrschte eine völlig normale und entspannte Atmosphäre. Die Menschen aßen, sie tranken, sie unterhielten sich. Vor der Tür hielten sich die wenigen Raucher auf.
»Dann halte ich mich mal im Hintergrund«, sagte Suko. »Neben der Garderobennische sieht man mich am wenigsten.«
»Okay.«
Wie ein Schatten war Suko plötzlich von meiner Seite verschwunden. Ich ging auf die Theke zu.
Die wenigen Schritte waren schnell zurückgelegt, und ich stellte mich dorthin, wo ich nicht störte. Es war dicht an einem der Seitenfester. Von diesem Punkt aus hatte ich einen guten Überblick.
Miranda war noch immer nicht zu sehen, und allmählich machte ich mir schon Sorgen um sie.
Bruno Zanussi half wieder mit. Er servierte zumeist die Getränke und sah mich auch an der Theke stehen.
»Was machen Sie denn hier?«
»Ich wollte mir mal einen anderen Überblick verschaffen.«
»Aha.« Er ging nicht näher darauf ein, sondern wollte wissen, wie ich mit seiner Nichte zurechtgekommen war.
»Wir haben uns gut verstanden. Man kann sagen, dass sie mitspielt.«
»Oh, das freut mich.«
»Meine ich auch.«
»Und weiter? Haben Sie Pläne geschmiedet, was diese - äh - Monster angeht?«
»Noch nicht. Wir werden alles auf uns zukommen lassen. Nur vermisse ich sie im Moment.«
»Wie?«
»Miranda ist nicht da. Haben Sie Ihre Nichte vielleicht gesehen? Oder wissen Sie, wohin sie gegangen ist?«
»Nein, aber vorhin habe ich sie noch gesehen. Das heißt, es ist schon etwas her. Muss ich mir jetzt Sorgen machen?«
»Das denke ich nicht, Mr Zanussi. Aber ich glaube, dass es nicht normal ist. Sie hat nämlich
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