1529 - Tochter, Mutter, Teufelssaat
geben. Sie starrte ihre Lehrerin zwar an, aber trotzdem schaute sie ins Leere, denn das Gesicht der Frau zog sich immer weiter zurück, bis Elisa erkannte, dass sie gegangen war.
Sie ging nicht. Durch ihre Eingeweide wühlte noch immer der Schmerz, der sich allerdings langsam zurückzog, sodass sie in der Lage war, wieder normal Luft zu holen.
Und sie stellte jetzt fest, wie aussichtslos ihre Lage war. Aus dieser Falle kam sie nicht mehr weg. Camilla war einfach zu stark für sie, und so würde sie sich damit abfinden müssen, dass der Teufel auf sie wartete, in welch einer Gestalt auch immer.
»Jetzt hat man dich aufgeklärt wie es laufen wird, meine liebe Tochter. Klar?«
»Ich hasse dich!«
»Ha, ha, das kannst du, aber es wird nichts an deinem Schicksal ändern. Finde dich damit ab.«
»Ich werde es nicht.«
»Ohhh…«, das Bedauern klang unecht. »Willst du damit sagen, dass du stärker als der Teufel bist?«
»Ich werde mich ihm nicht hingeben.«
»Und davon bist du überzeugt?«
»Sonst hätte ich es nicht gesagt.«
Camilla winkte ab. »Du hast keine Chance, Tochter. Es ist deine Bestimmung. Nur deshalb habe ich dich geboren, damit es nun zu einem Finale zu kommt.«
Sie schwieg. Es hatte keinen Sinn mehr, dagegen anzugehen. Die Trümpfe lagen in der Hand ihrer Mutter. Aber Elisa wollte nicht aufgeben, sie wollte kämpfen. Sie hatte es in der Schule immer vermieden, sich zu schlagen. Diesmal sah sie keine andere Möglichkeit, und sie bemerkte auch, dass sich ihre Mutter aus dem Raum zurückzog und im kleinen Flur verschwand.
Elisa wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Oder wollte man ihr eine Chance zur Flucht geben?
Es gab noch eine zweite Tür. Sie führte in den Laden. Und dort konnte sie zur Eingangstür laufen. Auch wenn sie verschlossen war, sah sie ihre Chance dort besser, denn da gab es genügend Gegenstände, um eines der Fenster einzuschlagen.
Elisa dachte nicht länger nach. Sie wollte und musste handeln, und sie drehte sich rasch um, bevor es sich ihre Mutter anders überlegte und wieder erschien.
Die Hand hielt Elisa bereits ausgestreckt, um die Klinke zu greifen. Da vernahm sie in ihrem Rücken die scharfe Stimme.
»He, Elisa, dreh dich um!«
»Nein!« Sie riss die Tür auf.
Dabei sah sie nicht, dass ihre Mutter bereits das Blasrohr an die Lippen gedrückt hatte.
Zwei Sekunden später war der kleine Pfeil unterwegs, und er traf Elisa in den Nacken.
Das Gift wirkte schlagartig. Zwar lag die Hand der Schülerin bereits auf der Klinke, nur schaffte sie es nicht mehr, die Tür zu öffnen. Die Beine versagten. Sie hatte das Gefühl, keine mehr zu haben und sank auf der Stelle in sich zusammen, wobei sie noch mit den Händen am Türrahmen entlang glitt, was ihr auch keinen Vorteil mehr brachte.
Camilla aber war zufrieden, als sie sich ihrer Tochter näherte. »Genau so habe ich dich haben wollen, mein Täubchen…«
***
Die Schülerin lag auf dem Boden. Und sie war so gefallen, dass sie eine leicht verrenkte Haltung eingenommen hatte. Sie war zwar ausgeschaltete worden, aber sie war nicht bewusstlos, nur eben außer Gefecht gesetzt. Bei John Sinclair war es anders gewesen.
Sie bekam alles mit.
So hörte sie das leise Summen ihrer verfluchten Mutter. Sie vernahm auch das Auftreten ihrer Füße auf den Holzbohlen. Sie hörte, dass Camilla mit sich selbst sprach und sie merkte, dass sie sich mit irgendetwas beschäftigte.
Es fand im Rücken des jungen Mädchens statt, und so wusste Elisa nicht, was da genau passierte. Sie ging davon aus, dass es sich dabei um etwas handelte, das auch sie anging. Da wurden bestimmt Vorbereitungen getroffen.
Keine Schmerzen. Kein dicker Kopf. Sie konnte normal ein-und wieder ausatmen. Nur im Nacken spürte sie die Druckstelle, dort war sie von diesem Pfeil erwischt worden.
Er steckte noch immer im Fleisch. Da ihre Mutter beschäftigt war, wollte Elisa ihn aus der Haut ziehen - und musste feststellen, dass sich der rechte Arm nicht bewegen ließ.
Der Schreck fuhr ihr wie ein Feuerstoß durch die Glieder.
Sie versuchte es mit dem linken Arm.
Auch ihn bekam sie nicht hoch.
Der nächste Versuch galt dem Kopf.
Nichts zu machen.
Überhaupt nichts, und so musste sie sich eingestehen, dass sie das verfluchte Pfeilgift zur Bewegungslosigkeit verdammt hatte. Sie war in ihrer liegenden Position gefangen und würde sich aus eigener Kraft nicht befreien können.
Dieses Wissen bedeutete für sie einen nächsten Schreck, der sie wieder als heiße
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