1529 - Tochter, Mutter, Teufelssaat
Welle erwischte. Mit dem Schreck kam die Angst. Man hatte sie in eine Starre versetzt, aus der sie sich nicht allein befreien konnte.
Genau das hatte ihre Mutter gewollt. Camilla war die Siegerin, sie das Opfer. Jetzt konnte dieses verfluchte Weibstück mit ihr machen, was sie wollte.
Camilla ging nicht mehr hin und her. Sie war an einer bestimmten Stelle stehen geblieben. Elisa sah sie nicht, weil sie ihren Kopf nicht bewegen konnte.
Aber sie hörte einen dumpfen Aufprall, als wäre etwas Schweres auf den Holzboden gefallen.
Danach war es etwas ruhiger, abgesehen von einem pfeifenden Atem und dem Geräusch leiser Schritte, die sich der Schülerin näherten.
Neben Elisa blieb die Frau stehen. Sie senkte ihren Kopf, was Elisa mitbekam, denn sie sah einen schwachen Schattenumriss auf dem Boden.
Einen Moment danach spürte sie das Zupfen an ihrem Hals. Dort wurde der kleine Pfeil aus der Haut gezogen, aber besser ging es Elisa trotzdem nicht, denn die Wirkung des Giftes ließ um keinen Deut nach.
»Dass du immer so unartig sein musst, meine Kleine. Das finde ich gar nicht gut.«
Gelähmt war Elisa, aber sprechen konnte sie. »Was hast du mit mir gemacht?«
»Ich wollte dich nur ruhig stellen. Freiwillig hast du nicht mitgespielt.«
»Und was passiert jetzt?«
»Bereiten wir die besondere Trauung vor. Du, ich und der Teufel. Du wirst es erleben, denn dieses Ritual ist einmalig. Es ist auch für mich neu, und ich freue mich darüber, es auch an dir anwenden zu können. Das lass dir gesagt sein.«
Elisa fand keine Worte mehr. Sie musste sich ganz und gar ihrer so genannten Mutter hingeben. Sie war ihr auf Gedeih und Verderben ausgeliefert. Das brachte sie fast um den Verstand. Sie hätte schreien können und schluckte die Angst doch herunter.
Die knochige Gestalt der Mutter kniete jetzt neben ihr. Sie grinste der Schülerin ins Gesicht, und Elisa stellte sich vor, von einem Skelett angegrinst zu werden.
»Was hast du mit mir vor?«
»Oh, das wirst du gleich sehen.«
Elisa kam nicht mehr dazu, eine weitere Frage zustellen, denn zwei knochige Hände gruben sich in ihre Achselhöhlen und mit dem nächsten Ruck wurde der Körper angehoben.
Das ging so glatt, dass sich Elisa wunderte, als man sie mit den Füßen über den Boden schleifte und das einem bestimmten Ziel zu, das leider nicht die Tür war.
Sie blieben in diesem Zimmer und hielten ungefähr in dessen Mitte an.
Dort hatte sich etwas verändert. Elisa erinnerte sich daran, einen Fall gehört zu haben. Nun erkannte sie den Grund. Camilla hatte eine Falltür in die Höhe gezogen. Es war der Zugang zum Keller, und es war ein ganz besonderer, denn dort unten war es nicht dunkel. Es brannte ein Flackerlicht, dessen Schein auch den Rand der Öffnung erreichte.
»Ich soll in den Keller?«
»Ja, und nicht nur du. Ich werde dich in meinen Tempel begleiten, Tochter.«
»Was für einen Tempel?«
»Es ist so etwas wie meine Kirche. Nur habe ich sie dem Herrscher der Hölle geweiht, und es ist zugleich der Ort, an dem unsere Hochzeit stattfinden wird.«
»Nein, das kann ich nicht…«
»Du wirst alles können, Töchterchen. Du hast nur dafür gelebt, dass du es kannst.« Nach diesen Worten wurde die Schülerin gedreht, sodass sie von der anderen Seite her in die Öffnung hineinschauen konnte.
Wenn es so etwas wie eine Beruhigung für sie gab, dann sah sie diese jetzt, denn sie hatte befürchtet, kurzerhand in die Tiefe geworfen zu werden, doch das war nicht der Fall, denn sie sah eine Rutsche, über die sie gleiten würde.
Das beruhigte sie etwas. Sie musste nur noch entsprechend gedreht werden, und dann ging es abwärts.
Nicht mit dem Kopf, sondern mit den Füßen voran rutschte sie über das glatte Holz in den Keller hinein, prallte dann auf einen harten Steinboden und prellte sich die Ellenbogen, da sie ihre Arme angezogen hatte.
Sofort erlebte sie eine andere Wärme. Dafür sorgte das Feuer, das in einem offenen Kamin brannte, der das Aussehen einer Bogentür besaß.
Es war auch kein normales Feuer, das hatte sie längst gespürt, denn es gab nur eine schwache Wärme ab. Von einer Hitze konnte man schon gar nicht sprechen. Als wären die Flammen von ihrer Wärmekraft her bewusst reduziert worden, um sie für einen anderen Zweck zu gebrauchen.
Elisa lag so - ob Zufall oder nicht -, dass sie schräg gegen den Kamin und das Feuer schaute. Sie sah die Unruhe der Flammenzungen, die unberechenbar in alle Richtungen zuckten, aber es gab keine Geräusche
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