1538 - Teufelspilger
schlug ihr meine rechte Hand auf die Schulter. Ich hielt hart fest und schleuderte sie herum.
Sie schrie, sie schlug nach mir, und ich sah, dass sie verdammt lange Fingernägel hatte, von denen ich nicht unbedingt getroffen werden wollte. Deshalb schnappte ich mir ihren rechten Arm, drehte ihn herum und nahm sie in den Polizeigriff.
Sie schrie wütend auf, beugte sich nach vorn und spuckte dabei Gift und Galle.
Ich wartete ab, bis sie sich verschluckt hatte und griff erst dann ein.
»Du kannst nicht gewinnen, Laura. Du kannst deine Lage nur verbessern, wenn du mitmachst.«
Das wollte sie nicht und wehrte sich jetzt auf eine andere Art, denn sie trampelte wie eine Furie auf der Stelle, was mich nicht von meinem Plan abbrachte, denn ich hatte mittlerweile mein Kreuz hervorgeholt und hielt es in der linken Hand.
Plötzlich war Laura ruhig. Ich hatte nichts dazu beigetragen. Möglicherweise war es die Nähe des Kreuzes. Sie hatte es geahnt und spürte so etwas wie eine Strahlung.
Ich sprach sie indirekt darauf an und sagte: »Ja, ich halte es in der Hand, und ich werde es dir zeigen!«
»Neiiinnn!«, kreischte sie.
»Doch.« Ich hatte vor, Laura herumzuziehen. Den Vorsatz musste ich zunächst hintanstellen, denn hinter mir hörte ich eine Stimme.
»Was ist denn hier los?«, fragte Suko.
Ich drehte den Kopf und sah Suko herankommen.
»Ich glaube, dass uns Laura helfen kann, den Fall zu lösen. Sie hat einen besonderen Draht zur Hölle und mag sie.«
»Und weiter?«
»Sie hasst Kreuze.«
»Aha.«
»Nimm es weg! Nimm es weg!« kreischte sie. »Ich will es nicht sehen! Ich will es auch nicht spüren!« Die hohen Kreischgeräusche sackten ab, und sie fing an zu betteln. »Es tut mir so weh«, jammerte sie. »Bitte, ich kann es nicht ertragen…«
Suko warf mir einen fragenden Blick zu, und er sah, dass ich den Kopf schüttelte. Den Weg, den ich einmal eingeschritten hatte, den würde ich auch zu Ende gehen.
»Pass auf!«, sagte ich nur.
Im nächsten Moment ließ ich die Frau los und stieß sie in Sukos Richtung.
Mein Freund hatte sich darauf einstellen können. Er wusste genau, was zu tun war. Bevor sich Laura wegdrehen konnte, griff er zu und hielt sie eisern fest. Die Hände hatte er um ihre Schultern gelegt, wo sie wie Schraubstöcke wirkten.
Jetzt starrte sie mich an, und ich sah die Angst in ihren Augen. Da war nichts gespielt. Es tat mir schon ein wenig leid, sie mit meinem Talisman zu konfrontieren, aber ich wollte die Fronten geklärt wissen. Noch stand nicht hundertprozentig fest, ob sie noch ein Mensch war oder schon zu den Dämonen gehörte.
Wie festgewachsen stand sie vor Suko, starrte nach vorn und direkt auf das Kreuz!
Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. Innerhalb weniger Sekunden sah sie völlig anders aus. Der Mund war zu einem offenen Schlund geworden. Die Haut nahm die Farbe ihrer Haare an, und so etwas konnte man nicht spielen.
Mein Kreuz hatte sich nicht mal erwärmt, es gab also keine dämonische Kraft in der unmittelbaren Nähe, aber wie Laura reagierte, das war nicht mehr menschlich.
Sie atmete nicht mehr normal. Sie hielt die Luft an, und aus ihrer Kehle drangen Laute, die sich keuchend und zugleich krächzend anhörten. Sie stand noch auf ihren eigenen Füßen, aber sie konnte nicht mehr die Kraft aufbringen, die nötig war, um sich auf den Beinen zu halten. In Sukos Griff sackte sie zusammen.
»Nimm das Kreuz weg, John!«
»Schon klar.« Ich ließ es in meiner Tasche verschwinden.
Suko hatte Laura nicht zu Boden sinken lassen. Sie hing in seinem Griff, hatte den Kopf schräg gelegt und jammerte vor sich hin. Nach einigen Sekunden hörten wir klarer. Es war nicht nur ein Jammern, sie sprach zwischendurch auch Worte, und wir verstanden die beiden Begriffe Hölle und Pilger.
»Hast du das verstanden, John?«
»Ja.«
»Was meint sie damit?«
Es war schwer, auf Sukos Frage eine Antwort zu geben. Der Begriff Pilger war schon ein wenig extrem. Besonders wenn man ihn im Kontext mit der Hölle sah.
»Ich habe keine Ahnung, Suko, aber sie wird es uns sagen. Das muss sie einfach.«
Da ich das Kreuz nicht mehr offen hielt, hatte Laura die Chance erhalten, sich wieder zu erholen. Den Anfang machte sie, indem sie den Kopf anhob und den Blick auf mich richtete.
In den Augen sah ich einen verschwommenen Ausdruck, und ich wollte die Chance nutzen.
»Wohin wolltet ihr Matt Lintock bringen?«
»Zu unserem Kloster.«
»Und warum?«
»Er hat etwas gesehen, das er nicht sehen
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