154 - Schloß der tausend Schrecken
Mund…! Wie entsetzlich. Angewidert wollte der Fabrikant die Duschkabine verlassen, da kam auf einmal wieder Wasser aus der Brause. Lockridge reinigte sich so gründlich wie möglich. Die ganze verdammte rote Farbe verschwand im Abfluß.
Sobald Lockridge den Schrecken überwunden hatte, wußte er, daß es lediglich Farbe gewesen war, mit der man ihm diesen makabren Streich gespielt hatte.
Grinsend drehte er das klare Wasser ab und schüttelte den Kopf.
Es ist verrückt, dachte er. Obwohl ich weiß, wo ich mich befinde und worauf ich mich eingelassen habe, falle ich doch immer wieder auf die Tricks herein. Die machen das wirklich gut. Das Grauen schlägt immer dann zu, wenn man am wenigsten damit rechnet.
Er wischte mit dem Handtuch über den beschlagenen Spiegel und betrachtete sein Gesicht. Er war noch ein bißchen blaß. Man hatte ihn voll erwischt, das mußte er zugeben, denn er ekelte sich mehr als andere Menschen vor Blut. In jungen Jahren war er sogar einmal ohnmächtig geworden, als er einen verunglückten Motorradfahrer in einer großen Blutlache auf der Straße liegen sah.
Lockridge rubbelte sein schütteres Haar trocken, kämmte es und verließ anschließend das Bad. »Du, Eva-Maria, weißt du, was mir vorhin passiert ist?«
Er stutzte.
»Eva-Maria?«
Sie antwortete nicht, lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett, und der Griff eines Dolchs ragte aus ihrem Rücken.
»Eva-Maria!« schrie der Fabrikant verstört.
***
Erica Briggs klemmte sich hübsche Clips an die Ohrläppchen.
Dennis hatte sie ihr geschenkt, und sie hoffte, ihm eine Freude zu machen, wenn sie sie trug. Sie hatte einen kornblumenblauen Hosenanzug an und trug eine schimmernde Perlenkette um den Hals.
Dennis war sehr still. Er schien irgendwelchen Gedanken nachzuhängen. Erica fragte sich, was ihm Sorgen machte. Etwa der Umstand, daß niemand wußte, wo sich Lauren Majors befand?
Ihr Verschwinden gehörte bestimmt mit zu diesem ausgeklügelten Gruselspiel. Wahrscheinlich saß sie bei Flash Shawnessy und ließ es sich gutgehen, während sich die anderen Gäste den Kopf darüber zerbrachen, wo sie wohl stecken mochte.
Erica glaubte, sich schon ein wenig auf den ganzen Spuk eingestellt zu haben. Sie reagierte nicht mehr gleich auf alles mit blanker Hysterie, sondern versuchte den Trick dahinter zu entdecken.
Vorhin, als sie allein auf dem Flur gewesen war, hatte eine schaurige Geisterstimme ihren Namen geflüstert. Zuerst waren ihr Termiten mit eiskalten Beinen über die Wirbelsäule gekrabbelt, aber dann hatte sie versucht, den Lautsprecher zu finden, aus dem die Stimme kam.
Bevor sie ihn ausforschen konnte, verstummte die unheimliche Stimme. Nie hätte Erica gedacht, daß sie sich an diese gruselige Atmosphäre gewöhnen könnte, aber der Mensch hat nicht die Energie, rund um die Uhr Angst zu haben, deshalb fängt er allmählich an, abzustumpfen.
Das Mädchen betrachtete seinen Freund durch den Spiegel.
»Dennis?«
»Hm?«
»Woran denkst du?«
»An nichts Besonderes. Mir gehen alle möglichen Dinge durch den Kopf.«
»Vielleicht sollten wir darüber reden.«
»Ist nicht so wichtig«, sagte Dennis und machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Ich bin gespannt, wann Lauren wieder auftaucht«, sagte Erica.
Der Ruck, der durch Dennis’ Körper fuhr, entging ihr nicht. War etwas zwischen ihm und Lauren Majors?
Wir Frauen haben eine empfindliche Antenne für Dinge, die nicht in Ordnung sind! dachte Erica. Dennis, ich hoffe für uns beide, daß du mir nicht untreu geworden bist.
»Was wird sie uns wohl erzählen, wenn sie wieder bei uns ist?«
fragte Erica.
»Keine Ahnung«, brummte Dennis. »Wir hätten die Suche nicht so schnell abbrechen sollen. Sie hat immerhin ganz schrecklich geschrien.«
»Muß ich dich wirklich darauf aufmerksam machen, wo wir uns befinden?« sagte Erica. »Es war deine Idee, diese Horror-Holidays zu buchen. Dieser Schrei, der uns allen unter die Haut ging, gehörte zum allgemeinen Spuk. Ich bin ziemlich sicher, daß es nicht Lauren war, die wir schreien hörten.«
Dennis faßte den Entschluß, Lauren allein zu suchen. Heimlich, wenn die anderen schliefen. Er würde erst Ruhe haben, wenn er sie gefunden hatte.
***
Terence Lockridge stand wie vom Donner gerührt da. Seine Frau war ermordet worden, während er unter der Dusche stand.
Das dürfen sie doch nicht! schrie es in ihm. Er faßte sich ans Herz, das wie rasend hämmerte, und wankte. Mord! Das ist Wahnsinn! Wie konnten sie nur soweit
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