1545 - Vampirtränen
Kaffee anzubieten, denn was sie mir zu berichten hatte, war wirklich kaum zu fassen. Sie war auch sehr genau und ließ keine Einzelheit aus. Als sie von den Vampirtränen berichtete, konnte ich nur den Kopf schütteln, ließ die Detektivin aber weitersprechen.
»Jetzt bist du informiert, und ich frage dich noch mal, wie du zu dem Trip nach Stoneway stehst?«
»Schwer zu sagen.«
»Wir müssen hin, John!«
»Ja, ich denke, du hast recht. Hast du denn schon herausgefunden, wo der Ort überhaupt liegt?«
»In East Sussex.«
»Das ist nicht sehr weit.«
Sie nickte. »Da wir ein sonniges Wetter zu erwarten haben, kann es doch ein netter Trip werden.«
»Zumindest bis zum Einbruch der Dunkelheit.«
»Das versteht sich.«
»Bist du dir denn sicher, dass wir diese Clara dort finden werden und sie dir nicht irgendwas erzählt hat?«
»Es klang verdammt ehrlich.«
Ich nickte. »Dann sollten wir es versuchen.« Meine nächste Frage zielte in eine andere Richtung. »Wir allein oder will Justine Cavallo auch mit?«
»Nein, wir sind allein. Ich denke, dass sie kein Interesse an dem Fall hat.«
»Warum nicht«
»Ruf sie an und frage sie.«
»Nein, nein, ich will keine schlafenden Hunde wecken. Das ziehen wir auch allein durch. Suko wird ebenfalls nicht mitkommen. Er muss mit Shao durch die Geschäfte pilgern.«
Jane lächelte mich an. »Da hast du es besser - oder?«
Ich lächelte nicht zurück und erwiderte: »Das wollen wir erst mal abwarten.«
***
Donald Hurley verzog sein Gesicht. Aber nicht, weil der Kaffee zu heiß war, den ihm seine Schwester gekocht hatte, was sie oft tat, nachdem seine Frau gestorben war. Er zuckte deshalb zusammen, weil ihn das Geräusch der Türklingel störte, denn das hatte er beim Frühstück nicht so gern.
Er trank weiter.
Manchmal war es besser, wenn man gewisse Dinge ignorierte oder sie einfach aussaß. Wer nur aus Spaß geklingelt hatte, der konnte ihn mal kreuzweise.
Aber der Besucher war hartnäckig.
Als die Klingel zum dritten Mal anschlug, stand Hurley auf und ging langsam zur Tür. Er passierte dabei den alten Spiegel, in dem er einen Mann sah, der eine Halbglatze hatte und auf dessen Wangen und um das Kinn herum ein Drei-Tage-Bart wie ein grauer Igel wuchs.
Er zog die Tür auf.
»Ach, du bist ja doch da.«
Hurley schloss die Augen, als er die Stimme hörte. Er wusste, dass er sich nicht geirrt hatte, aber er hätte es gern, denn diese Person gehörte nicht eben zu seinen Freunden.
Es war die alte Sarah Redgrave, die so alt noch nicht war, aber immer schon alt ausgesehen hatte. Es konnte auch daran liegen, dass sie bisher noch keinen Mann gehabt hatte und darauf auch noch stolz war.
»Was willst du?«
»Ich muss mit dir reden, Hurley.«
»Ich aber nicht.«
»Es ist wichtig!«
Er schaute in das Gesicht mit der knochigen krummen Nase und den großen Vogeläugen. »Ich bin beim Frühstück.«
»Das ist mir egal.«
»Mit aber nicht.«
Die Redgrave ließ nicht locker, und sie wusste genau, wie sie Hurley packen konnte.
»Du bist doch mal Polizist gewesen. Oder hast du das vergessen?«
»Das war in einem anderen Leben und nicht hier.«
»Es liegt erst zwei Jahre zurück. Da hat man dich in Pension geschickt. Seitdem hängst du hier herum. Und es wurde noch schlimmer, als deine Frau gestorben ist.«
Hurley hielt noch immer die Türklinke umklammert. Jetzt stieg ihm doch die Röte in den Kopf.
»Bist du gekommen, um mir das zu sagen, du alte Hexe?«
Die Frau lachte nur, und das Lachen hörte sich sogar hexenhaft an.
»Nein erklärte sie dann. Deshalb bin ich nicht gekommen.«
»Warum dann?«
»Weil ich dir etwas zeigen muss.«
»Und wo?«
»Im Pub.«
Der Mann überlegte. Er konnte die Tür schließen und sich um nichts kümmern. Aber die alte Redgrave hatte ihn an einer empfindlichen Stelle erwischt. Es stimmte. Er war Polizist gewesen. Allerdings in der Stadt, und auch wenn er aus Altersgründen ausgeschieden war, etwas von dem alten Pflichtbewusstsein steckte noch immer in ihm, und deshalb nickte er der Besucherin auch zu und sagte: »Ich ziehe mir nur noch etwas über. Warte hier so lange.«
»Es ist kalt«, beschwerte sich Sarah.
»Dafür kann ich nichts«, erwiderte er und schloss die Tür von innen.
Hurley verdrehte die Augen, als er durch den schmalen Flur ging und seine Schuhe aus einer Nische holte. Anschließend zog er noch den Pullover über und dann die dicke Wolljacke. In der Tasche steckte sein Türschlüssel.
Sarah Redgrave wartete
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