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1549 - Der steinerne Engel

1549 - Der steinerne Engel

Titel: 1549 - Der steinerne Engel
Autoren: Jason Dark
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dass der Alte sie schluckte.
    »Das glaube ich nicht.«
    »Was glauben Sie dann?«
    Sein Mund zeigte an hartes Grinsen. »Das Sie besser verschwinden sollten. So schnell wie möglich.«
    »Später. Ich will…«
    »Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist.«
    Jetzt kamen wir den Dingen schon näher. Ich tat so, als ob mir alles fremd wäre.
    »Bitte, wollen Sie mich töten?«
    »Nein, ich nicht.«
    »Wer dann?«
    Der Schäfer blickte mich an. Ich sah in seinen Augen keine Spur von Freundlichkeit oder Entgegenkommen. Darin stand die reine Abwehr zu lesen, und sein nächster Satz passte auch dazu.
    »Hauen Sie ab, wer immer Sie sind! Verschwinden Sie!« Er knallte mir das Fenster vor der Nase zu.
    Da stand ich wie ein begossener Pudel und schaute noch zu, wie der Mann die Vorhänge von innen zuzog. Ich konnte ihm die Reaktion nicht verdenken, denn diese einsamen Bergbewohner waren Fremden sicher immer schon misstrauisch gegenübergetreten.
    Aber die Reaktion hatte mich auch gelehrt, dass hier etwas nicht stimmte. Es konnte auch sein, dass die Reaktion des Mannes von der Angst geleitet würde, denn wer immer in diesem engen Tal lebte, er musste die Geschichte des Todesengels kennen.
    Mit dem Schäfer war nicht mehr zu reden.
    Ich wandte mich ab und hörte auch weiterhin die Tiere in dem Stall nebenan blöken. Die Töne glichen schon mehr einem Schreien, was nicht eben zu meiner Beruhigung beitrug.
    Ich hätte schon längst im Ort sein können und machte mich jetzt auf den Weg. Das Blöken der Schafe blieb hinter mir zurück. Es war bald völlig verstummt, und so umgab mich die Stille dieses engen Tals, die ich als nicht natürlich ansah.
    Sie passte mir nicht. Wenn es eine gefährliche Stille gab, dann erlebte ich sie hier. Es war nicht richtig hell und auch nicht richtig dunkel.
    Irgendwo dazwischen lag dieses seltsame Licht, das immer mehr in Schatten versickerte, je tiefer es ins Tal fiel.
    So etwas war ideal für den Todesengel. Hier konnte er seine grauenvollen Taten voll ausleben.
    Ich ging als einsamer Wanderer weiter und behielt den Blick auf die wenigen Lichter im Ort gerichtet, dessen Namen ich noch immer nicht kannte.
    Einige Lichter bewegten sich, und es war möglich, dass sie von irgendwelchen Laternen stammten, die von Menschen gehalten wurden, die das Dorf verlassen hatten. Der Gedanke an einen Suchtrupp schoss mir durch den Kopf.
    Im nächsten Moment fiel mir eine Bank auf.
    Sie stand rechts von mir und wie vergessen inmitten des Geländes. Es war eine Bank aus Stein mit einer schrägen Rückenlehne, und ich wäre an ihr vorbeigelaufen, wenn mir nicht ein paar Meter davon entfernt etwas aufgefallen wäre.
    Ich erkannte nicht genau, was es war, deshalb ging ich näher heran, um es mir aus der Nähe anzuschauen.
    Schon nach wenigen Schritten sah ich, was dort etwa drei Meter vor der Bank lag. Es war ein Mensch, ein Mann. Und ich sah einen Gehstock, der auf seinem Körper lag.
    Für einen Moment blieb ich stehen. Die Frage, ob der Mann tot war oder nur schlief, stellte sich mir automatisch.
    Wenig später wusste ich Bescheid. Da stand ich neben ihm und schaute auf ihn nieder.
    Der Kopf war auf eine unnatürliche Weise zur Seite gedreht. Aber nicht, weil sich der Mensch so hingelegt hatte. Daran trug ein anderer die Schuld, sein Mörder nämlich.
    Der hatte ihm das Genick gebrochen!
    ***
    Wieder mal überkam mich das Gefühl, die Welt um mich herum wäre eingefroren. Ich hielt für ein paar Sekunden den Atem an und lauschte den pfeifenden Atemzügen, die meinen Mund verließen. Hinter meiner Stirn wirbelten die Gedanken in einem wirren Durcheinander.
    Noch hatte ich keinen Beweis, doch für mich kam nur eine Person als Täter infrage.
    Der Todesengel!
    Und jetzt wusste ich auch, dass Raniel mich nicht grundlos hergeschickt hatte.
    Eine bestürzende Erkenntnis, der ich nicht ausweichen konnte.
    Unwillkürlich schaute ich mich um und ließ meinen Blick auch über den kalten Himmel mit seinen dünnen Wolkenfetzen gleiten. Da war nichts zu sehen. Es gab keinerlei Bewegung, was jedoch nicht besagte, dass der Mörder verschwunden war. Die Dunkelheit bot zahlreiche Verstecke, aus denen er mich hätte beobachten können, und ich musste zunächst mal darüber nachdenken, wie es weiterging.
    Sollte ich den Mann hier auf der Bank lassen oder ihn mit ins Dorf nehmen? Ich ging davon aus, dass es sich bei ihm um einen Einwohner handelte.
    Der Gedanke brachte mich dazu, den Kopf in eine andere Richtung zu drehen und zur Ortschaft zu
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