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1549 - Der steinerne Engel

1549 - Der steinerne Engel

Titel: 1549 - Der steinerne Engel
Autoren: Jason Dark
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sind. Das steht fest.«
    Luc Domain ging vor. Es war die Küchentür, die er öffnete. Das Zimmer dahinter war recht geräumig. Um einen Tisch stand eine Eckbank, die zwei Seiten umschloss. An der Wand sah ich ein schlichtes Holzkreuz.
    Die Frau saß auf einem Stuhl, während wir uns die Eckbank teilten.
    Ich wurde ihr vorgestellt. Sie gab zu meiner Person keinen Kommentar ab und schaute mich nur aus ihren feuchten Augen an.
    Luc kannte sie besser. Er strich über ihre auf dem Tisch liegenden gefalteten Hände. »Du weißt ja, wie grausam es ist, Maria. Aber wir müssen jetzt nach vorn schauen.«
    Sie nickte.
    »Bitte, es geschieht alle fünfundzwanzig Jahre, wie ich erfahren habe. Aber was steckt tatsächlich hinter dem Erscheinen des Todesengels? Kannst du uns mehr darüber sagen?«
    Sie überlegte und sagte dann mit leiser Stimme: »Da bin ich leider überfragt. Wir haben zwar über das Motiv des Todesengels gesprochen, nur kann ich es nicht begreifen.«
    »Es hat aber mit dem Alten Testament zu tun?«, fragte ich.
    »Ja.«
    »Und warum?«
    Maria hob die Schultern und dachte nach.
    »Im Alten Testament ist das Lamm untrennbar mit der Rettung des Volkes Israel verbunden. In der Nacht, als die Israeliten aus Ägypten auszogen, haben die Menschen die Türpfosten ihrer Häuser mit dem Blut der geopferten Lämmer bestrichen.«
    »Weshalb taten sie das?«
    Sie schaute mich aus ihren feuchten Augen an. »Es ist ein Schutz vor dem Todesengel gewesen, der damals unterwegs war und alle männlichen Erstgeborenen töten wollte. Das Opferlamm ist das Zeichen der Rettung. Es hat den Weg zur Flucht freigemacht. Das Lamm hat alles auf sich genommen, was die Menschen an Sünden begangen haben. So wurde ihnen am Jom-Kippur-Tag vergeben.«
    »Und welche Rolle hat dabei der Todesengel gespielt?«
    »Er hat es nicht mehr geschafft, ihnen die Erstgeborenen zu nehmen. Das Blut wies ihn ab. Aber er hat nicht aufgegeben. Man hat ihn nicht töten können. Er war der Schatten der Sünde. Manche haben behauptet, dass ihn nur die Sünden der Menschen am Leben gehalten haben, und damit Menschen weiter sündigen, bleibt auch der Todesengel bestehen.«
    »Bis in die heutige Zeit?«
    Maria nickte. »Er hat überlebt. Es - es - gibt wohl keine Waffe, die ihn vernichten kann.«
    Da war ich anderer Meinung, denn ich trug das Kreuz bei mir. Es war von dem Propheten Hesekiel erschaffen worden, und das in einer Zeit, als sich das Volk der Israeliten in babylonischer Gefangenschaft befand.
    »Wie ist es möglich, dass dieser Engel hierher in diese Gegend kam?«
    Ich schaute bei dieser Frage mal den Mönch an und dann wieder Godwin.
    Sie kannten die Antwort nicht. Maria war wohl die einzige Person, die helfen konnte, doch auch sie schwieg.
    »Weißt du denn nicht Bescheid?«, wollte Luc von ihr wissen.
    »Nein. Ich kenne den Todesengel nur als große Angstmache, wirklich. Die genauen Hintergründe sind mir nicht bekannt. Ich hätte euch gern geholfen, aber da ist Joaquim wohl der bessere Partner. Wir haben auch nie offen über dieses Thema gesprochen. Erst als sich der bestimmte Zeitpunkt näherte, kam es wieder auf den Tisch.«
    Godwin de Salier schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. »Jedenfalls ist er da, und wir haben uns mit ihm auseinanderzusetzen. Nicht mehr und nicht weniger. Ich will ehrlich sein, Freunde. Ich weiß nicht, wie wir ihn stoppen können, aber zum Glück bist du da, John. Das gibt uns wieder Hoffnung.«
    Maria Moreno horchte auf.
    »Wieso?«, fragte sie leise.
    Ich sagte: »Es kann sein, dass ich ein Gegenmittel habe.«
    »Wie - wie das?«
    »Später«, erwiderte ich. »Jetzt sollten wir uns um das kümmern, was vor uns liegt.«
    Luc Domain sagte: »Joaquim hat es geschafft und bei allen Häusern die Türpfosten bestrichen.«
    »Reicht das?«, fragte ich.
    Die Antwort gab Maria. »Vor fünfundzwanzig Jahren hat es nicht gereicht. Damals sind die Menschen hier wohl nicht schnell genug gewesen. Wie es heute ist, wage ich nicht zu beurteilen. Ich - ich - kann nur hoffen.«
    »Gibt es denn eine bestimmte Zeit, wann dieser Todesengel erscheint?«, fragte ich.
    Maria schüttelte den Kopf. »Nein. Keine Stunde, keine Minute. Es ist für ihn nur die Dunkelheit wichtig. Da macht er sich dann auf den Weg, um die Menschen heimzusuchen. Er will in die Häuser eindringen und sucht nach den Kindern.«
    Ich presste für einen Moment die Lippen zusammen und dachte daran, dass ich hier eigentlich am falschen Platz war. Es würde besser
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