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1549 - Der steinerne Engel

1549 - Der steinerne Engel

Titel: 1549 - Der steinerne Engel
Autoren: Jason Dark
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würden Zeugen eines schlimmen Todes werden.
    Ich sah Godwin fallen. Er schlug auf dem Weg nach unten mit Armen und Beinen um sich. Er fand keinen Halt. Es gab kein Netz, das ihn auffangen würde und er würde…
    Nein, er würde nicht!
    Etwas geschah plötzlich, ohne dass wir eingreifen konnten. Es war zunächst nicht zu sehen und nur zu hören. Ein Brausen fegte über die Dorfstraße hinweg, und aus der Dunkelheit löste sich plötzlich ein Schatten, der im rechten Winkel auf den fallenden Körper zuschoss.
    Alles ging blitzschnell über die Bühne, sodass wir uns wie Statisten fühlten.
    Und auch der Rest lief schnell ab. Wir konnten nicht eingreifen und nur staunen.
    Es war der reine Wahnsinn!
    Der Schatten entpuppte sich als eine zweite fliegende Engelsgestalt, die so schnell war, dass sie noch rechtzeitig zugreifen konnte.
    Sie war genau im richtigen Augenblick erschienen!
    Bevor Godwin de Salier auf den Boden prallte, hatte die andere Gestalt ihn gepackt. Sie hielt ihn fest und jagte mit ihm davon.
    Plötzlich hörten wir nichts mehr.
    Die Stille war bedrückend geworden, und neben mir schlug Luc Domain die Hände vor sein Gesicht. Er konnte nichts begreifen. Ich hörte sein Stöhnen.
    Wahrscheinlich glaubte er, ein Wunder erlebt zu haben.
    Für mich war es das nicht.
    Ich hatte gesehen, wer so plötzlich als Retter wie aus dem Nichts erschienen war. Es war derjenige, der mich in dieses Dorf geschickt hatte.
    Raniel, der Gerechte!
    Es war der Augenblick, an dem auch ich weiche Knie bekam. Dass ich noch auf den Beinen stand, kam mir selbst wie ein Wunder vor, und ich merkte, dass sich die Welt um mich herum zu drehen begann.
    Es war mir durchaus klar, dass noch längst nicht alles vorbei war, aber ich konnte wieder Hoffnung schöpfen, denn nun stand fest, dass Luc und ich so etwas wie Rückendeckung bekommen hatten.
    Der Mönch gab ein schon schluchzend klingendes Geräusch von sich.
    »Das kann doch nicht wahr sein - oder? So etwas kann es doch nicht geben. Habe ich mich geirrt?«
    »Nein, hast du nicht. Das war jemand.«
    »Und wer ist es gewesen?«
    »Raniel.«
    »Bitte?«
    »Der Gerechte. Er ist derjenige, der mich an diesen Ort geschafft hat. Jetzt hat er Godwin das Leben gerettet, denn der Aufprall hätte ihn zerschmettert.«
    Luc Domain wiederholte den Namen flüsternd. Er schaute mich dabei an wie ein Mensch, der noch immer nichts begriffen hatte. Große Augen, ein offener Mund, nichts, gar nichts.
    Und dann hörten wir die Stimme aus der Dunkelheit.
    »Es ist noch nicht vorbei, John, noch längst nicht.«
    Ich zuckte zusammen. »Raniel?«
    »Ja, ich.«
    »Was ist…«
    »Du sollst keine Fragen mehr stellen. Du sollst dich endlich dem Todesengel stellen. Hörst du?«
    »Ja.«
    »Tu was, John! Tu was, denn du allein hast es in der Hand, und das weißt du!«
    »Sicher!«
    Raniel blieb auch weiterhin verschwunden. Ebenso wie mein Freund Godwin de Salier. Aber ich wusste, dass er lebte.
    Was hatte Raniel mir gesagt? Ich brauchte es nicht zu wiederholen. Ich musste den Gegner auch nicht rufen, denn plötzlich war das brausende Geräusch über unseren Köpfen zu hören.
    Einen Moment später sahen wir den mächtigen Schatten über uns in Dachhöhe schweben.
    Ich nickte Luc Domain zu. »Es ist besser, wenn du dich jetzt in Sicherheit bringst.«
    »Und du?«
    Ich gab noch keine Antwort und schaute zu, wie der Todesengel zur Landung ansetzte. Es lief alles sehr langsam ab. Er streckte seine Beine aus und hatte im nächsten Moment Bodenkontakt.
    Er blieb wie eine Statue vor mir stehen.
    Auch ich rührte mich nicht.
    Und beide wussten wir, dass die Zeit des Kampfes und des Finales gekommen war…
    ***
    Wie ich mich in diesen Augenblicken fühlte? Das wusste ich selbst nicht, aber mir war klar, dass auf meinen Schultern die Last der Verantwortung ruhte.
    Durch das Laternenlicht war es nicht völlig dunkel, deshalb konnten wir uns gut erkennen. Ich sah die mächtige Gestalt, die ihre Flügel nicht angelegt hatte. Sie waren noch immer ausgebreitet, als hätte er bereits wieder eine Startposition eingenommen.
    Mein Herz schlug schneller als gewöhnlich. Ich spürte die Hitze im Kopf.
    Meine Wangen schienen zu glühen, und mir war klar, dass mir einer meiner schwersten Kämpfe bevorstand.
    Vor mir stand ein Diener oder Leibgardist des Luzif er. Einer, der die Hölle kannte, der sie liebte und der für seinen Herrn Nachschub besorgen wollte.
    Das Kreuz hatte er noch nicht gesehen. Es befand sich noch immer in meiner
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