1555 - Zu Arkons Ruhm und Ehre
war.
Wenn Enderoa um diese Zeit noch wach war, dann konnte er sich nur in dem Raum befinden, in dem er seine syntronischen Terminals installiert hatte, die ihn mit Computer- und Informationssystemen im ganzen arkonidischen Reich verbanden. Atlan wandte sich nach rechts. Er fand es erstaunlich, daß die Tür zur Enderoas Arbeitsraum offenstand. Er verlangsamte seine Schritte und rief den Namen des Historikers, aber es antwortete ihm niemand. Er trat behutsam näher und blickte durch die offene Tür. Da sah er allerdings, warum Enderoa nicht mehr antworten konnte. Er lag in der Mitte des Raumes auf dem Boden, den Blick zur Decke gewandt. Seine Augen waren starr.
Enderoa lebte nicht mehr. „Mediker!" schrie Atlan.
Der Servo nahm den Befehl auf und leitete ihn weiter. Eine halbe Minute später war draußen auf dem Gang das helle, feine Singen von Robotertriebwerken zu hören. Auf Antigravpolstern glitten zwei Medik-Spezialisten herein, asymmetrisch und eigenwillig geformte Gebilde, die mit den modernsten Mitteln der medotechnischen Diagnose ausgestattet waren. „Kümmert euch um ihn", wies Atlan die beiden Roboter an und wies auf den Toten. „Stellt fest, ob eine Wiederbelebung möglich ist."
Von einem der zahlreichen Kommunikationsterminals aus rief er die ATLANTIS an. Er nannte den Rufkode der Chefmedikerin, Mayhel Tafgydo. Der Kode sprach die Empfänger an, die sich unmittelbar in Mayhels Privatunterkunft befanden. Es vergingen nur ein paar Sekunden, da belebte sich die Bildfläche, die das Kommunikationsgerät aufgebaut hatte. Mayhel Tafgydos haarloser, eiförmiger Schädel erschien.
Die grauen Augen blitzten ärgerlich. „Wer will da mitten in der Nacht ... oh, du!" Ihr Ton wurde um eine Nuance respektvoller. „Was ist geschehen?"
Atlan berichtete knapp. „Natürlich muß der Todesfall den Behörden gemeldet werden", schloß er. „Ich möchte, daß du dir Enderoa ansiehst, bevor die Gerichtsmediziner hier auftauchen."
„Ich bin schon unterwegs", versprach Mayhel Tafgydo.
Einer der beiden Medo-Roboter kam herangeschwebt. „Der Versuch der Wiederbelebung ist aussichtslos", erklärte er. „Der Tod ist vor mehr als anderthalb Stunden eingetreten."
„Todesursache?"
„Steht noch nicht fest. Es liegen Anzeichen für ein durch Gift verursachtes Trauma vor. Die endgültige Diagnose kann nur in Zusammenhang mit einem lizensierten Medotechniker erstellt werden."
Atlan setzte sich mit dem Haussyntron in Verbindung. Das Computersystem nahm die Nachricht vom Tod des Hausherrn gelassen zur Kenntnis. Bezeigungen der Trauer durch ein syntronisches Gerät - und mochte es mit noch soviel künstlicher Intelligenz ausgestattet sein - waren in der handelsüblichen Anwender-Software für Hauscomputersysteme nicht vorgesehen. Der Syntron wußte zu berichten, daß Enderoa das Haus am frühen Abend verlassen hatte und erst zwei Stunden vor Mitternacht wieder zurückgekehrt war: Wo er sich in der Zwischenzeit aufgehalten hatte, war unbekannt. Der Computer machte dazu eine Bemerkung, die Atlan zu denken gab. „Früher pflegte er mich über fast jede seiner Bewegungen zu informieren", erklärte die synthetische Stimme des Servos. „Seit ein paar Tagen ist das anders. Er spricht kaum noch mit mir."
Nach seiner Rückkehr begab sich Enderoa in sein Arbeitszimmer. Er hatte seitdem keinen Kontakt mit dem Syntron mehr gehabt. Als Atlan erschien, war der Hauscomputer der Ansicht gewesen, der Hausherr müsse sich immer noch in seinem Arbeitsraum befinden.
Atlan gab den Auftrag, die Behörden zu benachrichtigen. In der Zwischenzeit war es draußen auf dem Gang laut geworden. Mayhel Tafgydo war angekommen. Sie hatte zwei ihrer eigenen Medo-Roboter mitgebracht und unterhielt sich mit ihnen lautstark, als wären sie organische Lebewesen. Ihre Stimme besaß einen schrillen, durchdringenden Klang, in dem stets ein wenig Hysterie mitzuschwingen schien. Atlan hörte sie darüber schimpfen, daß man jetzt schon mitten in der Nacht zum Dienst antreten müsse. Allerdings verstummte sie sofort, als sie durch die offene Tür trat und ihres Vorgesetzten ansichtig wurde.
In den Augen eines Arkoniden war Mayhel Tafgydo ein häßliches Geschöpf. Zwei Meter groß, dünn wie ein Strich, mit einem spitz nach oben hin verlaufenden, eiförmigen Schädel, dessen polierte Glatze im Widerschein der Deckenbeleuchtung glänzte, war sie die typische Vertreterin der arkonidischen Subspezies Ära. Daß Mayhel Tafgydo eine ausgezeichnete
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