1555 - Zu Arkons Ruhm und Ehre
blockiert."
„Das verstehe ich", sagte Atlan. „Wo liegen deine Bedenken?"
„Es gibt noch eine andere Substanz in Enderoas Körper, die nicht dorthin gehört. Ich habe sie bisher noch nicht identifizieren können. Ich weiß auch nicht, ob sie überhaupt etwas mit seinem Tod zu tun hat. Sie ist auf jeden Fall verdächtig, und bevor ich ein endgültiges Urteil abgebe, möchte ich wissen, was das für ein Stoff ist."
Atlan warf einen Blick aufs Chronometer. „Die Gerichtsmediker müssen jeden Augenblick hier eintreffen", sagte er. „Setz dich mit ihnen in Verbindung.
Sie sollen dir bei der Analyse helfen."
Er rief Theta von Ariga an. Sie wirkte hellwach, als ihr Gesicht auf der Bildfläche erschien. „Es scheint heute Nacht unser Schicksal zu sein, daß keiner zur Ruhe kommt", sagte er. „Ich fürchte, ich muß dir eine traurige Mitteilung machen."
Das Gespräch mit Theta von Ariga hatte ihn aufgewühlt. Theta hatte auf seine Nachricht entsetzt reagiert. Sie machte sich zum Vorwurf, daß sie Enderoa nicht unterstützt hatte, als er von seinen Entdeckungen in der Familienchronik der Tereomin so offensichtlich erschüttert worden war. Sie hatte ihn im Gegenteil noch verspottet - ihm geraten, er solle aufgeben, wenn die Dinge zu heiß für ihn würden.
Enderoa war tot, und Theta von Ariga ließ sich durch nichts von der Überzeugung abbringen, daß sie selbst ihn dazu getrieben hatte, sich das Leben zu nehmen. Atlan hatte Mayhel Tafgydo gebeten, sich um Theta zu kümmern, sobald sie hier freikam. Lange hatte er mit Mayhel nicht sprechen können. Der Chef der forensischen Medotechnik war auf der Szene erschienen, ein hochgewachsener, stämmig gebauter Ekhonide, der von seiner Autorität so überzeugt war, daß er Atlan keinerlei Beachtung schenkte, sondern sofort auf Mayhel Tafgydo zusteuerte und sie ins Verhör nahm.
Atlan war damit einverstanden. Er hatte hier nichts mehr verloren. Auf ihn wartete eine andere Aufgabe. Er verließ den Raum, in dem Enderoa den Tod gefunden hatte, fand den Antigravschacht, durch den er heraufgekommen war, polte das künstliche Schwerefeld in die Abwärtsrichtung und ließ sich in die Tiefe sinken. Als er das Haus durch das große Portal im Fuß des Trichterstiels verließ, sprach der Hauscomputer auf ihn ein: „Leb wohl, Imperiale Majestät. Enderoa, unser Hausherr, ist jederzeit und mit großer Ehrerbietung bereit, dich zu empfangen."
Irgendwann, dachte Atlan, würde man den Syntron mit einem neuen Realitätskonnex ausstatten müssen. Er hatte offensichtlich schon wieder vergessen, daß es den Hausherrn nicht mehr gab. Atlan bestieg seinen Gleiter und nannte dem Autopiloten das nächste Ziel. Das Fahrzeug hob ab und schwebte durch die helle Nacht davon.
Atlan aktivierte das Informationssystem und verlangte einen Rufkode. Während der Gleiter über die Wipfel eines Waldes huschte, bekam er Verbindung mit dem angewählten Gesprächspartner. Zuerst hatte er es mit ein paar Robotern zu tun, was angesichts der Uhrzeit verständlich war; denn einer, der in der arkonidischen Gesellschaft eine so wichtige Rolle spielte wie der, mit dem Atlan zu sprechen wünschte, ließ sich nicht so ohne weiteres stören. Aber letzten Endes konnten die Roboter überzeugt werden, daß der Anrufer einer war, der noch mehr Ansehen genoß als ihr Herr. Der Herr wurde geweckt, und schließlich bekam Atlan ihn auf der kleinen Bildfläche, die das Kommunikationsgerät des Gleiters projizierte, zu sehen.
Er war Haemon von Tereomin, wie Atlan ihn von Thetas Video her in Erinnerung hatte, nicht unähnlich. Theta hatte angegeben, Haemon sei nach Jugendbildern seines späten Nachfahren Pantero von Tereomin modelliert.
Pantero mochte siebzig oder achtzig Jahre alt sein. Er hatte die großen, intelligenten Augen Haemons, an die sich Atlan aus dem Video erinnerte. Aber seine Lider waren dick und schwer, und die Gesichtshaut zeigte Spuren, daß der Imperiale Rat nicht so gesund lebte, wie es für einen der höchsten Beamten des Reiches eigentlich Pflicht hätte sein sollen.
Er erkannte Atlan. „Ich hatte dich früher erwartet", sagte er und machte keinen Hehl daraus, daß es ihn Mühe kostete, ein Gähnen zu unterdrücken. „Als dein Anruf nicht kam, ging ich zur Ruhe."
„Du weißt also, was geschehen ist?"
„Ja. Enderoa hat Selbstmord begangen."
„Können wir darüber sprechen?"
„Jetzt?"
„Ja."
Panteros Blick hatte etwas Gequältes an sich. Aber schließlich sagte er: „Wenn du meinst, daß es
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