1559 - Atlan und der Linguide
hast, wenn du mir jetzt hilfst", sagte Aramus Shaenor. „Denn je schneller es mir gelingt, mit den Nakken ins Gespräch zu kommen, desto eher werden auch Nikki Frickel und ihre Begleiter wieder in Freiheit sein."
„Du willst mir doch hoffentlich nicht einreden, daß Nikki Frickels Wohlbefinden ein Faktor ist, der dich ernsthaft interessieren könnte!" versetzte Atlan bissig. „Ich will Nikki Frickel in Freiheit wissen, ihre Begleiter, auch die Bionten. Das ist ein Faktor, der mich sehr wohl interessiert!"
„Das ist doch nur dummes Gerede. Nikki Frickel haßt euch Linguiden. Du kannst froh sein, daß sie euch für eine Weile aus dem Weg ist. Und erzähle mir bloß nicht, daß ihr Linguiden das alles ganz anders seht!"
Aramus Shaenor straffte sich. Für einen Augenblick strahlte er etwas aus, das dem Arkoniden den Atem verschlug: ein so unglaublich hohes Maß an Autorität, wie Atlan es selten zuvor in seinem langen Leben bei irgendeinem Wesen erlebt hatte. „Genau da liegt der Fehler, der all deine Überlegungen über uns Linguiden so vollständig nutzlos macht!" sagte der Friedensstifter. „Du bist nicht imstande, die Wahrheit zu sehen."
Seine Stimme klang schneidend. Atlan hatte das Gefühl, daß sich ihm jedes einzelne Wort unauslöschlich ins Gedächtnis brannte.
So also fühlt es sich an, wenn sie einem die Zähne zeigen! dachte er halb benommen.
Er zweifelte nicht daran, daß dies das Ende dieses seltsamen Kampfes war. „Deine Überlegungen an sich", fuhr Aramus Shaenor mit Nachdruck fort, „mögen noch so logisch sein: Sie können nicht stimmen, weil sie von Anfang an auf eine falsche Voraussetzung zurückgehen. Es ist, als würdest du eine brillante mathematische Formel entwickeln - auf der Basis von eins plus eins ist drei.
Wenn du ein Gedankengebäude auf einem solchen Fundament errichtest, dann wird es bei der erstbesten Belastung in sich zusammenbrechen."
Der Linguide sah Atlan unverwandt an. „Du verstehst uns nicht", sagte er.
Seine Stimme wurde freundlicher, sanfter: „Also komm schon. Erzähle mir etwas über die Nakken. Du verschwendest nur deine Zeit, wenn du dich noch länger sträubst."
Der Arkonide stellte überrascht fest, daß er immer noch imstande war, sich dem Friedensstifter gegenüber distanziert und kritisch zu verhalten.
Aber diesmal hütete er sich davor, allzu früh zu triumphieren. „Du bist es, der seine Zeit verschwendet", erwiderte er. „Du hast in den letzten Minuten mehrfach versucht, meine Meinung zu ändern, aber du hast es nicht geschafft. Bei mir versagt deine Kunst."
Aramus Shaenor legte den Kopf schief und musterte den Arkoniden nachdenklich.
Minutenlang starrten sie sich schweigend an.
Plötzlich lachte der Linguide leise auf und hob die Hand. „Touche!" sagte er, ging quer durch die Kabine des Shifts und ließ sich in einen Andrucksessel fallen. „Und damit hast du gewonnen. Ich strecke die Waffen."
Atlan ließ ihn nicht aus den Augen. Er fühlte sich, als hätte er wirklich mit dem Degen in der Hand um sein Leben gekämpft.
Und es war noch längst nicht vorbei.
Nicht bei diesem Gegner.
Der Linguide schien nicht recht zu wissen, wie es jetzt weitergehen sollte. „Wenn du ein anderer wärst", sagte er, „würde ich jetzt zu dir sagen: Also gut, du hast es geschafft. Ich gebe auf. Und nun laß uns vernünftig miteinander reden. Aber du würdest mir das sicher nicht abnehmen, nicht wahr?"
„Warum stellst du eine solche Frage, wenn du die Antwort bereits kennst?" Aramus Shaenor zuckte die Schultern. „Reine Gewohnheitssache", behauptete er. „Friedensstifter stellen immerzu alle möglichen Fragen. Hast du das noch nicht gemerkt?"
„Du versuchst es schon wieder!" Aramus Shaenor lächelte und führte mit der rechten Faust einen kleinen seitlichen Schlag durch die Luft: Wieder daneben! Dabei beobachtete er den Arkoniden. In seinen Augen blitzte der Spott. Atlan reagierte nicht. „Also gut", sagte der Linguide und zuckte die Schultern. „Das war ein Scherz. Er war nicht besonders gut, das gebe ich zu." Atlan schwieg. „Schluß damit", fuhr Aramus Shaenor fort. „Es ist genug. Laß uns aufhören, bevor einer von uns wirklich Schaden nimmt!"
„Für wie dumm hältst du mich eigentlich?"
Der Linguide runzelte die Stirn. „Du glaubst mir kein Wort, nicht wahr?" fragte er und nickte. „Das kann ich verstehen - ich täte es an deiner Stelle auch nicht. Aber andererseits bin ich darauf angewiesen, daß du mir hilfst. Und damit stecke ich in
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