1559 - Kleine böse Nathalie
hielt den Totenschädel ihres Vaters noch immer mit beiden Händen umfasst. Jetzt drehte sie sich so, dass sie Garner direkt ins Gesicht schauen konnte.
Eric sah die Veränderungen in den Augen der jungen Frau. Etwas würde geschehen, das war ihm klar. Und der Platz, auf dem er saß, kam ihm nicht mehr so ideal vor.
Er wollte hoch und weg!
Aber das schaffte er nicht mehr.
Es war nur ein Zucken der Hände zu sehen, nicht mehr, aber diese Bewegung reichte aus, um den Totenschädel loszuwerden.
Nathalie warf ihn auf Eric zu und lachte dabei schrill.
Garner reagierte mit einem Reflex. Ohne dass er es wollte, fing er den Totenschädel mit beiden Händen auf.
»Da hast du meinen Vater!«
***
Zwar hörte Eric Garner die Bemerkung der jungen Frau, doch er begriff sie nicht. Es war alles so verkehrt gelaufen, und er sah sich in einer Lage, an die er nie gedacht hätte.
Er hielt hier einen Totenschädel fest und wusste nicht, wie er ihn wieder loswerden sollte.
Die einfachste Lösung wäre gewesen, ihn zurückzuwerfen, aber dazu war er nicht mehr in der Lage. Er saß wie angepflockt auf der Bettkante und hielt den Totenkopf so, dass er direkt in die beiden Augenhöhlen schaute.
Waren sie wirklich leer?
Plötzlich kamen ihm Zweifel. Tief in den Augenhöhlen sah er etwas, das für ihn unbegreiflich war. Da gab es so etwas wie Leben!
Und während er sich noch mit dem Gedanken beschäftigte, spürte er, dass mit dem Schädel etwas passierte.
Zuerst dachte er an einen Irrtum, aber mit fortschreitender Zeit wurde ihm klar, dass er sich nicht geirrt hatte.
Das grünliche Gebein begann sich zu erwärmen. Zugleich sah er in den Augenhöhlen das alte Licht, das tatsächlich eine blaue Farbe angenommen hatte.
Licht, das ihn erwischte, denn es huschte plötzlich aus den Höhlen hervor.
Er schrie!
Es brachte ihm nichts mehr, denn das Licht war nicht nur schneller, es war auch gnadenlos. Und es hatte endlich die Gelegenheit bekommen, sich auszubreiten.
Es traf nicht nur ihn. Es breitete sich im gesamten Fahrzeug aus und umhüllte auch die junge Frau, die durch die Farbe in ein seltsames Wesen verwandelt wurde, denn ihr Körper begann in einem metallischen Glanz zu strahlen.
»Er will dich nicht mehr, Eric. Du hast bei ihm verspielt. So etwas kann man mit meinem Daddy nicht machen.«
Was sie damit meinte, erlebte Eric Garner in den folgenden Sekunden am gesamten Leib. Bisher war es nicht weiter tragisch für ihn gewesen, vom Licht erwischt worden zu sein.
Doch die Veränderung war radikal.
Er konnte nur noch schreien, denn das Licht hatte sich in eine Hitzewelle verwandelt, die seinen Körper vom Kopf bis zu den Füßen erfasst hatte.
Es war eine Hitze, die er sich nicht erklären konnte. Das blaue Licht gab sie ab und verbrannte ihn.
Und das am lebendigen Leib.
Eric Garner schaffte es nicht mehr, Luft zu holen, und so kam zum Verbrennen noch das Ersticken hinzu.
Er fiel nach hinten.
Er sah nicht mehr, dass Nathalie vor ihn stand und ihn mit scharfen und zugleich fröhlichen Blicken beobachtete.
Eric Garner war am Ende seines Lebens angelangt. Er lag jetzt auf dem Rücken, ohne etwas an seinem Schicksal ändern zu können, auch wenn er seinen Körper von einer Seite auf die andere schleuderte.
Und wie zum Hohn hielt er noch den Totenschädel fest, als wäre dieser sein Lebensretter und nicht sein Mörder.
Ein letzter Schrei drang über seine Lippen. Es war kein normaler Schrei, sondern mehr ein Krächzen, das von einem erstickten Gurgeln begleitet wurde.
Dann war es vorbei.
Als das letzte Zucken durch seinen Körper lief, nickte Nathalie sich selbst zufrieden zu.
Es war geschafft.
Ihr Vater hatte sich auf ihre Seite gestellt, und sie wusste, dass sie sich auch in Zukunft auf ihn verlassen konnte…
***
Erst als das blaue und sehr intensive Licht verschwunden war, kehrte für Nathalie die Normalität zurück. Sie hatte als Zeugin den Tod des Mannes mit angesehen.
Mitleid verspürte sie nicht. Dieser Eric Garner hätte sich nicht querstellen dürfen. Er hatte es aber getan. Er hatte ihren Vater nicht akzeptieren wollen, und dafür hatte er bezahlen müssen.
Sie trat an die Bettkante heran, um alles besser sehen zu können. Der Mann lag auf dem Rücken. Den Skelettschädel hielt er nicht mehr fest. Er war von seiner Brust gerollt und lag jetzt neben ihm auf dem Bett.
Auf den ersten Blick schien ihm nichts passiert zu sein. Beim zweiten sah es schon anders aus, denn da fiel die Veränderung der Haut
Weitere Kostenlose Bücher