1561 - Wächterin der Nacht
lebensmüde. Ich weiß selbst nicht, was richtig ist.«
»Überlassen Sie ruhig alles mir, Mr. Cosmo.«
Der Regisseur konnte es nicht fassen. Erst nach einigen Sekunden sprach er wieder.
»Dann wollen Sie sich also einen Stuhl holen und neben meinem Bett auf das Wesen warten?«
»Nein.«
»Was dann?«
Suko lächelte. »Ich werde mich zu Ihnen ins Krankenzimmer setzen, das trifft schon zu. Nur wird es nicht der Raum sein, in dem auch die anderen Patienten liegen.«
»Ach, Sie wollen mich in ein anderes Zimmer verlegen lassen?«
Suko nickte. »Und zwar eines, in dem nur Sie und ich sind. Ein Einzelzimmer. Dort werden wir beide auf diese Liliane warten.«
Ari Cosmo war noch immer nicht überzeugt.
»Und das soll klappen?«, fragte er schließlich.
»Warum nicht?«
»Bei unseren tollen Krankenhäusern?«
»Keine Sorge, man wird uns ein Zimmer überlassen.«
»Das müssen Sie regeln.«
»Werde ich auch.«
»Wann?«
»Auf der Stelle.«
Suko stand auf, um seine Antwort zu unterstreichen.
Ari Cosmo konnte nur staunen.
Suko sagte: »Warten Sie hier auf mich. Ich werde mit dem Arzt oder der Oberschwester ein paar Worte reden.«
»Das ist auch nötig.«
Suko ging davon.
Ari Cosmo schaute ihm nach.
»Ein verrückter Kerl«, murmelte er, »aber auch absolut cool. Von seiner Sorte müsste es mehr auf der Welt geben.«
Er nickte sich selbst zu, und das, obwohl ihm der Rücken dabei schmerzte.
***
Ich konnte der Schwertklinge nicht entgehen. Sie war zum einen zu lang, zum anderen hatte Liliane den Stoß zu schnell angesetzt, und zum Dritten war die Distanz zwischen uns nicht so groß, dass ich mich noch rechtzeitig genug hätte zur Seite werfen können.
So jagte die Schwertspitze genau auf meine linke Brustseite zu und würde mit einem kraftvollen Stoß mein Herz durchbohren.
Es blieben mir vielleicht zwei Sekunden Zeit, um mich mit meinem Tod abzufinden, der dann aber doch nicht eintrat, denn es geschah etwas, womit ich nicht gerechnet hatte und was mit einem scharfen Ziehen auf meiner Brust verbunden war.
Liliana schrie auf.
Dabei blieb es nicht, denn kurz bevor das Schwert meinen Körper erreichte, fuhr es in die Höhe. Die Spitze hätte fast noch mein Kinn gestreift.
Was ich sah, war kein Traum, ebenso wenig wie der Schmerz auf meiner Brust, genau dort, wo das Kreuz hing.
Liliane schrie noch immer, und sie taumelte dabei zurück. Sie hielt das Schwert mit beiden Händen fest.
Ich schaute jetzt in ein verzerrtes Gesicht. Ihre Augen waren verdreht. Die gesamte Gestalt zitterte.
Aber ich sah auch noch etwas anderes, das mir Mut machte.
Lichtblitze umzuckten die Gestalt, und dieses helle Licht kannte ich. Solche Speere stammten von meinem Kreuz. Es hatte auf die Bedrohung reagiert, ohne dass es durch die Formel erst hätte aktiviert werden müssen.
Bei einer beliebigen dämonischen Gestalt hätte mein Kreuz mich nicht so beschützt.
Bei diesem Engel war es etwas anderes. Möglicherweise deshalb, weil an den vier Enden des Kreuzes die Initialen der Erzengel eingraviert waren.
Liliane taumelte quer durch den Raum. Sie hätte mit dem Körper gegen eine Wand prallen müssen, doch in diesem Augenblick wurde mir klargemacht, dass ich es mit keinem Menschen, sondern wirklich mit einem Engel oder einer ähnlichen feinstofflichen Gestalt zu tun hatte, denn die Wand war für sie kein Hindernis.
Liliane glitt einfach hindurch, als wäre die Mauer nicht vorhanden. Mir kam es so vor, als würde sich ihre Gestalt innerhalb des Mauerwerks auflösen, und wenig später war sie tatsächlich verschwunden.
Ich starrte nach wie vor auf die Wand und atmete schwer. Erst jetzt kam mir richtig zu Bewusstsein, wie nahe ich dem Tod gewesen war. Ich hatte das Gefühl, in den Knien einzuknicken, so weich waren sie geworden.
Ich wusste, dass Judy King hinter mir saß, da ich sie atmen und flüstern hörte.
Um sie kümmerte ich mich zunächst nicht. Ich knöpfte mein Hemd auf und holte das Kreuz hervor. Die Kette ließ ich um den Hals hängen. Das Kreuz lag auf meiner Handfläche, sodass ich es von oben her anschauen konnte.
Ein leichter Glanz lag noch auf der Mitte und auf seinen Balkenenden.
In diesen Augenblicken schoss wieder einmal ein Gefühl der Dankbarkeit in mir hoch, und ich konnte wieder lächeln.
Nachdem ich es unter der Kleidung hatte verschwinden lassen, drehte ich mich zu Judy King um.
Sie hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Sie saß noch immer in ihrem Sessel, aber jetzt wirkte sie mehr wie eine
Weitere Kostenlose Bücher