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1561 - Wächterin der Nacht

1561 - Wächterin der Nacht

Titel: 1561 - Wächterin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schaufensterpuppe, denn nichts an ihr bewegte sich.
    Nicht mal die Wimpern zuckten, so starr war sie geworden. Auch ihr Blick bewies mir, dass sie mehr als überrascht war, mich noch lebend zu sehen. Das konnte sie nicht fassen.
    Auch ich setzte mich. Dass Liliane so schnell wieder zurückkehren würde, konnte ich mir nicht vorstellen, deshalb konnte ich mich jetzt wieder Judy King widmen.
    Die Ähnlichkeit zwischen den beiden Personen war wirklich frappierend. Ich müsste mich zunächst mal von dem Gedanken lösen, nicht den Engel in ihr zu sehen, und fragte mit leiser Stimme: »Sie haben alles gesehen?«
    »Habe ich…«
    Das war mir zu wenig. »Und was sagen Sie dazu? Wie lautet Ihr Kommentar?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts mehr. Das ist alles so unwirklich. Ich bin völlig durcheinander.«
    »Jedenfalls sind Sie nicht vergessen.«
    »Darauf hätte ich auch verzichten können. Ich will mit Liliane nichts mehr zu tun haben.«
    »Das kann ich mir denken. Nur wird dieser Wunsch bei Liliane leider nicht auf Gegenliebe stoßen.«
    »Das weiß ich wohl.« Wie eine Schlafwandlerin griff sie zu einer neben dem Sessel stehenden Wasserflasche. Ein Glas war nicht vorhanden. Sie drehte den Verschluss auf und trank aus der Flasche.
    »Sie auch, Mr. Sinclair?«
    »Danke, ja.«
    Sie reichte mir die Flasche und ich löschte meinen ersten Durst. Danach stellte ich sie zur Seite.
    »Und Liliane ist jetzt wirklich verschwunden?«, fragte Judy mit leiser Stimme.
    »Zumindest vorläufig.« Ein kurzes Erschrecken, dann flüsterte sie: »Sie meinen, dass sie noch mal zurückkehrt?«
    »Damit müssen Sie rechnen.«
    Die Antwort gefiel ihr nicht, aber ich konnte ihr keine andere geben.
    Es gab etwas zwischen diesen beiden Personen, das wie ein Band war und sie zusammenhielt. Eine andere Erklärung konnte ich mir nicht vorstellen. Ich ging weiterhin davon aus, dass Judy Bescheid wusste, auch wenn dieses Wissen möglicherweise in ihrem Unterbewusstsein vergraben war.
    »Was kann sie denn von mir wollen, Mr. Sinclair?«
    Ihrer Stimme entnahm ich, dass sie sich fürchtete. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln.
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen, Judy.«
    »Ich kenne sie doch nicht.«
    »Umgekehrt ist es der Fall.«
    »Und woher kennt sie mich?«
    »Auch da bin ich überfragt. Sie müssten vielleicht bei sich selbst nachforschen, Judy.«
    »Das bringt nichts, weil ich sie auf dem Hoteldach zum ersten Mal gesehen habe.«
    »Das nehme ich Ihnen sofort ab.« Ich hob die Schultern und sagte dann: »Meine nächsten Worte werden Ihnen vielleicht komisch vorkommen. Aber haben Sie schon mal in den Spiegel geschaut? Bestimmt. In Ihrem Beruf ist das besonders wichtig.«
    »Sprechen Sie mich damit auf die Ähnlichkeit an, die zwischen mir und Liliane herrscht?«
    Ich nickte.
    »Ja, die ist vorhanden«, murmelte sie. »Ich sehe aus wie ein Engel. Und ein Engel sieht aus wie ich.«
    »Und das ist kein Zufall«, sagte ich. »Was meinen Sie denn, Mr. Sinclair? Was könnte dahinter stecken?«
    »Wer Sie beide nebeneinander sieht, der könnte meinen, dass es sich bei Ihnen um Zwillinge handelt.«
    »Bitte?« Sie wollte aufstehen, ließ sich aber wieder in den Sessel fallen.
    »Ja, denke Sie weiter nach«, sagte ich.
    Das tat sie und hob die Schultern. »Wenn man es so betrachtet, haben Sie recht. Das könnte so sein. Aber ich schwöre Ihnen, Mr. Sinclair, dass ich keine Schwester habe. Erst recht keine Zwillingsschwester. Ich bin als Einzelkind aufgezogen worden.« Sie amüsierte sich. »Wäre es anders, hätte ich das gewusst.«
    »Das sollte man meinen«, gab ich zu.
    »Sie haben sich aber nicht überzeugend angehört, Mr. Sinclair.«
    »Kann sein. Ehrlich gesagt, ich bin auch nicht überzeugt.«
    »Und warum nicht? Was ist an meinen Worten so falsch?«
    »Gar nichts, denke ich. Aber es muss etwas geben, das Sie und Liliane miteinander verbindet. Ich weiß es nicht. Warum sollte sich die Gestalt sonst so intensiv um Sie kümmern und die Menschen aus dem Weg räumen, die Ihnen nahe sind? Wie Ihre Kollegen und mich. Auch ich sollte sterben. Da hätte Liliane kein Pardon gekannt.«
    »Das ist wohl alles richtig. Ich will Ihnen auch nicht widersprechen, und trotzdem kann ich Ihnen beim besten Willen keine Lösung anbieten. Ich führe ein völlig normales Leben, auch wenn mein Beruf ungewöhnlich ist.«
    »Da stimme ich Ihnen zu. Wenn es allerdings eine Verbindung geben sollte, wovon ich überzeugt bin, dann dürfen wir sie

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