1565 - Feuerhand
zum Ausgang der Höhle zu begeben. Er versuchte die ersten Schritte und wunderte sich fast darüber, wie gut es klappte. Kein Schwanken, kein Schwindel, es war alles wieder normal geworden, wenn da nicht die schlimme Gier nach dem Blut gewesen wäre.
Auf halber Strecke hielt er an. Es war nicht die Schwäche, die ihn dazu gezwungen hatte, es gab einen anderen Grund. Firehand wollte einfach seine alten Fähigkeiten überprüfen und erfahren, ob sie wirklich noch vorhanden waren.
Er streckte die Hände aus. Er konzentrierte sich dabei auf sein Inneres, und er erzielte einen ersten Erfolg.
Er spürte, wie eine Hitzewelle in ihm hochstieg.
Ein Lachen löste sich aus seiner Kehle.
Und dann geschah es. Plötzlich tanzten die kleinen Flammenzungen auf seinen Handflächen, und Mike Dexter lehnte sich zurück, öffnete den Mund und stieß einen Triumphschrei aus, der von den Wänden der Höhle widerhallte. Es war alles so wie früher. Nein, das traf nicht zu. Es war sogar besser geworden.
Dieses Gefühl war für ihn wie ein Motor. Jetzt konnte ihn erst recht niemand mehr aufhalten.
Ein Blick nach vorn zeigte ihm, dass die Dunkelheit immer mehr die Oberhand gewann, und das fand er so großartig, dass er noch mal einen Schrei der Freude ausstieß.
Bis ihn etwas irritierte. Er hatte den Blick nicht von der helleren Öffnung des Eingangs abgewandt, und so fiel ihm sofort die Gestalt auf, die sich dort abzeichnete.
Der Vampir war wieder da! In Mikes Innern tobte plötzlich ein Chaos von Gefühlen. Er wusste nicht so recht, wie er sich verhalten sollte. Brauchte er den Vampir noch?
Oder sollte er seine Feuerkraft einsetzen, um ihn zu vernichten?
Der Gedanke war so abwegig nicht. Er wollte seinen eigenen Weg gehen und sich nicht führen lassen und an der langen Leine laufen. Aber er war sich nicht sicher und musste abwarten, was ihm dieser Mallmann zu sagen hatte.
»Willst du nicht kommen?«, rief der Vampir.
»Und dann?«
»Es ist so weit. Du musst bereit sein, und ich gehe davon aus, dass du es auch bist.«
»Ja, ich will Blut!« Mallmann lachte. »Das bekommst du in dieser Nacht, keine Sorge. Und ich füge noch etwas anderes hinzu. Es wird in den nächsten Stunden um Feuer und Blut gehen, und du wirst von beidem genug bekommen. Deine Zeit ist angebrochen, Firehand.«
Es waren Worte, die ihm gut taten und dafür sorgten, dass er seinen ersten Plan zunächst zurücksteckte. Die ausgestreckten Finger klappte er zur Faust zusammen und löschte somit die kleinen Flammen auf seinen Handflächen.
Mallmann wartete auf ihn. Erst als er für Dracula II deutlich sichtbar war, lächelte dieser, denn er hatte gesehen, dass zwei spitze Zähne aus Firehands Oberkiefer ragten.
Dexter verließ die Höhle. Kühler Wind fuhr über das Gelände. Er spürte ihn zwar, aber er fühlte nichts. Für ihn gab es ab jetzt keine Wärme mehr und auch keine Kälte. Da war er zu einem Neutrum geworden.
Mallmann stellte ihm noch mal die Frage: »Du bist bereit?«
»Ja.«
»Dann werden wir jetzt von hier verschwinden.«
Er wollte sich umdrehen, aber Mike Dexter hielt ihn fest.
»Wohin?«
»Dahin, wo das Blut fließt. Wo du Nahrung in Massen bekommen kannst. Das wird unser Ziel sein.«
Dexter musste nicht lange nachdenken.
»Ist es vielleicht London?«
»Wohin hätten wir sonst gehen sollen?«
»Ich bin bereit.«
Mallmann nickte. »Ich habe nichts anderes von dir erwartet…«
***
»Es wird dunkel«, sagte Justine Cavallo, als sie Janes Zimmertür aufstieß.
»Ich weiß.«
»Dann ist seine Zeit bald da.«
Die Detektivin deutete ihre Skepsis durch ein Kopfschütteln an.
»Glaubst du noch immer daran, dass er kommen wird?«
»Fest sogar.«
»Und warum?«
Die Cavallo lachte. »Was soll ich dazu sagen? Er weiß, dass wir nicht auf seiner Seite stehen. Er sucht nach einer Chance, uns loszuwerden. Ich habe keine Ahnung, was seinem kranken Hirn eingefallen ist.«
»Du sprichst weiterhin von Dracula II?«
»Klar.« Die Augen der Vampirin verengten sich. Es war ihr anzusehen, dass sie scharf nachdachte. »Saladin ist nicht mehr da. Aber einer wie Mallmann wird natürlich nicht aufgeben. Er kann es sich nicht leisten, und deshalb gehe ich davon aus, dass er uns angreift. Das habe ich gespürt.«
Jane nahm die Worte der Blutsaugerin nicht auf die leichte Schulter.
Zudem wusste sie, dass die Cavallo und Mallmann sich spinnefeind waren.
Es hatte eine Zeit gegeben, da hatten sie zusammengehört. Die allerdings war längst vorbei. Die
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