1565 - Feuerhand
Justine?«
»Sie wartet auch. Wir beide glauben, dass Mallmann in der kommenden Nacht zuschlägt. Wie er das schaffen will, weiß ich nicht. Ich traue ihm jeden Trick zu.«
John Sinclair verstand. »Soll ich zu dir kommen, damit wir gemeinsam warten?«
»Das wäre nicht schlecht, denn ich glaube nicht, dass sich Justine geirrt hat. Vielleicht greift er ihretwegen sogar hier an. Ich will dich nicht drängen. Wenn du einen anderen Fall hast, dann…«
»Den habe ich zwar, aber da treten Suko und ich auf der Stelle. Da müssen wir morgen weitersehen.«
»Worum geht es denn dabei?«
»Ach, um eine ungewöhnliche Brandstiftung. Die Person, die das Feuer gelegt hat, hat sich innerhalb der Flammen bewegt, ohne dass sie verbrannt wäre. Das Feuer konnte ihr nichts anhaben. Das haben Zeugen gesehen, und jetzt suchen wir diesen Flammenmann.«
»Normales Feuer?«
»Ja. Wir haben eine stille Fahndung anlaufen lassen und haben herausgefunden, dass dieser Mann Mike Dexter heißt.«
»Der Name sagt mir nichts.«
»Kann ich mir vorstellen. Du bist auch niemand, der sich eine Zirkusveranstaltung anschaut. Dort trat der Flammenmann als große Sensation auf.«
»Nie gehört.«
»Ich auch nicht. Wir haben es recherchiert, aber die Sachlage hat sich verändert. Der Zirkus löste sich auf, und so haben wir keine Ahnung, wo sich dieser Dexter aufhält.«
»Bei uns sieht es auch nicht gut aus. Keine Spur von Mallmann. Wir haben ihn weder als Mensch noch als Vampir gesehen. Jetzt beginnt das große Warten. Oder hat schon begonnen.«
»Aber du glaubst, dass er noch kommt?«
»Das weiß ich nicht, John. Es kann sein. Ich kenne seine Pläne nicht. Ich muss mich da voll und ganz auf die Aussagen der Cavallo verlassen. Mehr weiß ich auch nicht.«
»Gut. Du hättest aber nichts dagegen, wenn ich dir einen Besuch abstatte - oder?«
»Nein, John, überhaupt nicht.« Sie lächelte. »Falls du nichts Besseres vorhast.«
»Im Moment nicht. Außerdem ist es ein schöner Frühlingsabend. Ich komme dann mal vorbei. Ob es unserer Freundin Justine nun passt oder nicht.«
»Gut, bis gleich dann.« Jane beendete das Gespräch. Sie hatte am Fenster gestanden und nach draußen in den Bereich hinter dem Haus geschaut, den sich die Mieter als kleines Refugium der Erholung gestaltet hatten.
Einige waren noch draußen, saßen auf den Bänken, unterhielten sich und tranken das eine oder andere Glas.
Wenn in diese Idylle eine Gestalt wie Mallmann einbrach, um Blut zu trinken, kam das einer Katastrophe gleich, an die Jane nicht mal denken wollte. Aber es war alles möglich. Mallmann war grausam und unberechenbar.
»Du hast mit John gesprochen, nicht?«
Jane drehte sich um. In der offenen Tür stand Justine und lächelte mokant.
»Ja, das habe ich.«
»Und?«
»Er kommt her.«
Die Cavallo sagte nichts. Sie presste die Lippen zusammen und verengte die Augen.
»Was dagegen?«, fragte Jane.
»Nein, Jane, gar nichts. Ich scheine dir ja Angst eingejagt zu haben. Oder wie muss ich das sehen?«
»Wie du das siehst, ist mir gal. Das interessiert mich überhaupt nicht. Wichtig ist einzig und allein Mallmann. Und ich weiß genau, wie gefährlich er ist.«
Die Cavallo hob die Schultern. »Ich sage ja nichts. Meine Gedanken behalte ich für mich.«
»Ist auch besser so.«
Jane wollte sich nicht weiter streiten und fragte, ob Justine etwas von ihrem Zimmer aus gesehen hatte.
»Nein, das habe ich nicht. Es huschte kein Schatten durch die Luft, und mir ist auch kein zweibeiniger Vampir unter die Augen getreten. Noch müssen wir warten.«
»Wer sagt denn, dass er hier erscheint?«
»Keine Ahnung. Vielleicht mein Gefühl?« Justine lachte und zog sich wieder zurück. Die Tür ließ sie offen, als wollte sie Jane auffordern, ihr zu folgen, was die Detektivin jedoch nicht tat. Sie blieb in ihrem Zimmer zurück und lauschte in sich hinein, weil sie erfahren wollte, was ihr Gefühl ihr sagte.
Und das stimmte sie alles andere als zuversichtlich. Je länger sie nachgrübelte, umso mehr stieg der Verdacht in ihr hoch, dass etwas nicht stimmte. Obgleich keine unmittelbare Gefahr zu spüren war, hatte sie trotzdem das Gefühl, dass einiges nicht stimmte.
Durch Justines Worte fühlte sie sich gewarnt. Sie öffnete das Fenster, schaute in den Hof und stellte fest, dass er sich geleert hatte, was sie irgendwie beruhigte.
Danach glitt ihr Blick zum Himmel.
Ein Farbenspiel aus schwarzen und grauen Tönen breitete sich aus und lief ineinander. Auch der letzte
Weitere Kostenlose Bücher