1567 - Der russische Rambo
versteckt.«
»Jedenfalls gehst du davon aus, dass er wieder zuschlagen wird oder?«
»Ja, John. Und so lange müssen wir abwarten. Ich weiß nicht, wann er das tut, aber durch Karinas Zustand hat sich einiges in meinem Wahrnehmungsvermögen verändert.«
»Was denn?«, fragte Suko.
Wladimir senkte seine Stimme. »Ich habe den Eindruck, dass ich schon nahe an ihn herangekommen bin. Das kann eine Täuschung sein, aber ich werde das Gefühl einfach nicht los. Das war ein weiterer Grund, weshalb ich euch hergebeten habe.«
Ich lächelte ihn an. »Wenn in London nicht gerade die Hölle explodiert, werden wir so lange wie möglich hier in der Stadt bleiben. Das kann ich dir versprechen.«
»Danke.«
»Möchtest du noch mal zu Karina hoch?«
Wladimir schüttelte den Kopf. »Nein, John, das ist nicht gut. Ich fühle mich einfach zu deprimiert, wenn ich in ihr bleiches Gesicht…« Er schluckte. »Na ja, du weißt schon.«
»Sicher.«
»Dann werden wir jetzt in die Zentrale fahren und Unterlagen durchgehen, die wir über diesen Rambo gesammelt haben.«
»Wenn du meinst.«
Das Wasser hatte Wladimir schon bezahlt. Er schob im Sitzen seinen Stuhl zurück und wollte sich erheben, als etwas in seiner Jackentasche anfing eine Melodie zu spielen.
»Sorry, aber das Handy…«
»Geh ruhig dran«, sagte ich. »Kann ja sein, dass es wichtig ist.«
Er meldete sich mit einer leicht nervös klingenden Stimme, hörte danach zu, sagte nicht viel und flüsterte: »Gut, ich komme.«
Die Antwort verstanden selbst Suko und ich. Aber wir wussten nicht, was los war. Bevor wir die Frage stellen konnten, sprach unser russischer Freund.
»Wir müssen hoch zu Karina. Der Arzt hat angerufen. Etwas ist mit ihr passiert…«
Keiner fragte, was passiert war.
Wir verloren keine Sekunde und starteten…
***
Am liebsten hätten wir uns Flügel gewünscht, was leider nicht möglich war. So mussten wir den normalen Weg nehmen und uns zu dritt in eine enge Liftkabine quetschen.
Unser Freund war nervös. Er murmelte vor sich hin, und wir konnten ihn diesmal nicht verstehen. Wir hakten auch nicht nach.
In die vierte Etage mussten wir hoch. Wir ließen Wladimir den Vortritt, der natürlich sofort den Arzt suchte und ihn auch fand. Er hatte auf uns vor der Station im Flur gewartet.
»Was ist mit Karina passiert?« Wladimir bedrängte den guten Mann.
Der wich ihm aus. »Langsam.« Da wir in der Nähe waren, sprach er wieder Englisch. »Ich möchte Ihnen nicht zu viel Hoffnung machen, aber da haben sich einige Kurven verändert. Ich will nicht auf Einzelheiten eingehen, nur deutet dieses Verhalten darauf hin, dass sich der Zustand der Patientin verändern könnte. Ich sage bewusst könnte, denn sicher ist nichts.«
»Ist sie denn wach?«
»Nein, das nicht. Aber ich bin sicher, dass sie dabei sein wollen.«
»Und ob ich das will.« Wladimir schaute uns an. »Was ist mit euch?«
»Ich warte hier«, sagte Suko.
»Gut.«
Wladimir musste sich zusammenreißen. Er wäre am liebsten auf die Intensivstation gestürmt, doch das konnte er sich nicht leisten. Man hätte es auch nicht zugelassen.
Eine Schwester befand sich im Raum. Sie wurde rausgeschickt. Zu viert blieben wir zurück.
Wladimir drängte sich an das Bett heran. Der Arzt stand neben ihm. Ich hielt mich zurück. Dabei wollte der Mann im weißen Kittel, der Sorow hieß, auf die Geräte aufmerksam machen und auf die Veränderung der Kurve hinweisen. Aber dafür hatte Wladimir keinen Blick. Er hatte sich über das Gesicht seiner Freundin gebeugt, um sich kein Detail dort entgehen zu lassen.
Ich schaute in einem schrägen Winkel auf Karina. Eine Veränderung war wirklich nicht zu erkennen. Ich glaubte allerdings auch nicht daran, dass Dr. Sorow falschen Alarm gegeben hatte, aber man musste eben abwarten.
Wladimir flüsterte Karinas Namen. Er sprach dabei sehr schnell und intensiv. Er wollte, dass sie erwachte, doch da tat sich zunächst mal nichts.
Nach einiger Zeit richtete er sich enttäuscht auf und fragte: »War das ein falscher Alarm, Doktor?«
»Ich glaube nicht. Die Apparate lügen nicht. Etwas geht in diesem Körper vor. Vielleicht auch auf geistiger Ebene. So genau kann ich das nicht sagen. Haben Sie etwas Geduld.«
»Das ist nicht einfach.«
»Ich weiß, aber Sie sollten wirklich die Geduld aufbringen.«
»Schon gut.« Wladimir fieberte weiter, und ich musste gestehen, dass es mir nicht anders erging. Es war eine Situation voller Spannung, die allmählich unerträglich
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