1575 - Luzifers Angriff
Ich meine, diese Paula hat hier ins Dorf gehört. Sie war mit anderen Leuten in Kotakt, und die werden bestimmt erfahren haben, was ihr widerfahren ist. Es ist natürlich schrecklich und unglaublich, das gebe ich zu, aber ich denke auch, dass sich die Menschen hier öffnen sollten, wenn du sie befragst. Vielleicht gibt es jemanden, der mehr über Matthias weiß. Eine andere Chance sehe ich nicht. Du müsstest dich auf den Weg machen und mal herumfragen. Hättest du eine Kutte an, wären deine Chancen größer.«
»Meinst du?«
»Versuche es.«
»Und was tust du inzwischen?«
Ich hob die Schultern. »Das ist zwar kein Luxushotel hier, aber ich halte es schon aus bis zu deiner Rückkehr.«
Er stand auf. »Ja, das ist wohl unsere einzige Chance. Ich denke, dass ich zuerst mal die älteren Dorfbewohner befrage.«
»Irina ist ja eine noch junge Frau. Versuche es mal bei ihren Eltern, wenn du sie findest. Es kann sein, dass sie ihnen mehr erzählt hat.«
»Ich werde sehen, was sich machen lässt. Bis später.«
»Viel Glück.«
Er ging, und ich schaute ihm nach.
Es war nicht mein Fall, in einem Zimmer zu warten, wo nebenan eine Tote lag. Irgendjemand musste die Leiche auch abholen. Bei der warmen Witterung konnte sie schnell verwesen. Aber erst mussten wir abwarten, was Stephan Kowalski erfuhr, und ich wünschte mir, dass es eine wirkliche Spur war, die uns dem Ziel zumindest näher brachte.
Ich hatte mich auf den Stuhl gesetzt und dachte daran, dass es gut wäre, wenn wir möglichst schnell eine Spur zu diesem Matthias finden würden.
Ich fragte mich, was ihn dazu gebracht haben könnte, die Seiten zu wechseln. Es musste einfach mit seinem Besuch in diesem Mordhaus zusammenhängen. Wahrscheinlich hatte er dem Angriff der schwarzmagischen Kräfte nichts entgegenzusetzen gehabt.
Ich hatte es geschafft. Aber nur, weil mein Talisman mich davor bewahrt hatte. Matthias hatte so etwas nicht besessen, und allein mit dem Willen konnte man nicht gegen diese höllische Gewalt ankämpfen. Das war unmöglich.
Wer wartet, dem wird die Zeit lang. Der hat auch das Gefühl für Zeit verloren oder verliert es.
Mir erging es da nicht anders. Ich hatte das Gefühl, schon seit einer Stunde zu warten, doch als ich auf meine Uhr schaute, waren erst knapp zwanzig Minuten vergangen, was ich mit einem Kopf schütteln registrierte.
Die Sitzfläche des schlichten Stuhls hatte kein Polster. Ich stand auf, um mich ein wenig zu bewegen.
Wie ferngelenkt schritt ich durch das Zimmer und näherte mich dabei dem offenen Durchgang. Ich wollte das Sterbezimmer nicht betreten, doch dann geschah etwas, was mich zwang, es doch zu tun.
Es war vielleicht das dritte Mal, dass ich in die Nähe des Durchgangs geriet, als mich ein kalter Hauch traf, der aus der Türöffnung drang und mich stoppen ließ.
Meine Hand glitt in die Tasche, wo das Kreuz steckte, das sich leicht erwärmt hatte.
Jemand war da oder kam.
Egal wie, die andere Seite hatte noch nicht aufgegeben und sich auch nicht zurückgezogen.
Genau das wollte ich auch nicht. Ich war bereit, die Konfrontation zu suchen, auch wenn sich wieder das absolut Böse in meiner Nähe zeigte.
Es war nur ein langer Schritt, bis ich auf der Schwelle des Durchgangs stand. Das Zimmer dahinter kannte ich. Ich wusste, wo das Bett mit der Toten stand, und wollte automatisch nach rechts schauen, aber daran hinderte mich etwas anderes.
Ich musste nach vorn sehen.
Dort stand jemand.
Ich hatte ihn noch niemals gesehen, aber ich wusste vom ersten Augenblick an, dass es sich um den abtrünnigen Matthias handelte…
***
Das waren wieder mal Augenblicke, in denen ich den Atem anhielt.
Meine Feinde hattest immer wieder Überraschungen für mich parat, und diesmal war sie besonders stark.
Es war für mich ein Hohn oder ein Sakrileg, denn dieser Matthias trug Priesterkleidung. Eine lange Soutane, die bis zu den Knöcheln reichte und in der Mitte tailliert war. Ein bärtiges Gesicht schaute mich an. Auf dem Kopf wuchsen dunkelbraune Haare, die recht kurz geschnitten waren und deshalb aussahen, als hätte er sich eine Kappe aufgesetzt.
Und dann sah ich etwas, was mich am meisten störte. Vor seiner Brust hing tatsächlich ein Kreuz, aber das hatte eine dunkle Farbe. Es war geschwärzt.
Man hätte behaupten können, dass Matthias das Sterbezimmer betreten hatte. Doch so war es nicht. Er war da und trotzdem nicht so vorhanden, wie ich es mir vorgestellt hatte. Auch wenn es sich ungewöhnlich anhörte, er hatte
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