1581 - Ekel
wollte wissen, wer um diese Zeit noch etwas von ihr wollte.
Angst verspürte sie nicht, denn sie verließ sich auf die Macht der Schlange…
***
Wir hatten zum zweiten Mal geschellt, ohne dass jemand geöffnet hatte.
Aber wir spürten beide, dass wir durch das Guckloch in der Tür beobachtet wurden.
»Sie ist da«, murmelte Suko.
»Das denke ich auch.«
Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, als wir das leise Geräusch hörten. Danach wurde sie Tür behutsam geöffnet, aber sie wurde noch von einer Kette gehalten, sodass wir nur durch einen Spalt in den Flur schauen konnten.
Ein Frauengesicht war zu sehen. Wir sahen das rötliche Haar, und zumindest mir war die Frau bekannt, denn ich war ihr schon einige Male im Haus begegnet.
Ob sie Suko oder mich erkannte, war nicht festzustellen. Sie fragte nur mit leiser Stimme: »Sie wünschen? Und das um diese Zeit…?«
Ich entschuldigte mich zunächst und erklärte ihr dann, dass wir auch in diesem Haus wohnten.
Auf ihrer Stirn erschien eine steile Falte.
»Ja«, gab Susan Serrano dann zu, »ich kann mich erinnern, Sie schon mal hier gesehen zu haben.«
»Danke.«
»Und was wollen Sie um diese Zeit von mir?«
»Es geht uns um eine bestimmte Sache, die…«
Sie ließ mich nicht ausreden. »Ich kann nicht helfen.«
»Vielleicht doch.«
»Und wieso glauben Sie das?«
Es war wohl besser, wenn ich mich auswies, und das tat ich für Suko gleich mit. Sie konnte meinen Ausweis durch den Spalt erkennen, denn das Licht im Flur war hell genug.
»Von Scotland Yard sind Sie?«
»In der Tat.«
Noch machte sie keine Anstalten, die Kette zu entfernen. Sie überlegte noch und entschied sich schließlich dafür, uns einzulassen.
»Aber nur, wenn es nicht zu lange dauert.«
»Bestimmt nicht. Wir haben nur ein paar Fragen an Sie.«
Susan Serrano lachte. »Jetzt haben Sie mich wirklich neugierig gemacht - und das um diese Zeit.« Das leise Klirren der Kettenglieder war zu hören, dann war die Tür offen.
Wir konnten eintreten. Susan Serrano war zur Seite getreten, um uns Platz zu machen.
Sie trug einen dunkelroten Bademantel und man konnte sie wirklich als Vollweib bezeichnen. Da gab es nichts Dünnes oder Knochiges an ihr, und da der Bademantel einen ziemlich großen Ausschnitt hatte, waren die Ansätze ihrer prallen Brüste zu sehen.
Das runde Gesicht war hübsch, recht nett anzusehen, und der kleine herzförmige Mund fiel ebenso auf wie die dunklen Augen.
»Bitte, dann kommen Sie mal mit.« Sie ging vor uns her und führte uns in das Wohnzimmer.
Obwohl wir uns nicht auskannten, kam uns die Wohnung bekannt vor.
Sie wies den gleichen Schnitt auf, den Suko und ich von unseren eigenen vier Wänden kannten.
»Ja - ahm - wenn Sie Platz nehmen wollen, bitte.« Sie deutete auf ihre Sitzgelegenheiten, und wir entschieden uns für zwei kleine Sessel, während sich Susan Serrano auf die Couch setzte.
Ich hatte es mir angewöhnt, fremde Wohnungen mit ein paar schnellen Blicken zu taxieren. Das tat ich auch hier und sah vor allen Dingen viele Bilder an den Wänden. Sie hingen so dicht nebeneinander, dass an einigen Stellen nicht mal mehr die Tapete zu sehen war.
Dann fiel mir noch etwas auf. Alle Bilder waren unterschiedlich, aber es gab auch welche, auf denen sich ein Motiv in verschiedenen Formen wiederholte.
Das war die Schlange!
Mal abstrakt, mal konkret, mal groß, dann wieder klein.
Ich sprach Susan nicht darauf an, doch ich hatte noch die Worte unseres Kollegen Murphy im Ohr. Ben Miller war durch einen Schlangenbiss gestorben. Und hier sah ich dieses Tier in verschiedenen Formen auf den Bildern.
Aber ich wollte nicht voreingenommen sein und nickte Suko zu, der die erste Frage stellte.
»Wir haben gedacht, Mrs. Serrano, dass Sie uns vielleicht helfen könnten.«
»Ach«, murmelte sie und bekam staunende Augen. »Wobei denn?«
»Es geht um einen Mann, der auf dem Parkplatz vor unserem Haus in seinem Wagen tot aufgefunden wurde.«
»Und?«
»Wir suchen jetzt nach Zeugen.«
Sie tippte gegen ihre Brust. »Und da kommen Sie ausgerechnet zu mir?«
»Ja, Mrs. Serrano.« Ich übernahm jetzt die Gesprächsführung. »Es ist ja möglich, dass Sie etwas gesehen haben.«
»Warum ich?«
»Weil Sie, wie uns der Portier sagte, praktisch als letzte Person das Haus betreten haben.«
»Mehr nicht?«
»Nein. Aber wir gehen davon aus, dass Sie über den Parkplatz gegangen sind, und so ist es möglich, dass Sie eventuell den Mörder zu Gesicht bekommen haben.«
»Nein,
Weitere Kostenlose Bücher