1584 - Seelenlos
blitzschnell zu einer sofortigen Flucht.
Wir liefen den Gang entlang. Unser Ziel war sein Ende, wo sich das Steinrelief befand. Wir mussten eine Deckung finden, und beide huschten wir um die Ecke, um dort außer Sicht stehen zu bleiben.
Wir wussten nicht, wer da kam. Es konnte alles harmlos sein, aber das musste es nicht, und so lauschten wir gespannt, ob sich die Schritte unserem Standort näherten.
Wir hörten sie nicht mehr lange.
Nach einigen Sekunden des Lauschens verstummten sie. Allerdings nicht in unserer Nähe. Wir mussten davon ausgehen, dass der Tote entdeckt worden war.
Sekunden verstrichen, in denen gar nichts geschah, aber das konnte auch die Ruhe vor dem Sturm sein.
Jane und ich spitzten die Ohren, und wir hatten gut daran getan, denn kurze Zeit später hörten wir, wie zwei Männer miteinander sprachen.
Es war nichts zu verstehen. Wir hörten ein raues Flüstern, bis wir einen Fluch vernahmen, der recht laut ausgestoßen wurde.
»He, das hörte sich nach Balkan an!«, flüsterte Jane.
»Und weiter?«
Sie stieß mit ihrem rechten Zeigefinger gegen meine Brust. »Das sind die Killer, die man auf den Verräter Nicolic angesetzt hat. Sie haben ihn tatsächlich gefunden. Frag mich nicht, wie. Möglicherweise haben sie sein Handy geortet…«
»Bleib mal zurück, bitte.«
»Was hast du vor?«
Ich legte einen Finger auf meine Lippen und ging bis zur Ecke. Vorsichtig lugte ich in den Kreuzgang hinein. Es war wegen der Dämmerung nicht mehr viel zu sehen, aber die beiden Männer, die sich wie Schattengestalten in der Nähe des Toten abzeichneten, fielen mir doch auf.
Ob sie bewaffnet waren, sah ich nicht. Das war auch nicht wichtig, denn die beiden Männer interessierten mich ebenfalls nicht. Ich wollte nur nicht, dass sie uns entdeckten.
Sie waren über den Tod des Mannes verwundert. Ihr Sprechen hörte sich zischend an, und sie wiesen immer wieder mit zuckenden Bewegungen auf die Leiche. Auch schauten sie sich dabei um, aber für sie war der Gang einfach nur leer.
»Siehst du was?«, hauchte Jane in meinen Nacken hinein.
»Ja, zwei Männer. Ich denke nicht, dass sie uns interessieren müssen. Sie haben genügend Probleme mit der Leiche.«
Ich hatte die beiden Männer bei meiner Antwort nicht aus den Augen gelassen und sah jetzt, dass sie ihre Schultern anhoben und sich danach zunickten.
Es stand fest, dass sie von hier verschwinden wollten, bevor jemand sie sah. Auf dem Weg, den sie gekommen waren, zogen sie sich wieder zurück, und ich nickte Jane zu.
»Gefahr vorbei, John?«
»Ja.«
Sie lächelte. »Okay, dann sind wir aus dem Schneider. Aber wie ich dich kenne, willst du noch nicht zum Flughafen fahren und in eine Maschine nach London steigen.«
»Richtig.«
»Wohin also?« Jane hatte die Frage in einem Tonfall gestellt, der bewies, dass sie meine Antwort bereits kannte.
Ich gab sie ihr trotzdem.
»Zur Wettsteinbrücke. Zu diesem mörderischen Fabeltier…«
***
Es war kein Weg, der uns Freude machte, aber wir mussten ihn gehen. Wir ließen uns zudem Zeit, weil wir sicher sein wollten, von den beiden Killern nicht entdeckt zu werden.
Die Stadt hatte sich zwar nicht zur nächtlichen Ruhe begeben, aber es war wesentlich stiller geworden. Es gab nur noch wenige Passanten auf den schmalen Straßen. Aus den Fenstern der alten Häuser fiel weiches Licht. Manchmal wehten Musikfetzen an unsere Ohren, und vor den kleinen Kneipen und Cafés standen Tische, von denen keiner mehr frei war.
Wir näherten uns dem Fluss und damit der Wettsteinbrücke auf dem kürzesten Weg. An einer bestimmten Stelle hielten wir an und schauten auf unser Ziel hinab.
Es lag nur ein paar Stunden zurück, da hatte sich dort unten das große Chaos abgespielt. Davon war nichts mehr zu sehen. Die Sperrung der Brücke war aufgehoben worden.
Sie lag jetzt im schimmernden Schein der Lampen, die einen hellen Glanz auf dem dunklen Asphalt hinterließen. Aber das nahmen wir nur am Rande wahr. Wir entdeckten auch niemanden, der die Zufahrten zur Brücke bewacht hätte. Es sah alles aus wie immer, und doch trauten wir dem Frieden nicht, denn über allem thronte der mörderische Basilisk.
Jane hatte ihn nicht aus dem Blick gelassen.
»Da ist er, John. Was willst du gegen ihn unternehmen?«
»Ich weiß es noch nicht.«
»Du kannst ihn nicht zerstören.«
»Stimmt. Ich wüsste auch nicht, wie. Aber ich hoffe, ihm das nehmen zu können, was in ihm steckt. Und da sollten wir uns schon beide Daumen fest
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