1586 - Wen die Rache trifft
Tatendrang ungebrochen war. „Wenn er glaubt, daß wir nur Sabbeldabbel reden, hat er selber schuld. Kommt jetzt."
Zielstrebig näherte er sich einem anderen Antigravschacht, blieb jedoch stehen, als er merkte, daß Laworn und seine Schwester ihm nicht folgten. „Wo willst du hin?" fragte sie. „Habt ihr total vergessen, daß die Friedensstifterin Dorina Vaccer kommt?" erinnerte er an eine Nachricht, die schon vor Stunden von der lokalen Station verbreitet worden war. „Du meinst, wir sollen hingehen?" stammelte Layka. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung. Sie hob die Hände zum Kopf und ließ sie wieder fallen, als resigniere sie angesichts der Ideen, die Lalektat entwickelte. „Du bist doch total daneben! Großvater wird dasein."
Lalektat grinste nur. „Ja - und? Der kümmert sich nicht um uns. Er wird Dorina Vaccer empfangen und mit ihr reden. Daß wir auch dort sind, merkt er garantiert nicht."
Laykas Bedenken waren keineswegs behoben, doch da Lalektat sich nicht beirren ließ und auch Laworn sich ihrem Bruder anschloß, gab sie nach. Sie lamentierte noch ein wenig, ließ sich dann jedoch überzeugen, daß die Erwachsenen vollauf damit beschäftigt waren, die katastrophale Entwicklung im Shrenno-System aufzuhalten, und sie gar nicht weiter beachten würden.
Tatsächlich konnten sie wenig später aus dem Antigravschacht steigen, der zu einer Empfangshalle am Rand der Wohnkuppel führte. Meterbreite und wandhohe Holografien vermittelten ein Bild des Geschehens vor der Kuppel. Ein delphinförmiges Beiboot war auf der felsigen Ebene vor der Kuppel gelandet und an die Schleuse herangerückt. Eine Verbindung zwischen dem Beiboot und der Schleuse bestand bereits, so daß die Friedensstifterin die Kuppel gefahrlos und bequem betreten konnte.
Eine eingeblendete Schrift informierte darüber, daß die Friedensstifterin mit ihrem Raumschiff SINIDO ins Shrenno-System gekommen war und daß sie ohne Geleitschutz durch Überschwere erschienen war.
Etwa zweihundert Männer und Frauen des Volleron-Clans hatten sich in der Halle versammelt, um die Friedensstifterin zu empfangen.
Lalektat, Layka und Laworn schoben sich an den hintersten Reihen der Wartenden vorbei, bis sie eine Erhöhung erreichten, von der aus sie zum Schleusenschott sehen konnten. „Großvater ist nicht da", stellte Lalektat verwundert fest. „Versteht ihr das?" wisperte Layka. „Bestimmt geht sie gleich zu ihm", flüsterte Laworn. „Ist doch klar. Er will doch genauso Frieden wie sie."
Das Schleusenschott öffnete sich, und Dorina Vaccer betrat die Halle. Beifälliges Gemurmel begrüßte sie. „Die sieht toll aus", staunte Layka, wobei sie so leise sprach, daß Laworn und ihr Bruder sie kaum verstehen konnten.
Die Friedensstifterin hatte tief in den Höhlen liegende grüne Augen und flammendrotes Haar, das sie wie die Strahlen einer Sonne gestylt hatte. Sie war kleiner als die meisten Arkoniden und hatte eine schlanke, fast knabenhafte Figur. Doch sie besaß eine bemerkenswerte Ausstrahlung, der sich niemand in der Halle entziehen konnte. „Da vorn ist Vater", flüsterte Lalektat seiner Schwester zu. „Ich glaube, er wird Dorina Vaccer begrüßen."
Liergyn trat auf die Friedensstifterin zu. „Als Gast bist du uns willkommen", eröffnete er ihr, „wenngleich ich nicht verhehlen kann, daß es uns angenehmer gewesen wäre, wenn du deinen Besuch angekündigt hättest."
Dorina Vaccer begegnete dieser Begrüßung mit einem freundlichen Lächeln. „Danke", erwiderte sie. „Das ist sehr freundlich von dir."
Liergyn bat sie zu einem Freundschaftsmahl, das in einem kleinen Raum vorbereitet worden war. Danach ging er mit ihr durch die Menge, wobei er ihr Gelegenheit gab, hier und dort ein paar Worte mit diesem oder jenem zu wechseln. Die Friedensstif-J terin nahm die Gelegenheit wahr. Sie sprach mit angenehmer, rauchiger Stimme, die ihre Wirkung auf ihre Gesprächspartner nicht verfehlte. Sie trug körperbetonte Beinkleider, dazu mehrere Oberteile übereinander, die allesamt weit und flauschig waren.
Plötzlich stand sie vor Lalektat, Layka und Laworn, die versucht hatten, sich unbemerkt zurückzuziehen, jedoch von der Menge eingeschlossen wurden. Lächelnd blickte sie die drei Kinder an. „Wie schön", sagte sie. „Es ist lange her, daß es mir bei meinen Missionen vergönnt war, auch mal mit Kindern zu sprechen. Gerade für euch werde ich versuchen, den Frieden wiederherzustellen, damit ihr in Ruhe und ohne Angst leben
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