Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1588 - Die falsche Kette

Titel: 1588 - Die falsche Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
unsicherer wurden.
    Dabei war sie sich durchaus der Tatsache bewußt, daß die Überschweren dieses Lächeln keineswegs als einen Ausdruck der Freundlichkeit begreifen würden.
    Die Überschweren erweckten längst nicht mehr den Eindruck, als würden sie marschieren, sondern sie schienen eigentlich nur noch deshalb näher zukommen, weil ihnen nichts anderes übrigblieb. Sie wurden jedoch immer langsamer.
    Am Ende waren sie durch das hartnäckige Schweigen der Friedensstifterin so verunsichert, daß sie am liebsten auf dem Absatz kehrtgemacht hätten.
    Das wagten sie jedoch erst recht nicht. Also blieben sie in einigen Metern Entfernung stehen und starrten Dorina Vaccer schweigend an.
    Die Friedensstifterin musterte die Überschweren einen nach dem anderen. Sie nahm sich dabei viel Zeit.
    Endlich faßte sie einen Entschluß. „Kommt her!" befahl sie leise. Die Überschweren gehorchten nur zögernd.
    Jetzt wirkten sie schuldbewußt und verlegen, fast wie Kinder, die etwas ausgefressen hatten. „Man hat euch Befehle gegeben, und ihr habt diese Befehle befolgt", stellte Dorina Vaccer fest. „Das ist bei eurem Volk so üblich, nicht wahr?"
    Die Überschweren bestätigten das mit zustimmendem Gemurmel. „Trotzdem ist dieses Verhalten nicht gut für euch", fuhr Dorina Vaccer langsam fort. „Denn es macht euch verwundbar. Seht euch an: Hier steht ihr vor mir, auf einem fremden Planeten, auf dem ihr euch wie Gäste verhalten solltet. Und was tut ihr statt dessen? Ihr fuchtelt mit Waffen herum, schießt harmlose Gleiter ab und bringt euch und uns in Gefahr. Und all das nur deshalb, weil ihr nicht gelernt habt, euren eigenen Gedanken zu folgen."
    Sie blickten schweigend zu ihr auf. „Geht und holt die anderen her!" befahl Dorina Vaccer.
    Wenig später waren sie alle versammelt. „Ihr habt Glück, daß ich nicht rachsüchtig bin", sagte die Friedensstifterin zu den Überschweren. „Denn wenn ich es wäre, hättet ihr jetzt eine Menge Ärger am Hals."
    Das hätte sie ihnen nicht extra zu sagen brauchen - sie wußten es bereits. Sie zuckten zusammen, als hätte Dorina Vaccer ihnen Schläge angedroht. Dabei schienen sie sich keineswegs der Tatsache bewußt zu sein, daß sie ein äußerst lächerliches Bild abgaben.
    Eine Hundertschaft von Überschweren war ein imposanter Anblick.
    Aber nicht, wenn diese Hundertschaft sich ängstlich duckte.
    Und dies vor einer einzelnen Linguidin, die sich gegen diesen kompakten Block bestens ausgestatteter organischer Kampfmaschinen ungefähr so hilflos ausnahm wie ein Streichholz, das sich gegen einen Schmiedehammer erheben wollte.
    Nicht nur, daß die Überschweren bis an die Zähne bewaffnet waren, während die Linguidin nicht einmal einen Schutzanzug trug - schon allein durch ihre bloße Masse hätten diese Söldner Dorina Vaccer einfach über den Haufen rennen können.
    Statt dessen ließen sie schuldbewußt die Köpfe hängen und traten sich gegenseitig auf die Füße bei dem Versuch, sich einer hinter dem anderen zu verstecken. „Ihr habt genug Unheil angerichtet", sagte Dorina Vaccer leise. „Und jetzt hört mir zu: Nur Dummköpfe befolgen blindlings jeden Befehl, den man ihnen gibt. Ihr seid keine Dummköpfe. Also fangt an zu denken!"
    Damit ließ sie die Überschweren stehen und ging hinab in die Höhlen von Zonai.
     
    *
     
    Zum erstenmal sah sie die Höhlenmalereien mit eigenen Augen.
    Es war ein ganzer Komplex von Bildern. Diese Bilder bedeckten Wände und Decke einer künstlich geschaffenen Grotte. Sie überlappten und überschnitten sich, waren ineinander verwoben, als hätten diejenigen, die diese Bilder geschaffen hatten, mit dem Platz geizen müssen.
    All diese Bilder erzählten eine Geschichte.
    Sie begann mit dem Absturz zweier Raumschiffe.
    In beiden Raumschiffen gab es Überlebende.
    Dabei handelte es sich um Arkoniden auf der einen und um Tefroder auf der anderen Seite.
    Die Überlebenden bekämpften einander. Viele von ihnen starben.
    Dann ereignete sich eine Katastrophe: Der Boden brach auf, der Himmel wurde von gewaltigen Blitzen zerrissen, Glut und Asche stürzten auf die Schiffbrüchigen herab.
    Einige der Arkoniden und Tefroder wurden durch diese Katastrophe offenbar dazu gezwungen, Frieden miteinander zu schließen, denn sie bildeten einen Kreis und tanzten und hielten sich dabei an den Händen.
    Auf dem nächsten Bild klammerten sie sich an eine gezackte Linie - an einen Ast.
    Ein Bild weiter: Sie schnitten Zweige von diesem Ast. Die Zweige schlugen

Weitere Kostenlose Bücher