1589 - Der steinerne Templer
hatte oft sehr lange daran zu knacken.
Als er mich anschaute, fing er an zu lächeln.
»Sie halten mich für einen Feigling oder Angsthasen, der die Hosen gestrichen voll hat, wie?«
»Nein, ganz und gar nicht. Ihr Verhalten ist schon okay und auch völlig normal.«
»Danke.« Er senkte den Blick.
»Es gibt eben Dinge auf dieser Welt, die nicht so leicht zu begreifen sind«, sagte ich. »Auch wenn sich das abgedroschen anhört. Sie selbst haben mich ja kontaktiert.«
»Schon, Monsieur Sinclair. Ich habe nur nicht gedacht, dass sich alles so entwickeln würde. Das läuft in eine Richtung, die weiterhin für mich unvorstellbar ist. Ich bin Historiker und kein Indiana Jones, wenn Sie verstehen.«
»Alles klar.«
»Und jetzt passiert mir so etwas. Was lange tot sein sollte, das ist plötzlich wieder lebendig. Damit habe ich meine Probleme, und vor allen Dingen weiß ich nicht, was mit meinen Verfolgern ist. Das können doch keine normalen Menschen sein.«
Ich wusste, dass er von mir eine Antwort erwartete, die ich ihm jedoch nicht geben konnte. Ich hob deshalb die Schultern und fügte hinzu: »Auch wenn sich bestimmte Dinge noch so seltsam anhören, es gibt immer eine Erklärung. Das habe ich in meiner Laufbahn oft genug erlebt. Oder erlebe es immer wieder.«
Er nickte mir zu. Überzeugt hatte ich ihn sicherlich nicht, obwohl er die Vorgänge mehr akzeptierte als die meisten Menschen. Er hatte den Stein schließlich ins Rollen gebracht.
Dass Hector de Valois einen Cousin gehabt hatte, der das glatte Gegenteil von ihm gewesen war, das hätte ich beim besten Willen nicht vermutet. Sie hatten sich als verfeindete Verwandte gegenübergestanden, die verschiedene Wege gegangen waren. Einer hatte schließlich verlieren müssen. Ob der andere damit einen endgültigen Sieg errungen hatte, das war jetzt die große Frage. Da hatte die Zeit nicht alle Wunden geheilt.
Ich war nur froh, in dem Kollegen Voltaire einen Verbündeten gefunden zu haben. Das war auch darauf zurückzuführen, dass wir bereits gemeinsam einen Fall gelöst hatten, sodass er jetzt nicht quer schoss.
Ich hörte ihn lachen und drehte mich nach links.
Der Kommissar stand am Drucker und schaute zu, wie die erste Mail ausgedruckt wurde.
»Wer sagt es denn.«
»Und?«
Er zog das Blatt aus dem Drucker und schwenkte es. »Da habe ich schon einen Teil der alten Pläne.«
Dieser Satz alarmierte den Historiker. Maurice Vidal stand auf.
Zusammen mit mir näherte er sich dem Schreibtisch, auf dem die ausgedruckte Zeichnung lag. Es war nur ein Teil dessen, was sich unterhalb der Kirche befand.
»Und das ist alles bekannt?«, fragte ich sicherheitshalber nach.
»Ja«, bestätigte Vidal.
Ich machte ihm Platz, damit er sich die Informationen genauer betrachten konnte.
Währenddessen ließ Voltaire die nächsten Mails ausdrucken, und so konnten wir uns bald ein Bild machen, als wir die einzelnen Teile zusammengelegt hatten.
»Das ist jetzt Ihr Job, Monsieur Vidal«, sagte der Kommissar. »Ich kenne mich da überhaupt nicht aus.«
»Ja, das wird auch für mich nicht einfach sein.«
Wir hatten die Blätter aus Platzmangel auf dem Boden ausbreiten müssen.
Maurice Vidal kniete vor den zusammengesetzten Karten. Er hielt den Kopf leicht gesenkt, schaute genau hin, dann bewegte er ihn, um sich die einzelnen Teile genauer betrachten zu können.
Einige Male nickte er oder brummte etwas vor sich hin. Mit dem Zeigefinger fuhr er eine bestimmte Linie entlang, die ihn dann an die Nordseite der Kirche führte.
Ich hielt meine Neugierde nicht länger im Zaum.
»Nun? Haben Sie was entdeckt?«
»Ich denke schon.« Maurice Vidal schüttelte den Kopf. »Aber das hilft uns wohl nicht weiter.«
»Warum nicht?«, fragte der Kommissar.
»Weil dies hier alles bekannt ist. Hier haben wir die Eingänge zu den unteren Regionen, den Krypten mit den Grabstätten aber das ist auch alles. Wir aber müssen noch tiefer gehen.«
»Das heißt, es gibt diesen Eingang in der Kirche nicht.«
»So ist es.« Vidal schaute hoch zu Voltaire. »Wollten Sie nicht auch Pläne der Kanalisation kommen lassen?«
»Ja, das passiert noch. Ich wollte nur auf Nummer sicher gehen. Es hätte ja sein können, dass wir schon auf diesen Plänen einen Zugang finden.«
»Okay, dann warten wir auf die Pläne der Kanalisation.«
Und wir brauchten nicht lange zu warten, denn schon wenige Minuten später hörten wir die Glocke. Ein Zeichen, dass die nächste Mail eingetroffen war.
Voltaire kümmerte
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