159 - Der Dämon und die Besessene
in den See.
Er starb sehr schnell…
***
Shelley Robinson senkte den Kopf und sah mich mitleidlos an. Ein Lichtreflex zitterte in ihrem Gesicht - Kerzenlicht, das mein Dämonendiskus reflektierte. Es löste eine Reaktion aus, von der ich nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Das mit aggressiver Kraft versehene Licht griff Ragamm an. Shelley stieß einen spitzen Schrei aus und ließ den Dolch fallen, als hätte er angefangen zu glühen. Die »Gläubigen« wurden unruhig.
»Warum tötest du diesen Mann nicht?« fragte der »Priester«.
Ragamm schwebte - als trübe Dampfwolke sichtbar - über dem Mädchen. »Das tue ich nicht!« schrie Shelley Robinson spröde, »Tony Ballard ist mein Freund!«
»Er ist ein Höllenfeind!«
»Eben deshalb«, gab das Mädchen zurück.
»Was ist denn plötzlich los mit dir? Du warst doch bereit, das Bündnis mit Palbuk einzugehen und mit Ballards Blut zu besiegeln.«
»Ich will nichts von eurem Teufel wissen!« schrie Shelley. »Ich morde nicht für ihn!«
»Dann tue ich es, und du wirst die Folgen tragen!« stieß Clint Juran wütend hervor und hob den Dolch auf.
Da sowohl Palbuk als auch Ragamm das geplante Bündnis wollten, vereinigten sich ihre Kräfte. Das ging so vor sich: Palbuk riß sein Affenmaul weit auf und sog die Luft ein. Die graue Dampfwolke flog auf ihn zu und verschwand in seinem Rachen. Er hatte sich Ragamm einverleibt.
Der fette Clint Juran wollte indessen tun, was Shelley hätte erledigen sollen. Ich war ein Fremder und ein Feind der Hölle. Zwei gute Gründe für Juran, mich umzubringen.
Als er zustach, fiel ihm Shelley Robinson in den Arm.
Sie kämpfte wie eine Wildkatze um mein Leben, kratzte und biß den »Priester«. Troy Skerrit und zwei andere Männer eilten dem Bürgermeister zu Hilfe. Sie rissen das Mädchen zurück. Clint Juran richtete empört seine Robe und schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich glaube nicht, daß dir das Palbuk durchgehen läßt.«
Er befahl Skerrit und den anderen, Shelley nicht loszulassen.
Dann trat er erneut an den Sarg.
Und ich konnte mich noch immer nicht bewegen…
***
Nachdem Mr. Silver Palbuk aus Shelley Robinsons Haus verbannt hatte, rechnete er damit, daß Tony Ballard vom Stall zurückkehren würde, doch der Freund erschien nicht. Das beunruhigte den Ex-Dämon, deshalb verließ er das Haus und näherte sich dem weit offen stehenden Stalltor. Er rief Tonys Namen. Als der Freund nicht antwortete, wollte Mr. Silver umkehren, aber dann sah er einen Mann auf dem Boden liegen und betrat rasch den Stall - und wie Tony entdeckte er auch die zwei Leichen.
Der Hüne fragte sich, wo sich sein Freund im Moment befand. Auch Mr. Silver befürchtete, Shelley Robinson könnte den Doppelmord verübt haben - in Ragamms Auftrag.
Hatte Tony sie dabei ertappt? War sie ausgerückt? Hatte Tony sie verfolgt?
Sobald Tony das Mädchen erwischt hatte, würde er es ins Haus bringen. Mr. Silver wollte dort auf das Eintreffen des Freundes warten, doch als er sich umwandte, vernahm er das Ächzen von Karrenrädern und das Klappern von Pferdehufen.
Der Ex-Dämon zog sich zurück. Es dauerte nicht lange, bis zwei Männer den Stall betraten und die Leichen hinaustrugen. Sie legten sie auf den Pferdewagen und fuhren los.
Mr. Silver folgte dem Karren, um zu sehen, wohin die Männer die Toten brachten. Wenn sie die Leichen fortschafften, mußten sie einen triftigen Grund dafür haben. Für Mr. Silver stand fest, daß sie mit dem Täter unter einer Decke steckten.
Sie fuhren mit den Toten nicht durch das Dorf, sondern hinter den Häusern vorbei, einen holperigen, ausgewaschenen Feldweg entlang. Träge trottete das betagte Pferd vor dem Karren. Die Männer trieben es nicht an, dadurch hatte Mr. Silver keine Mühe, dem Gefährt zu folgen.
Zunächst hatte es den Anschein, ein einsames Haus, abseits von Netwick gelegen, wäre das Ziel der Männer, aber dann sah der Ex-Dämon, daß sie daran vorbeifuhren und aus seinem Blickfeld verschwanden.
Er erreichte das Gebäude, pirschte sich an der Hausfassade entlang und sah kurz darauf den Pferdewagen wieder.
Das Gefährt stand zwischen dem Haus und einem idyllischen See - verwaist. Die Männer waren verschwunden. Hoben sie irgendwo ein Grab für die Toten aus?
Vorsichtig näherte sich Mr. Silver dem Pferdewagen. Das Tier wandte ihm den Kopf zu, schaute ihn groß an und schnaubte.
Ein Blick auf die Ladefläche verriet Mr. Silver, daß die Leichen noch da waren.
Aber wo waren die Männer,
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